EU-Abfallpaket

Der Kompromiss zum EU-Abfallpaket hätte noch ehrgeiziger ausfallen können, gewiss. Aber die Kritik an einzelnen Punkten darf den Blick nicht verstellen: Die EU hat mit der Einigung die Weichen für die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft gestellt. Ein Kommentar.

Und dennoch: Es ist ein Fortschritt


Von Stephan Krafzik

Wenn auf EU-Ebene politische Verhandlungen geführt werden, gibt es in der Regel zwei mögliche Ergebnisse: Entweder die Verhandlungen scheitern und werden abgebrochen oder die Einigung umfasst einen Kompromiss. Im Fall des EU-Abfallpaketes gab es beides: Erst wurden die Verhandlungen von der neu gewählten EU-Kommission abgebrochen und dann gab es am Montagmorgen doch noch einen Kompromiss.

Aus der Fachwelt gibt es dazu überwiegend positive Reaktionen. Aber es gibt auch kritische Stimmen. So zeigt sich die Deutsche Gesellschaft für Abfallwirtschaft (DGAW) „maßlos enttäuscht“. Auch die Einigung über die Recyclingquoten könne nicht über die „inakzeptable Möglichkeit der Deponierung bis 2040 hinwegtäuschen“, betont die DGAW.

Der Kompromiss zwischen EU-Parlament, EU-Rat und EU-Kommission sieht vor, dass die EU-Mitgliedstaaten ab 2035 nur noch 10 Prozent der Siedlungsabfälle deponieren dürfen. Für Mitgliedstaaten, die 2013 noch über 60 Prozent ihres Siedlungsabfallaufkommens deponiert haben, verlängert sich die Frist für weitere fünf Jahre auf 2040.

Der Zeitraum bis 2035 beziehungsweise 2040 ist lang, keine Frage. Aber die Übergangsfrist bedeutet nicht, dass bis dahin nach Belieben deponiert werden darf. Denn die neuen Recyclingquoten des EU-Abfallpakets sehen vor, dass Siedlungsabfälle ab dem Jahr 2025 zu 55 Prozent recycelt werden müssen. Ab dem Jahr 2030 gilt dann eine Quote von 60 Prozent, die 2035 schließlich auf 65 Prozent ansteigt.

Für viele Mitgliedstaaten bedeutet das eine immense Herausforderung. In Ländern wie Bulgarien, Kroatien, Malta oder Rumänien wird noch immer fast ausschließlich deponiert. Wenn dort in 8 Jahren 55 Prozent der Siedlungsabfälle recycelt werden müssen, dann ist das aus umweltpolitischer Sicht ein Fortschritt, kein Rückschlag.


Aufkommen und Behandlung von Siedlungsabfällen in der EU, 2013:

Siedlungsabfälle 2013

Quelle: Eurostat

Doch auch für Länder, in denen das Recycling stärker entwickelt ist, dürften die neuen Quoten einen gewissen Ansporn bedeuten. Denn künftig soll die Recyclingquote nach der outputorientierten Methode berechnet werden. Bislang gilt in Deutschland diejenige Menge als recycelt, die bei der ersten Recyclinganlage angeliefert wird, unabhängig davon, was anschließend damit passiert. Nach der outputorientierten Methode soll bei der letzten Recyclinganlage angesetzt werden. Diejenige Menge, die dort ankommt, wird ins Verhältnis zu Gesamtmenge gesetzt und damit die Recyclingquote berechnet.

Damit dürfte die Ermittlung der Recyclingerfolge ein Stück weit ehrlicher werden. Aber es bedeutet auch, dass die aktuelle Recyclingquote für Siedlungsabfälle von rund 67 Prozent nach der outputorientierten Methode sinken wird. Die DGAW schätzt, dass nur noch eine Quote von knapp 40 Prozent übrig bleibt, das Bundesumweltministerium ist optimistischer und veranschlagt 50 bis 55 Prozent. In jedem Fall müssen sich künftig auch die abfallwirtschaftlich fortgeschrittenen Länder anstrengen, um die neuen Recyclingquoten einzuhalten.

Mit der Einigung am Montagmorgen hat die EU die Grundlage für die Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft geschaffen. Nun liegt es an den Mitgliedstaaten, die Vorgaben mit Leben zu füllen. Dazu gehört selbstredend der Vollzug. Aber auch die Industrie ist aufgefordert, den Einsatz von Recyclaten wohlwollend zu prüfen. Nur so kann die Recyclingwirtschaft den Rückenwind beibehalten, den sie momentan erfährt.

Mehr zum Thema
Institute senken Konjunkturprognose – Nur noch Miniwachstum
Die neue Abfall­­­verbringungsverordnung kann kommen
Verpackungsmüll: Warum bayerische Kommunen weiterhin auf das Bringsystem setzen
„Noch wenig Hinweise auf konjunkturelle Belebung“
Forscher: Plastik ist viel großräumiger verteilt als vermutet
Zu viel Bürokratie: „Das macht manche Firmen verrückt“
UN-Bericht: Die Welt produziert Jahr für Jahr mehr Elektroschrott
Regierung in Sachsen beschließt Förderung der Kreislaufwirtschaft
Videoüberwachung an Containern ist „schwieriges Thema“
EU-Länder unterstützen Verpackungs­verordnung
„Das größte Bürokratie­entlastungspaket, das es je gab“
Videoüberwachung an Containerstellplätzen?