Elektrofahrzeuge

Noch kommen Altbatterien aus Elektrofahrzeugen nur spärlich bei den Recyclern an. Wächst die Elektromobilität aber so stark wie erwartet, wird sich das schlagartig ändern. Umicore bringt sich schon mal in Stellung.

Umicore rüstet sich für Altbatterien aus E-Autos


Bei der Elektromobilität stehen die Zeichen auf Wachstum. Das Center of Automotive Management (CAM) rechnet ab 2020 mit einem starken Anstieg des E-Auto-Absatzes auf allen wichtigen Automärkten. Die Autoexperten gehen davon aus, dass auf den Straßen weltweit im Jahr 2030 etwa 40-mal mehr Elektrofahrzeuge unterwegs sein werden als im Jahr 2017.

Von daher ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch die Menge an Altbatterien zunehmen wird. „Wir wissen genau, um welche Mengen es sich handeln wird“, sagt Van Damme, Global Commercial and Sourcing Manager beim belgischen Materialtechnologie- und Recyclingkonzern Umicore. „Die Frage ist nur: Wann tritt dieser Zeitpunkt ein?“

Früher hatte es geheißen, die Laufzeit von Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos liege bei fünf Jahren. Mittlerweile zeige sich aber, dass der Lebenszyklus sehr viel länger sein kann, erklärt Van Damme. Hinzu kommt, dass die Batterien ein „zweites Leben“ bekommen können, wenn sie als Energiespeicher weiter genutzt werden.

Industrielle Smelter in drei Weltregionen geplant

Derzeit kommen bei Umicore in Hoboken jeden Monat nur ein paar Hundert Altbatterien aus Elektrofahrzeugen an. „Aktuell haben wir eine Recyclingkapazität in Hoboken von 7.000 Tonnen Altbatterien pro Jahr“, erklärt Van Damme. Das entspreche rund 35.000 E-Auto-Batterien oder ungefähr 2 Millionen E-Bike-Batterien.

Umicore behandelt die Altbatterien mit einem pyrometallurgischen Verfahren, das anschließend mit einem hydrometallurgischen Verfahren kombiniert wird. Damit werden alle Arten und Größen von Lithium-Ionen- und NiMH-Batterien recycelt. Spätestens in fünf Jahren werde die Kapazität aber nicht mehr ausreichen, glaubt Van Damme. Der Konzern will deshalb in neue Kapazitäten investieren.

„Früher oder später werden wir auch industrielle Recyclinganlagen bauen“, sagt Van Damme. Als Zielmärkte nennt er die USA, Europa und Asien. Die genauen Standorte würden vom Markt abhängig und werden dort eingerichtet, wo die meisten Batterien anfallen werden. Die Kapazitäten der Recyclinganlagen sollen zwischen 50.000 und 100.000 Jahrestonnen liegen.

Der Zeitplan zum Bau scheint auch schon in groben Zügen zu stehen. „Die ersten größeren Investitionen werden wir nach 2020 tätigen“, berichtet Van Damme. In der Regel dauert der Bau eines derartigen Smelters etwa zwei Jahre, so dass Umicore bald schon mit den Bauarbeiten anfangen dürfte.


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[su_spoiler title=“So funktioniert Umicores Recyclingtechnologie“]

  • Der Umicore-Recyclingprozess kombiniert eine pyrometallurgische Behandlung mit einem hydrometallurgischen Verfahren. Dadurch können laut Unternehmen alle Arten und Größen von Lithium-Ionen- und NiMH-Batterien recycelt werden.
  • Im belgischen Hoboken werden ganze Batteriezellen in einem pyrometallurgischen Ofen chargiert und eingeschmolzen. Am Ende entsteht eine Legierung, die die wertvollen Metalle Kobalt, Nickel und Kupfer enthält. Zudem entsteht eine Schlackenfraktion. Diese kann in der Bauindustrie eingesetzt oder zur Metallrückgewinnung weiterverarbeitet werden.
  • Die Schlacke aus Lithium-Ionen-Batterien wird durch eine Zusammenarbeit mit externen Partnern in Standard-Lithium-Rückgewinnungswege integriert.
  • Die Schlacke aus Li-Ionen-Batterien kann durch eine Zusammenarbeit mit externen Partnern in Standard-Li-Rückgewinnungsfließbildern integriert werden. Die Schlacke aus NiMH-Akkus wird zu einem Konzentrat der Seltenen Erden verarbeitet. Dieses wird durch eine Kooperation mit Solvay weiter veredelt.
  • Im pyrometallurgischen Schritt wird die von Umicore entwickelte sogenannte UHT-Technologie eingesetzt. Die UHT-Technologie soll unter anderem eine höhere Metallrückgewinnung im Vergleich zu bestehenden Prozessen ermöglichen. Zudem würden direkt vermarktbare Produkte hergestellt. Auch erlaube sie die direkte Zuführung der Batterien. Dadurch entfalle eine potenziell gefährliche Vorbehandlung.
  • Mit dem Prozess gewinnt Umicore aus End-of-Life-Batterien strategisch wichtige Elemente wie Cobalt und Lithium zurück.
  • Mit einer installierten Kapazität von 7.000 Tonnen pro Jahr ist der UHT-Ofen in Hoboken laut Unternehmen eine der größten speziellen Recyclinganlagen für Lithium-Ionen- und NiMH-Batterien weltweit. Diese Kapazität entspricht circa 250 Millionen Handy-Akkus, rund 2 Millionen E-Bike-Batterien und etwa 35.000 Batterien für elektrisch betriebene Autos.
  • Im anschließenden hydrometallurgischen Prozess wird die Legierung weiter verfeinert. Das geschieht im Umicore-Werk in Olen. Hier werden die Metalle in aktive Kathodenmaterialien umgewandelt, die für die Herstellung neuer wiederaufladbarer Batterien genutzt werden können.

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Intensivierte Zusammenarbeit mit Autoherstellern

Parallel dazu forciert Umicore auch die Zusammenarbeit mit namhaften Automobilherstellern. Vor einigen Monaten hat sich Umicore mit Audi zusammengetan. Die beiden Partner wollen einen geschlossenen Kreislauf für Bestandteile von Hochvoltbatterien und konkrete Recyclingkonzepte entwickeln. Auch eine Rohstoffdatenbank für besonders wertvolle Materialien ist angedacht.

An einem Closed-Loop-Projekt arbeitet Umicore auch zusammen mit BMW. Als dritter im Bunde ist das schwedische Unternehmen Northvolt beteiligt. Die Zusammenarbeit umfasst alle Bereiche: Von der Entwicklung eines recycelbaren Zelldesign und dem Herstellungsprozess über die verschiedenen Nutzungsphasen bis hin zum Recycling der Batteriezelle und der Wiederverwendung der Rohstoffe.

Nicht zuletzt investiert Umicore in den Ausbau seiner Produktionskapazitäten von Batteriematerialien. Die erste Produktionsanlage zur Herstellung von Kathodenmaterialien für den europäischen Automobilmarkt soll im polnischen Nysa gebaut werden, wie es heißt. Die ersten Produkte sollen Ende 2020 aus dem neuen Werk ausgeliefert werden.

Auch außerhalb Europas ist Umicore aktiv. In China und Korea will der Konzern seine bestehende Produktionskapazität von Kathodenmaterial verdreifachen. Ende 2018 sollen die Erweiterungsarbeiten abgeschlossen sein.

 

© 320° | 08.11.2108

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