Digitaler Wertstoffhandel

Das Entsorgungsgeschäft ist vielfach noch regional geprägt und wird per Handschlag besiegelt. Doch inzwischen gibt es eine Reihe von Plattformen und Apps, die Abfallbesitzern und Entsorgern das Leben leichter machen wollen. Wir haben uns einige näher angesehen. Hier unser Überblick.

Und welche Online-Plattform kommt für Sie infrage?


Der Online-Handel boomt. Nicht nur der Bürger bestellt verstärkt über das Internet auch im B2B-Bereich verlagert sich das Geschäft ins Web. Lag der Umsatz deutscher Unternehmen im Jahr 2015 noch bei knapp 27 Milliarden Euro, waren es im vergangenen Jahr bereits 35 Milliarden Euro. Und der Handel im Netz soll weiter wachsen: Experten prognostizieren durchschnittliche, jährliche Wachstumsraten von 15 Prozent in den kommenden Jahren.

Auch das Entsorgungsgeschäft wird zunehmend im Internet gemacht. Inzwischen bieten einige Unternehmen ihre Dienstleistungen per Online-Shop an – einige regional, andere überregional. Weit verbreitet ist das Angebot, den passenden Container zu ordern, um etwa Baustellenabfälle, Altholz, Sperrmüll sowie Akten zu entsorgen. Meist sind das Mittelständler wie Containerdienst.de, Entsorgung.de oder Ecoservice24.com.

Aber auch größere Entsorger drängen in den Markt. So hat Remondis mit Redooo eine Entsorgungsplattform entwickelt. Damit sollen Privat- und Gewerbekunden ihre Prozesse rund um Abfall, Schutt, Container und Mulden digital abwickeln können. Eine App für Profis ist in Arbeit. Der Kölner Entsorger Zentek will noch in diesem Jahr einen digitalen Marktplatz lancieren. Ziel von „empto“ ist es, Abfallerzeuger und Entsorger zusammenzubringen.

Hinzu kommen neue Plattformen für den digitalen Wertstoffhandel, wie etwa Onescrap oder srapple. Sie alle werben mit überprüften Nutzern, einfacher Abwicklung und Transparenz. Im Folgenden wollen wir diejenigen Plattformen und Apps steckbrieflich vorstellen, die bereits am Markt sind – ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben:

  • Schrott24

Beschreibung:

Schrott24 ist eine Plattform, auf der Altmetalle verkauft werden. Die Ankaufspreise werden für Mengen bis zu 5 Tonnen durch die Plattform festgelegt. Bei Mengen über 5 Tonnen macht Schrott24 ein individuelles Angebot.

Der Plattform arbeitet nach eigenen Angaben mit Schrotthändlern, Recyclern und Werken zusammen. Durch die Bündelung von Mengen will Schrott24 bei diesen Partnern Preisvorteile erzielen und an die Altmetall-Verkäufer weiterreichen.

Geschäftsführer der Plattform sind Jan Pannenbäcker und Alexander Schlick. Sitz des Unternehmens ist in Graz (Österreich). Hinter Schrott24 stehen vier Investoren.

Aktuell gehandelte Sekundärrohstoffe:

Generell werden Buntmetalle, Eisenschrott und E-Schrott gehandelt. Im Einzelnen sind das: Kupfer, Aluminium, Hartmetall, Edelstahl, Zink, Messing, Kabel, Blei, Kupferlegierungen, Zinn.

Abwicklung:

  • Der Verkäufer wählt im Online-Shop eine Altmetallkategorie aus und schätzt das Gewicht (bis zu fünf Tonnen).
  • Auf Basis tagesaktueller Preise wird der Ankaufspreis berechnet.
  • Der Transport des Materials erfolgt per Paketversand, Abholung oder über Eigenanlieferung an über 70 Standorten.
  • Nach der Qualitätskontrolle bei Schrott 24 erfolgt die Geldüberweisung innerhalb von 48 Stunden.
  • Das eingekaufte Material wird an zertifizierte Recycler verkauft, die Mitglied des Partnernetzwerks von Schrott24 sind.

Für Verkäufer mit Großmengen gibt es einen Extra-Service. Sie erhalten von Schrott24  ein Angebot. Über ein persönliches Interface kann der Verkäufer dann jederzeit den Abwicklungsstatus seiner Transaktionen verfolgen und auf sämtliche Dokumente (Verträge, Wiegescheine, Abrechnungen und Fotos) zugreifen.

Kosten:

Die Nutzung der Online-Plattform und der WebApp mit Preisalarm ist kostenfrei, ebenso die E-Mail-Benachrichtigungen.

Weitere Informationen: https://www.schrott24.de/  sowie https://youtu.be/qLqlcbRgfxg

  • Onescrap

Beschreibung:

Bei Onescrap werden Materialien wie Fe, NE, Legierte Metalle, Altpapier, Altkunststoff und nicht gefährliche Abfälle auf Basis weltweiter Sortenstandards und Notierungen gehandelt. Abfallerzeuger haben die Möglichkeit, ihr Material im Rahmen von Entsorgungsdienstleistungsverträgen zu vermarken.

