Diskussion um EEG 2016

Branchenexperten warnen: Auf Deutschland kommt ein Entsorgungsnotstand zu, wenn die EEG-Förderung für mit Altholz betriebene Biomasseheizkraftwerke nicht fortgeschrieben werden sollte. Die ersten Anlagen müssten schon vor 2020 stillgelegt werden.

Ungewisse Zukunft für Altholzkraftwerke


Vor einigen Monaten hat Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Petersberger Klimadialog die Energiewende angekündigt. Die Kanzlerin erklärte, dass in Deutschland bis 2050 die „Dekarbonisierung der Weltwirtschaft in diesem Jahrhundert“ vollzogen werden soll, also der Ausstieg aus Kohle, Erdöl und Erdgas. Als Etappenziel sollte sich der Pariser Klimagipfel im Dezember darauf einigen, den globalen Treibhausgasausstoß bis 2050 um mindestens 60 Prozent im Vergleich zu 2010 zu senken.

Die Klimaschutzziele sind lobenswert – auch aus Sicht des Bundesverbands der Altholzaufbereiter und -verwerter BAV. Doch der Verband warnt davor, sich auf Windkraft und Photovoltaik zu fokussieren und dabei die Altholzkraftwerke zu vergessen. Denn Altholzkraftwerke seien nicht nur unabhängig von Sonne und Wind, sie leisten auch einen relevanten Strombeitrag.

Pro Jahr würden die Altholzkraftwerke durchschnittlich 7.500 bis 8.300 Volllaststunden gesicherte Regelenergie liefern, erklärt der BAV. „Damit ist grüner Strom aus Altholz grundlastfähig und für die Energiewende als Netzstabilisator besonders wichtig“, betont Uwe Groll, erster BAV-Vorsitzender. Zudem sind die Kraftwerke gleichmäßig über Deutschland verteilt – anders als die Windkraft mit ihren regionalen Schwerpunkten, was im Endeffekt dazu führt, dass der Strom erst teuer vom Norden nach Süden transportiert werden muss.

Paradigmenwechsel durch EEG

Wie der Verband hervorhebt, gehört der Bestand an Altholzkraftwerken nicht nur zu den zuverlässigsten Erzeugungsanlagen im Portfolio der Erneuerbaren Energien. Sie zählen auch zu den günstigsten und liegen auf Augenhöhe mit den Windkraftanlagen an Land. Auch den Photovoltaik- und Biogasanlagen würden sie den Rang ablaufen, denn in den Erzeugungskosten für Strom sei die Altholzkraftwerke wesentlich günstiger.

Doch den Erzeugern von grünem Strom aus Altholz droht Ungemach. Denn mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2014 vollzieht der Gesetzgeber einen Paradigmenwechsel. Damit gibt es keinen Neuausbau, sprich keine neuen Anlagen mehr. Zum anderen gibt es keine Regelung für Bestandsanlagen nach dem Ende des Förderzeitraumes.

Die Folge ist, dass bestehende Altholzkraftwerke bereits ab 2020 das Ende der EEG-Förderung erreichen. „Da es bisher keine Nachfolgeregelung für Altholzkraftwerke in der Post-EEG-Ära gibt, besteht die begründete Gefahr, dass die ersten Anlagen sogar bereits vor 2020 außer Betrieb genommen werden“, warnt Gerd Lampel, technischer Berater beim BAV. Ohne eine Anschlussregelung könnte es nämlich zu Spontanabschaltung oder vorzeitiger Abschaltung wegen fehlender Sicherheit für technische Ersatzinvestitionen kommen.

Verbrennungskapazitäten drohen wegzubrechen

Derzeit zählt der BAV bundesweit rund 70 Altholzkraftwerke, die am Netz sind. Insgesamt haben diese Anlagen eine Verwertungskapazität von rund 6,5 Millionen Jahrestonnen Altholz. Die Leistung dieser Anlagen summiert sich laut BAV auf 800 MW. Dabei generieren sie eine jährliche Arbeit von 6.250 GWh/Jahr.

