Vorwurf gegen ELS

Jahrelang litten die dualen Systeme unter falschen Mengenmeldungen einzelner Systembetreiber. Jetzt haben sie einen vermeintlich Schuldigen ausgemacht: ELS soll über Jahre hinweg zu niedrige Mengen gemeldet haben.

„Unfaires und wahrscheinlich auch verordnungswidriges Verhalten“


Die Vorwürfe wiegen schwer, die Reaktion fiel nicht minder drastisch aus. Am Freitag vergangener Woche hat die Gemeinsame Stelle der dualen Systeme den Systembetreiber ELS ausgeschlossen. Nur ein duales System stimmte dagegen. Der Vorwurf gegenüber ELS lautet: Das duale System hat jahrelang zu niedrige Mengen an die Clearingstelle gemeldet, um dadurch den eigenen Anteil an den Sammelkosten zu drosseln.

Der Schaden, den die übrigen dualen Systeme zu tragen hatten, soll sich über den Zeitraum 2015 bis einschließlich 2017 auf rund 40 Millionen Euro belaufen. „Wir als Marktführer haben den größten Schaden durch dieses Verhalten zu tragen gehabt und werden jetzt noch die Scherben aufkehren, die durch die ELS-Pleite entstehen“, lässt der Chef des Grünen Punktes, Michael Wiener, seinem Unmut freien Lauf. „Wir haben seit Jahren darauf hingewiesen, dass ein solcher Fall eintreten und das Gesamtsystem in Schieflage bringen kann. Nun müssen endlich auch die richtigen Lehren aus diesen Ereignissen gezogen werden – insbesondere auch von den für die dualen Systeme zuständigen Behörden.“

„Wir tragen die Schäden“

Nun, da ELS das Insolvenzverfahren eröffnet hat, werden die übrigen neun dualen Systeme in die Bresche springen. Sie werden ab heute die auf ELS entfallenden Kosten der Erfassung, Sortierung sowie die Neben- und Mitbenutzungsentgelte vollständig übernehmen. Außerdem werden sie einen finanziellen Beitrag für anfallende Verfahrenskosten tragen und auf einen erheblichen Teil ihrer Ansprüche auf Ausschüttungen aus der Insolvenzmasse verzichten. Diese Beiträge sollen eine geordnete Abwicklung der ELS und sozialverträgliche Beendigung der Arbeitsverhältnisse ermöglichen.

„Damit tragen wir die Schäden, die durch das unfaire und wahrscheinlich auch verordnungswidrige Verhalten des Wettbewerbers ELS entstanden sind“, betont Wiener. ELS habe ganz offensichtlich über Jahre hinweg deutlich zu geringe Mengen an die Clearingstelle der dualen Systeme gemeldet und damit auch einen deutlich zu geringen Teil an den Kosten für die Sammlung gebrauchter Verkaufsverpackungen über den Gelben Sack und die Glascontainer übernommen. Die sei zulasten der Wettbewerber geschehen.

„Nur die Spitze des Eisbergs“

Allein für das Jahr 2016 hatte sich gezeigt, dass die Mengenmeldungen der dualen Systeme an ihre Clearingstelle um 90.000 Tonnen Leichtverpackungen niedriger ausfielen an die Mengenmeldungen an das DIHK-Register der Vollständigkeitserklärungen (VE-Register). „Woher ein Teil der Differenz gekommen ist, zeigt sich nun, doch das ist nur die Spitze des Eisbergs“, ist Wiener überzeugt. „ELS allein ist nicht für die Differenz von ca. 90.000 Tonnen LVP verantwortlich, es verbleiben weitere, massive Fehlmengen, für die offensichtlich andere Marktteilnehmer verantwortlich zeichnen.“

Dass es überhaupt zur Aufdeckung der angeblich falschen ELS-Mengenmeldungen gekommen ist, ist auf den offenbar auf den Antrag auf Sanierung in Eigenverwaltung zurückzuführen, der ELS im März gestellt hatte. Im Zuge dessen habe ELS überfällige Mengenmeldungen gegenüber der Clearingstelle abgegeben, so die Darstellung des Systembetreibers Interseroh. „Die Angaben deckten Unregelmäßigkeiten bei den bisherigen Mengenmeldungen seit Beginn des Systembetriebs der ELS auf“, so die Entsorgungssicherheit in Deutschland weiter gewährleisten zu können“, so Geschäftsführer Markus Müller-Drexel.

„Die Unregelmäßigkeiten, die bei ELS festgestellt wurden, haben aufgezeigt, dass die Diskussionen der Vergangenheit um einheitliche Regelungen mehr als berechtigt waren“, so Müller-Drexel weiter. „Wir sind froh, dass auch mit Inkrafttreten des neuen Verpackungsgesetzes ab dem kommenden Jahr wieder ein klar definierter Wettbewerb über technische Leistungsfähigkeit stattfinden wird.“

 

© 320° | 01.06.2018

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