Wärmedämmstoffe

Dämmmaterial aus Polystyrol wird bisher überwiegend verbrannt. Eine Firma aus Thüringen präsentiert nun eine Anlage, die die Styroporplatten reinigt, um sie dann stofflich zu recyceln.

Styroporplatten: Für das Recycling abgebürstet


Die Mengen sind da, die Nachfrage an Sekundärmaterial auch, allein, es fehlt an der Technik: Für Polystyroldämmplatten (EPS) – umgangssprachlich Styropor genannt – gibt es derzeit kaum vernünftige Verwertungsmöglichkeiten. Das Material wird überwiegend in der Gebäudedämmung eingesetzt. Erst kürzlich haben Wissenschaftler errechnet, dass jährlich etwa 42.000 Tonnen EPS bei Abbruch und Sanierung anfallen. Die Menge soll bis 2050 auf rund 50.000 Tonnen steigen. Auch die Autoren der Studie schreiben, dass die stoffliche Verwertung derzeit ein „Schattendasein“ führe – das meiste Material wird verbrannt.

Die Recyclingfirma Xingda glaubt, eine Lösung für das EPS-Recycling gefunden zu haben. Gemeinsam mit dem Erfinder und Firmenberater Metin Ludwig hat das Entsorgungsunternehmen mit Sitz in Georgenthal, Thüringen, die Maschine Powerbrush entwickelt. Ludwig hat jahrelang als Geschäftsführer in der EPS-Produktion gearbeitet. Dass das Styropor bisher fast ausschließlich in der Müllverbrennung landet, stört ihn schon seit Jahren. Also hat er in den vergangenen Jahren eine Anlage entwickelt, mit deren Hilfe sich das Polystyrol unkompliziert recyceln lässt. Xingda wiederum beteiligte sich mit Mitarbeitern und finanziell.

Xingda GmbH
Xingda GmbH

Die grundsätzliche Technik von Powerbrush steckt schon im Namen: Sie „bürstet“ beziehungsweise reinigt die EPS-Platten ab. „Das Problem ist, dass an dem Polystyrol Anhaftungen wie Kaltbitumenkleber, Schaum, PUR-Schaum oder andere Dinge kleben. Deshalb geht das Material in den Baumischabfall – aber da gehört es nicht hin“, sagt Ludwig. „Wir können diese verschmutzten Platten nun reinigen.“

Vereinfacht gesagt, wird bei der Säuberungsmaschine die verschmutzte Platte eingeführt und das kontaminierte Material abgereinigt. Die abgetrennten Feinstaubpartikel und Kügelchen werden anschließend abgesaugt und landen als Restmaterial in Bigpacks. „Nach Probeläufen beträgt diese Ausschussmenge rund 6 Prozent“, sagt der Erfinder. „Nach der Abreinigung kommt hinten eine saubere Abbruchplatte raus.“

Nach Angaben von Ludwig können dabei auch Bruchplatten verarbeitet werden. „Natürlich gilt: je größer, desto besser.“ Sobald die Maschine die Platten abgereinigt hat, können sie entweder händisch oder per Band zu einer Presse oder Mühle gebracht und zu Mahl- oder Pressgut für die Regranulierung verarbeitet werden. „Das dabei entstehende Regranulat ist ein linsenförmiges Material und bis zu 30 Prozent günstiger als Neuware“, sagt Ludwig. „Damit kann dann im Prinzip alles hergestellt werden, was auch aus dem Grundrohstoff gemacht wird – beispielsweise Spritzgußteile. Nur zu Anwendungen mit Lebensmittelkontakt darf es nicht verarbeitet werden.“

Invest von 600.000 Euro

Theoretisch wäre es möglich, die Maschine im Drei-Schicht-Betrieb laufen zu lassen. Stündlich können bis zu 300 Kilogramm verarbeitet werden – je nach Dicke der Platten. Insgesamt hat Xingda in die Maschine und deren Entwicklung rund 600.000 Euro investiert. Nach mehreren Testbetrieben wird derzeit an der Powerbrush noch der letzte Feinschliff durchgeführt, in rund acht Wochen soll mit dem Einschichtbetrieb gestartet werden.

Da Xingda auch mit komprimierten Schäumen handelt, ist für den Betrieb der Anlage zunächst genug Inputmaterial da. Perspektivisch soll es nicht bei der einen Maschine bleiben. Das Unternehmen hofft, dass es bei weiteren Partnern die Anlage aufbauen kann und dort gemeinsam das Material verarbeiten und vermarkten kann. „Wir sind bereits mit Unternehmen und Systemanbietern in Gesprächen“, sagt Ludwig. „Unser Ziel sind ein paar Anlaufstellen in Deutschland, um auch die Logistik etwas einzugrenzen.“

Spannend für Ludwigs Erfindung könnte das Verbot des Flammschutzmittels HBCD werden. Das ehemals legale Mittel ist in fast jeder Polystyrolplatte verbaut, die jetzt zum Recycling kommt. „An sich ist HBCD ja im Polymer verbunden und macht es damit auch laut Abfallschlüssel 170904 noch nicht zu einem gefährlichen Abfall “, erklärt Ludwig. „Es soll nur nicht durch das Recycling in einem neuen Produkt landen.“

Wie hoch der Wert von HBCD im Endprodukt sein darf, ist noch nicht entschieden. „Es ist von verschiedenen Konzentrationen die Rede“, sagt Ludwig. „Das letzte Wort ist hier aber noch längst nicht gesprochen. Auch die Recyclingverbände sind hier noch an Gesprächen beteiligt.“ Für ihn und seine Erfindung wäre eine möglichst hohe Toleranz natürlich förderlich.

© 320°/ek | 05.03.2015

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