Sollte es keine Anschlussregelung geben, befürchtet die Altholzbranche den Wegfall von erheblichen Verbrennungskapazitäten. Im Worst-Case-Szenario droht laut Verband bis 2024 eine Altholzverbrennungskapazität von fast 4 Millionen Jahrestonnen wegzubrechen. Die Folgen könnten verheerend sein. Denn damit würde ein Wegfall erheblicher Strom- und Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien einhergehen.

Aber nicht nur das. Würden die Biomasse- beziehungsweise Altholzkraftwerke in dem befürchteten Umfang zwangsweise stillgelegt, käme auf Deutschland ein massives Entsorgungsproblem zu, warnt der BAV. Denn Altholzkraftwerke nehmen neben der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien eine elementare Entsorgungsaufgabe in der Abfallwirtschaft wahr: „Sie stellen die klimaneutrale thermische Verwertung von etwa 6,5 Millionen Tonnen Altholz sicher, das anderweitig nicht mehr genutzt und stofflich recycelt werden kann, und für das es keine alternativen Abfallverbrennungskapazitäten gibt“ erläutert BAV-Berater Lampel.

Nicht zuletzt warnt der Verband auch vor einer Art Geldvernichtungsmaschine. „Volkswirtschaftlich und politisch ist es nicht plausibel darstellbar, bisher in diese funktionsfähigen Anlagen investiertes privates und öffentliches Vermögen in Höhe von rund 3 Milliarden Euro ohne vernünftigen Grund zu vernichten“, argumentierte Christian Grundner, Geschäftsführer des Biomasse-Heizkraftwerks in Altenstadt, beim Treffen der Betreiber von Altholzkraftwerken Ende November in Bonn. Zumal diese Anlagen nach Auslaufen der bisherigen EEG-Förderung technisch mindestens noch zwanzig Jahre weiterbetrieben werden können.

Anschlussförderung durch Ausschreibung

Das alles seien gute Gründe, die für eine Anschlussregelung bestehender Altholzkraftwerke sprechen. „Diese Regelung darf aber nicht via Verordnungsermächtigung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden“, betont Grundner. Spätestens 2017 müsse eine verbindliche Regelung stehen, damit die Betreiber von Anlagen, die Strom aus erneuerbaren Energien nach den Bestimmungen des EEG herstellen, wissen, wie es in der Post-EEG-Zeit weitergeht.

Der BAV schlägt vor, eine Anschlussförderung durch Ausschreibung zu ermitteln. Aber es seien auch andere Fördermechanismen denkbar. „Es macht mit Blick auf die Entsorgungsfunktion keinen Sinn, Bestandsanlagen, die neben der Funktion der Stromerzeugung seit Jahren die Altholzentsorgung in ihrer Region sicherstellen, in Ausschreibungsverfahren gegen andere erneuerbare Energieträger antreten zu lassen. Mit Windrädern beispielsweise kann keine Altholzverwertung sichergestellt werden“, sagt Groll.

Schützenhilfe bekommt der Altholzverband vom Bundesumweltministerium (BMUB). Das Bonner Ministerium teile die Ansicht des BAV, dass die bestehenden Altholzkraftwerke eine große Bedeutung haben, und ihr Bestand auch nach Ablauf der Förderphase durch das EEG einer gesicherten Grundlage bedarf, betont der Verband.

Sollten für die Bestandsanlagen keine Anschlussregelungen getroffen werden, müsste deren Leistung durch neue EE-Anlagen kompensiert werden, wenn die Klimaziele der Bundesregierung erreicht werden sollen. Diese wären allerdings zwischen 30 bis 40 Prozent teurer, so der BAV. Oder aber sie müssten durch konventionelle Kraftwerke, die fossile Brennstoffe einsetzen, ersetzt werden. Das jedoch würde die eigentlichen Klimaschutzziele konterkarieren.

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