Giftige Substanzen

In zahlreichen Konsumartikeln aus recyceltem Kunststoff sind giftige Substanzen enthalten. Das zeigt eine EU-weite Untersuchung mehrerer Umweltverbände. Die Giftstoffe stammen größtenteils aus Elektroschrott.

Umweltverbände warnen vor Artikeln aus Recyclingkunststoff


Spielzeug, Schlüsselanhänger, Haarschmuck: Billigartikel aus recyceltem Kunststoff können einer Untersuchung zufolge giftige Substanzen enthalten. Es geht um sogenannte bromierte Flammschutzmittel, die größtenteils aus Elektroschrott stammen, wie der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) am Mittwoch unter Berufung auf eine EU-weitere Studie mehrerer Umweltverbände mitteilte. Die Regelungen für den Gehalt in recycelten Produkten seien in bestimmten Fällen laxer als für Neuware.

Insgesamt waren rund 110 Artikel aus 19 EU-Ländern analysiert worden. „Nur neun der untersuchten Proben wiesen keine erhöhten Konzentrationen an PBDE auf“, heißt es in der BUND-Untersuchung. PBDE steht für polybromierte Diphenylether. Diese verbotenen Gifte in Recyclingprodukten können in einer hundertfach höheren Konzentration enthalten sein als in neu produzierten Kunststoffen, sagt der BUND. So dürfe Neuware maximal zehn ppm (Millionstel) an PBDE enthalten, Recyclingprodukte dagegen bis zu 1000 ppm.

Neun von zehn Produkten waren belastet

Konkret war nach drei Stoffen gesucht worden, die laut BUND zu den gefährlichsten der Welt gehören. Dabei handelt es sich um das bromierte Flammschutzmittel HBCD (Hexabromcyclododecan) sowie die polybromierten Diphenylether (PBDE) Octa- und DecaBDE. Unter der sogenannten Stockholm-Konvention werden sie als weltweit zu ächtende, schwer abbaubare organische Gifte gelistet.

Nach Angaben des BUND wurden bei neun von zehn in Deutschland gekauften Produkten Octa- und DecaBDE-Konzentrationen über dem Grenzwert für Neuware von zehn ppm gemessen: 21 ppm bei einem Kamm, 24 ppm bei einem Zauberwürfel, 262 bei einer Spielzeugpistole und 511 ppm bei einem Schlüsselanhänger – das 50-fache des Grenzwertes für neue Materialien. Bei Haarspangen habe der Wert für HBCD den dafür geltenden Grenzwert von 100 ppm um das Doppelte überstiegen.

Dass eigentlich schon verbotene Giftstoffe in Recyclingprodukten wieder in den Umlauf kämen, sei „skandalös“, kritisiert der BUND. Hintergrund bei den Regelungen sei offenbar die Absicht gewesen, höhere Recyclingquoten zu erzielen. „Die Politik spielt sogar mit der Gesundheit von Kindern, nur um ein paar Prozent höhere Recyclingquoten zu erreichen“, sagt BUND-Chemieexperte Manuel Fernández.

Die in hormonelle Prozesse eingreifenden Giftstoffe können nach BUND-Angaben etwa über die Atemluft und die Haut aufgenommen werden. Auch wenn kleine Kinder belastetes Spielzeug in den Mund nehmen, ist eine Aufnahme möglich. Die Substanzen können laut BUND das Nervensystem schädigen und die Schilddrüsenfunktion beeinträchtigen. Bei Kindern drohten Lern- und Verhaltensstörungen. Die Flammschutzmittel wurden früher zum Beispiel in Gehäusen von Computern eingesetzt, damit diese Sicherheitsstandards erfüllen.

 

© 320°/dpa | 17.10.2018

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