Stahl und Aluminium

Auf den letzten Drücker hat US-Präsident Trump die Schonfrist für Zölle auf Stahl und Aluminium aus der EU verlängert. Doch was passiert danach und welche Auswirkungen sind für die Recyclingbranche zu erwarten? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

US-Strafzölle: Wie es jetzt weitergeht


US-Präsident Donald Trump gewährt der EU im Zollstreit um Stahl- und Aluminiumimporte einen weiteren Aufschub: Die Metalle dürfen bis 1. Juni ohne Strafzölle nach Nordamerika eingeführt werden. Die Verlängerung auf den letzten Drücker hat das Problem aber lediglich aufgeschoben. Die Branche ist weiterhin extrem besorgt und verärgert. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was genau hat Trump entschieden?

Wenige Stunden bevor die Schonfrist am 1. Mai abgelaufen ist, hat das weiße Haus mitgeteilt, dass die Metalle aus Europa sowie Kanada und Mexiko noch einen weiteren Monat zollfrei nach Nordamerika eingeführt werden dürfen. Damit wird die im März eingeführte Strafsteuer von 25 Prozent auf Stahlprodukte und 10 Prozent auf Aluminium für diese Länder weitere 30 Tage nicht fällig. In dieser Zeit soll intensiv an Lösungen für den gemeinsamen Handel gearbeitet werden – einen weiteren Aufschub schließt Trump aus.

Was steckt hinter den Strafzöllen?

Trump hat unmissverständlich klar gemacht, dass er die Stahl- und Aluminiumeinfuhren begrenzen will, um die heimische Wirtschaft zu unterstützen. Er begründet das mit Belangen der nationalen Sicherheit, Kritiker sprechen von einer Abschottung der heimischen Industrie.

Trump hatte zuletzt immer wieder kritisiert, dass die USA auf Einfuhren von Personenwagen lediglich Zölle von 2,5 Prozent erheben, die Europäer aber zehn Prozent auf US-Fahrzeuge. Ferner geht es auch um Handelserleichterungen für US-Agrarprodukte – hier will Trump Zugeständnisse erzwingen.

Wie reagiert die EU auf den Aufschub?

Die EU hat mit Verärgerung und Sorge auf die weitere Befristung reagiert. „Die US-Entscheidung verlängert die Unsicherheit auf den Märkten“, teilte die zuständige EU-Kommission mit. Schon jetzt seien Konsequenzen zu spüren.

Nach Angaben aus EU-Kreisen wird die Kommission nun die Vorbereitungen für die Einführung von Vergeltungszöllen weiter vorantreiben und eine Liste mit dafür ausgewählten US-Produkten bei der Welthandelsorganisation (WTO) einreichen. Sollte Trump die nun bis zum 1. Juni befristete Ausnahmeregelung auslaufen lassen, könnten dann schnell Aufschläge auf US-Produkte wie Whiskey, Motorräder und Jeans fällig werden.

Wie hat die Bundesregierung reagiert?

Die Bundesregierung hat wie andere Länder der EU klar gemacht, dass es weiterhin ein gemeinsames Vorgehen der Union geben wird. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte in Berlin, ob und wann es zu Verhandlungen mit den USA komme, müsse gemeinsam im Kreise der EU-Handelsminister entschieden werden. Grundsätzlich hält er Vereinbarungen zum Abbau von Zöllen für denkbar.

„Das sollte auch mit den USA möglich sein, im Rahmen einer fairen Vereinbarung“, so der Minister Gleichzeitig sprach Altmaier aber von einer „sehr schwierigen Situation“, weil die USA viele Maßnahmen einseitig ergriffen hätten. Die Sonderzölle seien nicht vereinbar mit dem Recht der Welthandelsorganisation (WTO).

Welche Folgen befürchtet die deutsche Wirtschaft?

