„Null Schadstoffe“

Abgase und Schadstoffe machen nicht nur Menschen das Leben schwer. Auch die Natur ist bedroht. Die EU-Kommission will gegensteuern und setzt sich konkrete Ziele. Auf Industrie und Verbraucher könnten neue Kosten zukommen.

Umwelt­verschmutzung in EU soll runter auf Null


Strengere Vorgaben für saubere Luft sollen jährlich Hunderttausende Menschenleben in Europa retten. Dies ist eines der Ziele im Aktionsplan für „Null Schadstoffe“ in Luft, Wasser und Boden, den die EU-Kommission am Mittwoch vorstellte. Bis 2050 soll die Umweltverschmutzung so gering werden, dass sie der menschlichen Gesundheit und der Natur nicht mehr schadet. Dafür sollen bis 2024 einige konkrete Gesetzesänderungen die Weichen stellen.

„Das ist wichtig, weil Umweltverschmutzung in der EU heute zu einem von acht Todesfällen führt“, sagte Kommissionsvize Frans Timmermans. „Gefährlicher Krebs, Atemwegserkrankungen, all das steht in Verbindung mit Verschmutzung, und die Verwundbarsten der Gesellschaft leiden wie immer am meisten.“ Eine Million Tier- und Pflanzenarten auf dem Planeten seien zudem in Gefahr auszusterben.

Mit den geplanten Gegenmaßnahmen könnten auf Industrie und Verbraucher neue Kosten zukommen. Diese seien jedoch geringer als Nichtstun, sagte EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius. Laut EU-Kommission werden etwa die Kosten für Luftreinhaltung auf 70 bis

80 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Luftverschmutzung richte jedoch gesundheitliche und wirtschaftliche Schäden im Umfang von 330 bis 940 Milliarden Euro jährlich an.

Weniger Plastikmüll und Hausmüll

Die EU schätzt allein die Zahl vorzeitiger Todesfälle durch Luftverschmutzung auf jährlich 400.000. Diese Zahl soll bis 2030 um mehr als 55 Prozent gesenkt werden, wie es im Aktionsplan heißt. Dafür will die Kommission die EU-Standards für Luftqualität gemäß Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO verschärfen. Allerdings soll erst 2022 ein konkreter Vorschlag kommen.

Darüber hinaus seien strengere Anforderungen an Landwirtschaft, Industrie, Verkehr, Gebäude und Energieerzeugung geplant, um Schadstoffe an der Quelle einzudämmen, heißt es in dem Plan. Für Autos ist bereits eine neue Schadstoff-Norm Euro 7 angekündigt. In der Landwirtschaft geht es um Ammoniak, der in Form von Gülle als Dünger eingesetzt wird. Dies sei ein bedeutender Vorläufer von Feinstaub. Am billigsten sei die Vermeidung durch Veränderungen in der Ernährung der Tiere sowie im Umgang mit Gülle und Dünger.

Weitere Etappenziele im Aktionsplan bis 2030 betreffen den Anteil von Menschen, die ständig unter Verkehrslärm leiden. Dieser Anteil soll um 30 Prozent sinken. Außerdem soll die Nutzung und das Risiko durch chemische Pestizide um 50 Prozent zurückgehen. Weitere Reduktionsziele sind 50 Prozent weniger Plastikverschmutzung im Meer und 30 Prozent weniger Mikroplastik in der Umwelt. Hausmüll soll ebenfalls um die Hälfte reduziert werden.

Einige der Ziele wurden bereits im Zusammenhang mit dem großen Plan eines „Green Deal“ für ein klimaneutrales Europa bis 2050 genannt. Und nicht alle Ziele sind bereits mit konkreten Maßnahmen oder Gesetzesvorhaben unterlegt. In einigen Fällen wird noch geprüft, bisweilen sollen vorhandene Vorschriften gezielter durchgesetzt werden.

Die Ziele seien so gesteckt, dass mit den bis 2024 anvisierten Maßnahmen realistisch erreichbar seien, sagte Sinkevicius. Dabei setzt die Kommission auch auf neue digitale Technik wie Präzisionslandwirtschaft zur Minimierung von Dünger, Wasser und Pflanzenschutzmitteln.

 

© 320°/dpa | 12.05.2021

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