Bericht des UN-Umweltprogramms

Das Thema Plastikmüll gewinnt weltweit an Bedeutung. Nach der OECD warnen nun auch die UN vor den Gefahren durch Kunststoffabfälle. Mit einer 10-Stufen-Roadmap für Regierungen will die Organisation dem Problem Herr werden.

UN empfiehlt Maßnahmen gegen Plastikmüll


Die Welt steht vor einer Plastikmüll-Krise. Zu diesem Schluss kommen die Vereinten Nationen. Nur etwa 9 Prozent der 9 Milliarden Tonnen Plastik, die bislang weltweit hergestellt wurden, seien wiederverwertet worden, heißt es in einem neuen Bericht. Sorgen bereiten den UN vor allem die Verwendung von Einwegprodukten wie Tüten, Strohhalme und Besteck.

Allein die Verwendung von Plastiktüten summiere sich auf bis zu 5 Billionen Stück jährlich, wie es im Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) heißt. Aber nicht nur das schiere Aufkommen an Einweg-Plastik alarmiert die Vereinten Nationen. Auch das unzureichende Recycling ist der UN-Umweltbehörde ein Dorn im Auge.

„Plastik füllt die Müllhalden, und große Mengen an Plastikmüll finden ihren Weg in die Ozeane“, sagte UNEP-Chef Eric Solheim bei der Vorstellung des Berichts am Dienstag in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi. Er fordert nichts weniger als eine „Revolution“. „Wir müssen das Verhältnis der Welt zu Plastik neu definieren.“ Plastik selbst sei nicht das Problem, sagte er. „Sondern was wir damit machen.“

China produziert am meisten Plastikverpackungsabfälle

Im Jahr 2015 sind laut UN weltweit 300 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle angefallen. Davon seien 47 Prozent (141 Millionen Tonnen) auf Verpackungsabfälle entfallen. Die Hälfte davon stamme aus Asien. So sei China nach wie vor der weltweit größte Erzeuger von Kunststoffverpackungsabfällen. Die USA dagegen seien der größte Erzeuger von Kunststoffverpackungen pro Kopf, gefolgt von Japan und der EU.

Von diesen Verpackungsabfällen wurde nur wenig recycelt. Laut Bericht belief sich in dem Jahr die globale Recyclingquote auf 14 Prozent. Allerdings seien nur 2 Prozent davon auch effektiv recycelt worden. 8 Prozent seien in minderwertige Anwendungen rezykliert worden. Die restlichen 4 Prozent entfallen demnach auf Verluste während der Recyclingprozesse.

Halten die derzeitigen Verbrauchsmuster und Abfallmanagementpraktiken an, wird die Welt in absehbarer Zeit in Plastikmüll ertrinken, warnt die UN. Denn jüngsten Schätzungen zufolge befinden sich 79 Prozent aller bislang erzeugten Kunststoffabfälle auf Deponien oder in der Umwelt. 12 Prozent seien thermisch verwertet worden. Geht es unverändert und im bisherigen Tempo weiter, könnten bis 2050 rund 12 Milliarden Tonnen Kunststoffabfälle auf Deponien und in der Umwelt landen.


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Gezielte Verbote und Abgaben sind am effizientesten

Um die steigende Plastikflut einzudämmen, schlagen die UN eine Reihe von Gegenmaßnahmen vor. Diese Vorschläge basieren auf einer detaillierten Analyse aller bisher weltweit eingeführten Programme zur Reduzierung von Plastikmüll. Laut UNEP-Bericht haben von den 194 Staaten der Welt über 60 Länder bereits Maßnahmen zur Eindämmung des Verbrauchs und zur Verbesserung des Managements von Einweg-Kunststoffen eingeführt. Oder sollen es zumindest in Erwägung ziehen.

Für jedes einzelne Land ist in dem Bericht eine Auswertung zu finden, welche Maßnahmen genau ergriffen wurden, um Abfälle aus Einwegplastik zu reduzieren. Fallstudien aus Europa, Afrika, Asien und Amerika ergänzen die Analyse. Ausgehend von den hier gewonnenen Erkenntnissen richtet sich die UN in ihrem Bericht ausschließlich an politische Entscheidungsträger.

Am effizientesten sind demnach gezielte Verbote und Abgaben. Allerdings sei ausschlaggebend, dass diese auch gut geplant und umgesetzt würden. Dies sei bislang aber oft nicht der Fall, so die UN. Zudem sei es noch zu früh, um fundierte Schlussfolgerungen über die Umweltauswirkungen von Verboten und Abgaben ziehen zu können.

10-Stufen-Fahrplan für politische Entscheidungsträger

Für die Einführung von Verboten von oder Abgaben auf Einwegplastik hat die UN-Umweltbehörde einen 10-Stufen-Fahrplan erstellt. Dieser beginnt mit der Ermittlung der problematischsten Einweg-Kunststoffe. Nötig sei auch eine tatkräftige Unterstützung bei der Entwicklung von Alternativprodukten. Diese müssten auf dem Markt sein, bevor Verbote oder Abgaben in Kraft treten würden.

Die Einführung erschwinglicher, umweltfreundlicher und zweckmäßiger Alternativen und Recyclingtechnologien könne beispielsweise durch die Einführung wirtschaftlicher Anreize erleichtert werden, wie es im UN-Bericht heißt. Dazu gehörten auch Steuervergünstigungen, Forschungs- und Entwicklungsfonds sowie die Förderung von Technologie-Gründerzentren und öffentlich-privater Partnerschaften.

Darüber hinaus sei es unerlässlich, die Kunststoffindustrie mit ins Boot zu holen. „Wenn es darum geht, die Produktion und den Verbrauch von Einweg-Kunststoffen zu regulieren, werden die Regierungen wahrscheinlich auf Widerstand der Kunststoffindustrie sowie der Verpackungsimporteure und -händler stoßen“, heißt es im Bericht.

Um den Widerstand zu begrenzen und so viel Unterstützung wie möglich zu erhalten, sollten Regierungen Anreize erwägen. Das könnten unter anderem Steuervergünstigungen sein oder auch finanzielle Anreize zur Förderung der Produktion kostengünstiger Alternativen zu Plastiktüten. Etwaige Anreize sollten in jedem Fall lange vor Inkrafttreten der neuen Gesetzgebung eingeführt werden, um den Kunststoffherstellern, und -händlern genügend Zeit zur Anpassung an die neuen Bestimmungen zu geben.

 

© 320° | 07.06.2018

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