Geschäftsführer von Onescrap ist Daniel Jürgenschellert. Er war zuletzt als Mitglied der Geschäftsleitung (CFO) für das deutsch-polnische Regionalgeschäft des Metallrecyclingkonzerns Scholz verantwortlich. Die Gründung der Plattform erfolgte im Juni 2017. Sitz des Unternehmen ist in Monheim am Rhein.

Aktuell gehandelte Sekundärrohstoffe:

Alle nicht gefährlichen Abfälle (Holz, Altglas, Kunststoffabfälle, Altpapier, Katalysatoren, Altreifen/Gummi), Schwerpunkt Fe- und NE-Metalle (Fe-Guss, E-Schrott, Legierungsmetalle).

Abwicklung:

  • Verkäufer werden zunächst registriert und verifiziert.
  • Das Angebot eines Spotgeschäfts oder die Ausschreibung von Entsorgungsdienstleistungen erfolgen zum Mindest- oder Höchstpreis (Gesuche) oder zum Festpreis.
  • Den Zuschlag erhält der Gewinner des Bieterverfahrens oder derjenige, der den Festpreis zahlt. Die Bezahlung vereinbaren die Nutzer unter sich.

Kosten:

Die Veröffentlichung von Inseraten auf Plattform ist kostenfrei. Der Gewinner des Bieterverfahrens zahlt eine Provision zwischen 0,5 und 1 Prozent, je nach Nutzungsintensität der Plattform.

Weitere Informationen: www.one-scrap.com

  • Scrappel

Beschreibung:

scrappel ist ein digitaler Marktplatz für den Wertstoffhandel und wurde im Dezember 2017 in Berlin gegründet. Über die Plattform laufen Inserate sowie Preis- und Lieferungsabsprachen in einem zentralen Chatformat. Der Betreiber verspricht eine sichere und transparente Geschäftsabwicklung auf Basis eines Verifizierungsprozesses der Nutzer.

scrappel ist ein Tochterunternehmen der Berliner Recyclingkonzerns Alba. Geschäftsführer der Plattform ist Matthias Spanic. Sitz des Unternehmens ist in Berlin.

Aktuell gehandelte Sekundärrohstoffe:

Fe- und NE-Metalle. Die Erweiterung um weitere Stoffströme wie etwa Papier, Pappe und Kartonage wird angedacht.

Abwicklung:

  • Die Registrierung erfolgt über einen „Know your customer“-Prozess, der der Kontogründung bei einer Bank ähnelt. Dafür ist ein Computer mit Kamerafunktion und Personalausweis notwendig.
  • Das Einstellen von Inseraten in Form von Angeboten oder Gesuchen funktioniert ähnlich wie bei Ebay: Händler können Inserate für einen geschlossenen oder offenen Kundenkreis zugänglich machen. Die Ware wird zum Festpreis oder auf Verhandlungsbasis (Ping-Pong-Prinzip) angeboten, Teilmengen-Käufe sind möglich.
  • Die Zahlung erfolgt über die Plattform in Form von Vorkasse oder Lastschrift. Bei Vorauskasse wird der Betrag erst dann von einem Treuhandkonto freigegeben, wenn der Käufer die Qualität der Lieferung bestätigt hat.

Kosten:

Die Nutzung der Online-Plattform bzw. App ist kostenfrei. scrappel erhält eine prozentuale Transaktionsgebühr vom Händler: bei Eisen 0,5 Prozent zuzüglich 69 Cent pro eine Tonne, bei NE-Metallen 1,5 Prozent pro Tonne. Die Gebühren zahlt der Käufer.

Weitere Informationen: www.scrappel.com

  • Secontrade

Beschreibung:

Secontrade bezeichnet sich selbst als Europas größte und sicherste Online-Handelsplattform für Sekundär-Rohstoffe. Alle Handelspartner können erst nach individueller Überprüfung handeln. Die Plattform verspricht Käufern und Verkäufern die größtmögliche Sicherheit beim Handel großer Mengen.

Die Plattform ist Anfang 2018 an den Start gegangen. Hinter Secontrade steht der österreichische Entsorger UFH Hollding. Geschäftsführer von Secontrade sind Brigitte Reich und Robert Töscher. Reich war zuletzt als Leiterin der Rechtsabteilung der UFH Gruppe tätig. Töscher ist seit November 2015 Prokurist und und Leiter der Finanzabteilung der UFH-Gruppe. Sitz des Unternehmens ist in Wien.

