Recyclingmärkte

Nach Chinas Importstopp ist die Unruhe am Altkunststoff-Markt groß. Die fehlende Exportnachfrage für Folienabfälle ließ die Preise im Dezember abermals purzeln. Entsorger rätseln, was sie mit den aufgestauten Mengen tun sollen.

Und nun?


An Appellen zum Thema Kunststoffrecycling fehlt es derzeit nicht. Von allen Seiten kommt die Forderung, das Recycling von alten Kunststoffen zu forcieren. Doch selbst, wenn die Industrie kurzfristig recyclingfähige Verpackungen entwickeln würde und obendrein auch noch verstärkt Recyclate einzusetzen würde: Dem Entsorgungsproblem für qualitativ minderwertige Folienabfälle wäre damit kaum geholfen.

Denn seit China den Import minderwertiger Kunststoffabfällen untersagt hat, stauen sich in vielen Ländern die Abfallmengen. „Deutschland läuft weiterhin voll mit Kunststoffabfällen“, bilanziert bvse-Kunststoffexperte Thomas Probst in seinem Marktbericht für Dezember. Denn kaum jemand will das Material haben. Für Kunststoffrecycler sind solche Folienabfälle meist nicht zu gebrauchen und auch alternative Exportmärkte in den sogenannten Tigerstaaten (Südkorea, Taiwan, Singapur und Hongkong) können nur einen Bruchteil der Menge aufnehmen, die bislang nach China floss.

Was also tun? Eine Antwort scheint niemand zu haben. In spätestens ein bis zwei Jahren werde die Marktsituation in Deutschland eng werden, sagt Probst voraus. Bis dahin werde der Importbedarf Chinas komplett versiegen. Vermutlich wird bis dahin dann auch die Zwischenlagerung von Kunststoffabfällen auslaufen, die jetzt in manchen Fällen hilft.

Was dann mit den Mengen passieren wird, steht ebenfalls in den Sternen. Chinas Entscheidung, nicht mehr als Endstation für alle möglichen Abfälle zur Verfügung zu stehen, hat eine immense Tragweite. Bislang importierte China rund sieben Millionen Tonnen Kunststoffmüll und 29 Millionen Tonnen Altpapier pro Jahr. Allein Deutschland hat nach Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) bisher 560.000 Tonnen Plastikabfälle pro Jahr nach China ausgeführt.

Die Folgen der China-Politik sind deutlich zu spüren:

  • Laut bvse sind die Exporte von Deutschland nach China in den ersten drei Quartalen um 158.000 Tonnen zurückgegangen. Einige Händler und Makler berichten, dass sie im November überhaupt keine Ware mehr nach China liefern konnten.
  • Inzwischen sind von dem Preisverfall nicht nur die post user Qualitäten betroffen, sondern auch die Produktionsabfälle, berichtet Verbandsvertreter Thomas Probst.
  • Demnach notieren im Dezember die Mahlgüter bei den PE-Produktionsabfällen um durchschnittlich 5 Euro je Tonne niedriger.
  • Die PP-Produktionsabfälle zeigten Preisabschläge um 11 Euro pro Tonne.
  • Ausgewählte Qualitäten der PS-Produktionsabfälle gaben im Dezember um rund 5 Euro je Tonne nach.
  • Post user-PE zeigen bei der Folie Abschläge von durchschnittlich 10 Euro pro Tonne.

Laut bvse haben sich lediglich die PVC-Qualitäten überraschend gut entwickelt. So notierte PVC-Fensterware um durchschnittlich 110 Euro je Tonne. Und auch die Produktionsabfälle von PVC_hart zeigten im Dezember Preiserhöhungen um durchschnittlich 18 Euro je Tonne. Diese Preisveränderungen seien auf eine zusätzliche Eigenverarbeitung zurückzuführen. Außerdem bestehe eine hohe Nachfrage nach PVC aufgrund der anhaltend guten Baukonjunktur.

Deutlich freundlicher sieht es hingegen auf Seiten der Kunststoffrecycler aus. Den PET-Recyclern würden nach wie vor Verarbeitungsinput fehlen, erklärt Probst. Auch der Rückgang im Export, der für PET ungefähr 40.000 Tonnen in den ersten drei Quartalen betragen habe, könne die Inlandsnachfrage kaum ausgleichen. Dies führe dazu, dass die Preise für gebrauchte Getränkeflaschen weiter anziehen. Im November hätten die Preise für gebrauchte PET-Einweg-Pfandflaschen für PET klar (95/5 bis 100) und PET-Misch (70/30 bis 90/10) um 10 Euro je Tonne angezogen. Der Preis für PET bunt (< 70/30) blieb unverändert.

Doch wie wird es für minderwertige Kunststoffabfälle weitergehen? Eine kurzfristige Lösung ist nicht in Sicht. Folglich wird der Druck auf die Preise anhalten. „Ein Ende der Talfahrt der Preise für Kunststoffabfälle ist nicht absehbar“, meint bvse-Vertreter Probst.

Auch die neue EU-Plastikstrategie oder eine mögliche Kunststoffsteuer, wie sie EU-Haushalts-Kommissar Günther Oettinger vorgeschlagen hat, müssten erst einmal umgesetzt werden, damit sie wirken könnten. Von daher sind kurzfristig keine Effekte zu erwarten. Ohnehin stehen hinter der Kunststoffsteuer viele Fragezeichen. So ist die Bemessungsgrundlage einer solchen Steuer noch völlig unklar. Ungewiss ist ebenfalls, wer die Steuer zu entrichten hätte – der Produzent oder der Verbraucher. Hinzu kommt, dass einer EU-weiten Kunststoffsteuer alle Mitgliedstaaten zustimmen müssten. Von daher erscheint es aktuell wenig wahrscheinlich, dass eine solche Steuer tatsächlich kommen wird.

Somit bleibt es vorerst dabei: Die einzige absehbare Folge sind weiter rückläufige Preise.

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