Einwegverpackungen

Als erste Stadt in Deutschland führt Tübingen eine Steuer auf Einwegverpackungen ein. Das Vorhaben stößt auf Zustimmung, es gibt aber auch Kritik. Ist die Steuer ein wichtiges Signal oder eigentlich unnötig?

Tübingen führt Verpackungssteuer ein


Tübingen führt als erste Stadt in Deutschland eine Steuer auf Einwegverpackungen ein. „Die Wegwerfkultur in den Städten lebt davon, dass die Städte mit Millionenaufwand den Müll beseitigen“, sagte Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) am Freitag. Damit sei in der Universitätsstadt ab nächstem Jahr Schluss. In Imbissbuden, Bäckereien, Tankstellen und Metzgereien werden dann 50 Cent fällig für jeden Einweggetränkebehälter sowie für Einweggeschirr und -speiseverpackung, 20 Cent für jedes Einwegbesteckset.

Pro Mahlzeit werden maximal 1,50 Euro kassiert, wie eine Sprecherin der Stadt mitteilte. Der Gemeinderat beschloss die Abgabe am Donnerstagabend. Nach Angaben der Stadt Tübingen muss sie für die Beseitigung allein von Verpackungsmüll jährlich mehr als 700.000 Euro zahlen. Die neue Steuer betrifft nicht-wiederverwertbare Verpackungen von Mitnahme-Gerichten und Getränken wie beispielsweise Nudel- und Burgerboxen oder Kaffeebecher.

Modell könnte Schule machen

Das baden-württembergische Umweltministerium begrüßte die Regelung. Sie sei ein wichtiges Signal gegen die zunehmende Vermüllung der Umwelt mit Einwegverpackungen, sagte eine Sprecherin in Stuttgart. Ähnlich äußerte sich der Gemeindetag Baden-Württemberg. „Ob die nun eingeführte Steuer die gewünschte Verhaltensänderung mit sich bringt, muss jetzt beobachtet werden“, sagte eine Sprecherin des Kommunalverbands. Wenn das gelinge, könnte das Tübinger Modell durchaus Schule machen.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) reagierte zurückhaltend auf den Vorstoß Tübingens. „Grundsätzlich begrüßen wir es, wenn Kommunen Maßnahmen auf den Weg bringen, die vor Vermüllung schützen und Anreize dafür schaffen, Abfall zu vermeiden. Ob Insellösungen wie Tübingens Verpackungssteuer das richtige Instrument sind, bezweifeln wir allerdings: Es steht zu befürchten, dass solche – gut gemeinten – Einzelmaßnahmen in der Summe zu einem Flickenteppich führen und bei den Verbrauchern eher Verwirrung stiften, als das Problem an der Wurzel zu packen.

Der VKU setzt vielmehr auf die EU-Kunststoffrichtlinie, die vorsieht, dass sich die Hersteller von Verpackungen gezielt an den Kosten der kommunalen Stadtreinigung beteiligen. „Diese Maßnahme kann der Bund bis 2021 auf den Weg bringen und so einen Flickenteppich verhindern“, so der VKU. „Damit dieses politische Vorhaben klappt, sollten alle Kommunen an einem Strang ziehen und sich gemeinsam beim Bund dafür stark machen, die Hersteller nachhaltig in die Pflicht zu nehmen.“

„Kommunaler Alleingang“

Kritik kommt vom Handelsverband Baden-Württemberg. Die Einführung der Verpackungssteuer in Tübingen sei kein sinnvoller Lösungsansatz, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg, Sabine Hagmann. Mit Blick auf die anstehende Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und die Umsetzung der EU-Einwegplastikrichtlinie sei der Mehrwert eines kommunalen Alleingangs kaum zu erkennen.

Die geplante EU-Richtlinie für Einwegplastik beinhaltet keine Regelungen zu Einwegverpackungen, wie das Umweltministerium in Stuttgart erklärt. Nach der Richtlinie sollen bestimmte Einwegprodukte wie Besteck und Geschirr aus Plastik, Strohhalme, Luftballonstäbe, Rührstäbchen und Wattestäbchen bis 2021 vom Markt genommen werden.

 

© 320°/dpa | 02.02.2020

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