Kurz nach der Fristverlängerung betonte die deutsche Wirtschaftsvereinigung Stahl, dass die Handelspolitik von Trump schon jetzt negative Konsequenzen zeige. Es sei bereits zu erkennen, dass von den US-Maßnahmen betroffene Stahlprodukte nach Europa umgelenkt würden, weil es dort keine vergleichbaren Handelsschranken gebe, sagte WV-Stahl-Präsident Hans Jürgen Kerkhoff.

Auch mehrere große Stahlkonzerne befürchten, dass Stahl, der nicht mehr in die USA gelangt, den europäischen Markt überfluten und so die Preise drücken könnte. Kerkhoff betonte daher erneut, dass es auch verstärkt darum gehen müsse, die weltweiten Überkapazitäten im Stahlbereich abzubauen – besonders in China.

Welche Mengen aus Deutschland sind von den möglichen Strafen betroffen?

Grundsätzlich gelten mögliche Importzölle nur für Stahl und Aluminium in Rohform. Nach Angaben des Deutschlandfunk liefert Deutschland jährlich etwa eine Million Tonnen Stahl in die USA. Für Deutschland sind die USA nach den EU-Ländern das wichtigste Exportland.

Insgesamt führen die USA etwa 36 Millionen Tonnen Stahl jährlich ein. Unter den Handelspartner der USA nimmt Deutschland den achten Platz ein.

Welche Konsequenzen könnten die Recyclingwirtschaft treffen?

Obwohl die Recyclingbranche von den möglichen Zöllen nicht direkt betroffen ist, sind die Stahlrecycler beunruhigt. Der Strahlrecycling-Verband BDSV befürchtet, dass die Zölle die weltweiten Handelsströme umlenken werden und damit auch Absatzmärkte für den europäischen Stahlschrott wegbrechen könnten.

Ein großes Problem könnte dabei die Türkei werden. Das Land ist mit 12 Millionen Tonnen jährlich der mit Abstand größte Abnehmer von Stahlschrott aus Deutschland und liefert wiederum große Mengen Stahl in die USA. Sollte dieser Handelsweg wegbrechen und die Türkei weniger Stahl herstellen, wird auch die Schrottnachfrage merklich sinken. „Da es sich beim Stahlschrott um ein weltweites Handelsgut handelt, liegen Marktverwerfungen bei unorganisierten Eingriffen in das Marktgeschehen auf der Hand“, warnt die BDSV.

Auch der Verband Deutscher Metallhändler sieht die Zölle kritisch. „Die Umleitung von Metallströmen nach Europa kann zu einem Überangebot von Produkten und Rohmaterial und einem Druck auf die Umarbeitungslöhne führen und letztendlich auch deutsche Arbeitsplätze in Gefahr bringen“, sagte der scheidende VDM-Präsident Thomas Reuther vor wenigen Wochen.

Wie geht es in dem Streit mit den USA nun weiter?

Die EU will erst mit den USA über Handelserleichterungen verhandeln, wenn die Zolldrohung aufgehoben wird. „Als langjähriger Partner und Freund der USA werden wir nicht unter Drohungen verhandeln“, heißt es in der Stellungnahme. Zur Konfliktlösung soll es nun weitere Gespräche geben. Die EU-Handelsbeauftragte Cecilia Malmström werde ihre Diskussionen mit US-Handelsminister Wilbur Ross und dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer fortsetzen, teilte die Kommission mit.

Aus den USA wurde bereits signalisiert, dass bei der Metalleinfuhr statt Strafzahlungen auch Quoten und/oder Obergrenzen möglich sind. So hat US-Handelsminister Wilbur Ross beispielsweise dargelegt, dass eine Begrenzung auf die Liefermenge von 2017 rechnerisch den gleichen Effekt wie Zölle hätte. Obergrenzen sind allerdings in Exportländern – wie Deutschland – sehr unbeliebt.

 

© 320°/ mit Material von dpa | 02.05.2018

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