Aktuell gehandelte Sekundärrohstoffe:

Fe-Metalle, Glas, Holz, Kunststoff, NE-Metalle und Papier

Abwicklung:

  • Der Verkäufer muss sich registrieren und kann dann Nachweise (Genehmigungen, Zertifikate etc.) hochladen (optional Hochladen eigener AGBs). Der Käufer muss sich ebenfalls registrieren und einmalig nachweisen, dass er befugt ist, diesen Rohstoff zu erwerben.
  • Der Verkäufer erstellt einen neuen „Trade“, indem er Angaben zur Menge macht und das Ende der Auktion festlegt. Optional sind detaillierte Beschreibungen zur Fraktion und Fotos sowie die Festlegung eines Mindestpreises möglich.
  • Der interessierte, registrierte Käufer kann daraufhin ein Gebot abgeben. Er erhält im weiteren Verlauf Informationen über seine Position im Verfahren und kann sein Angebot insgesamt zweimal erhöhen.
  • Der Zuschlag für Teilmengengebote und Gebote für die gesamte Ware erfolgt nach dem Best-Bieter-Prinzip. Die Entscheidung über den Zuschlag trifft der Anbieter.
  • Die Bezahlung und Lieferung laufen derzeit noch nach den Konditionen des Verkäufers oder Käufers.

Kosten:

Die Nutzung der Online-Plattform/App und die Registrierung sind kostenfrei. Bei Zuschlag an einen Bieter bezahlt der Verkäufer einen „geringen Prozentsatz“ des Transaktionsvolumens an Secontrade.

Weitere Informationen: www.secontrade.com

  • Wastebox

Beschreibung:

Die Plattform wastebox.biz ist in Österreich seit Herbst 2016 am Markt. Mithilfe der App können Baufirmen die Entsorgung ihrer Abfälle organisieren und die richtige Mulde für ihre Baustelle bestellen. Die Aufträge werden direkt an verfügbare und logistisch günstig positionierte Fahrer gemeldet. Neben der App steht ein Webportal zur Verfügung, über das Bestellungen, Baustellendetails, Entsorgungskosten und Lieferscheine in Echtzeit bereitgestellt werden.

Betreiber der Plattform ist die österreichische Entsorgungsfirma Saubermacher. Die Firma deckt damit den Markt in Österreich ab. Veolia Deutschland hat von Saubermacher die Lizenz erworben, wastebox in Deutschland, Frankreich und England anzubieten. In Deutschland ist die Plattform Ende August an den Start gegangen.

Aktuell gehandelte Sekundärrohstoffe:

Im Mittelpunkt der Plattform steht weniger der Handel mit Recyclingmaterialen, sondern vielmehr die Vernetzung von Abfallbesitzern und Recyclern/Entsorgern. Der Fokus liegt auf mineralische Abfälle.

Abwicklung:

  • wastebox akquiriert Aufträge bei den Baufirmen und verhandelt den Entsorgungspreis. Erhält wastebox den Auftrag, wird die Plattform zum Abfallbesitzer.
  • wastebox beauftragt daraufhin einen Entsorger mit der tatsächlichen Entsorgung. Den Auftrag bekommt derjenige Entsorger, der am schnellsten den Auftrag annimmt.
  • Ist der Auftrag abgewickelt, erhält der Entsorger eine Gutschrift von wastebox.

Kosten:

Die Nutzung der Online-Plattform und Web ist kostenfrei. wastebox erhält eine Vermittlungsgebühr von 15 Prozent, die vom Entsorgungspreis abgezogen wird, den die Plattform von der Baufirma bekommt.

Weitere Informationen: www.wastebox.biz

  • merQbizz

Beschreibung:

merQbiz ist nach eigenen Angaben die erste digitale Handelsplattform für Altpapier in den Vereinigten Staaten und richtet sich an Händler und Einkäufer von Papier- und Zellstofffabriken, Papierbroker und Recycling-Unternehmen. Ähnlich wie bei den bekannten Online-Marktplätzen übernimmt merQbiz die Evaluation der Händler, der Käufer und der Qualität der Ware.

Die Plattform ist ein Joint Venture des Technologiekonzerns Voith und der Beratungsfirma Boston Consulting Group Digital Ventures. Sitz der Plattform ist in Manhattan Beach (USA).

Aktuell gehandelte Sekundärrohstoffe:

Altpapier

Abwicklung:

  • Nachdem sich der Verkäufer auf der Plattform registriert hat, kann er ein lokales, nationales und internationales Angebot zum Festpreis machen.
  • Der registrierte Käufer kann Angebote zum angebotenen Preis annehmen oder selbst ein Angebot direkt an den Verkäufer machen.
  • Die Kommunikation erfolgt via Messenger auf der Plattform.
  • Die Zahlung und Lieferung (integrierte Logistik mit garantierter Abholung und Zustellung) kann in Echtzeit verfolgt werden.

Kosten:

Die Nutzung der Plattform ist kostenfrei. Eine App ist in Arbeit. Verkäufer inserieren kostenlos und entrichten bei einer Transaktion eine Gebühr.

Weitere Informationen: www.merqbiz.com

© 320° | 12.09.2018

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