Müllentsorgung in Tongruben

Die Abfallentsorgung in Tongruben in Sachsen-Anhalt ist einer der größten Skandale der deutschen Abfallwirtschaft. Noch immer sind die Hintergründe nicht vollständig aufgeklärt. Nun wurde ein weiteres Kapitel geschlossen, ohne die Verantwortung abschließend zu klären.

Veolia und Sachsen-Anhalt schließen Vergleich


Die Tongrube Vehlitz östlich von Magdeburg hat unter Vertretern der Abfallwirtschaft traurige Berühmtheit erlangt. Rund 900.00 Tonnen Müll geshredderter Haus- und Gewerbemüll sind in der Tongrube illegal abgekippt worden, glaubt die Staatsanwaltschaft Stendal. Ob das stimmt oder nicht und wer dafür gegebenenfalls zur Rechenschaft gezogen werden müsste, wird wohl nie ans Tageslicht kommen.

Das Land Sachsen-Anhalt hat mit der Veolia Umweltservice GmbH, der Veolia Umweltservice West GmbH und der Veolia Umweltservice Süd GmbH & Co. KG eine öffentlich-rechtliche Vergleichsvereinbarung geschlossen. Mit dieser Vereinbarung sind alle in Zusammenhang mit den Tongruben Möckern und Vehlitz anhängigen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zwischen dem Land und Veolia erledigt, teilt das Wirtschaftsministerium in Magdeburg mit. Veolia zahlt ohne Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung 7,5 Millionen Euro an das Land. Damit beteiligt sich Veolia einmalig an der Gefahrenabwehr und Sanierung der Tongruben.

Im Gegenzug wird Veolia keine weiteren Sanierungsmaßnahmen in den Tongruben durchführen oder weitere Kosten für solche Maßnahmen tragen müssen. Das Verfahren gegen zwei Veolia-Manager ist somit eingestellt worden.

32 Millionen Euro gespart

Veolia hatte im Jahr 2007 den Entsorgungskonzern Sulo gekauft. Sulo wiederum hatte zuvor die Mehrheit an HRH Recycling, dem Betreiber der Tongrube Vehlitz, übernommen. Geschäftsführer von HRH wurde daraufhin der Sulo-Manager und spätere Veolia-Manager Matthias R. Er und ein weiter ehemaliger Veolia-Manager waren mitangeklagt.

Das Landgericht Stendal ging davon aus, dass die beiden Manager die Initiatoren des gesamten Modells der illegalen Entsorgung gewesen sind. Sie sollen die Verträge ausgehandelt und Businesspläne erstellt haben. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft kamen rund 100.000 Tonnen aus einer Anlage in Hannover, die zuerst von Sulo und dann von Veolia betrieben wurde. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Unternehmen auf kriminelle Weise 32 Millionen Euro an Entsorgungskosten eingespart haben. Den beiden Angeklagten sei es darum gegangen, die Bilanzen von Sulo beziehungsweise Veolia aufzuhübschen, vermutete das Gericht. Dafür hätten sie Wiegescheine gefälscht beziehungsweise umdeklariert, um die Stoffströme für die Aufsichtsbehörden nicht mehr nachvollziehbar zu machen.

Die Anwälte des Tongruben-Betreibers, Edgar E., erklärten im Jahr 2014, dass alles nach Recht und Gesetz abgelaufen sei. Edgar E. habe eine gültige Genehmigung für die Abfallablagerung in die Tongrube besessen. Auch der Entsorgungskonzern Veolia Umweltservice wies 2014 gegenüber der ZDF-Sendung Frontal 21 die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Stendal zurück. Alles sei legal gelaufen. Die Betriebsgenehmigung habe keine Vorgaben gemacht, wie der Müll zusammengesetzt sein darf. Veolia hatte Frontal 21 mitgeteilt, dass das Unternehmen kein vorwerfbares strafbares Verhalten der ehemaligen Mitabeiter erkenne. Für Veolia Umweltservice gebe es somit keinen Anlass, sich an den Kosten für die Gefahrenabwehr und Sanierung der Tongrube Vehlitz zu beteiligen.

„Wichtiges Etappenziel erreicht“

Nachdem sich Veolia nun doch an den Kosten beteiligt, ist ein Schlussstrich unter das Verfahren gesetzt worden. Mit dem Vergleich seien langjährige und kostenintensive Rechtsstreitigkeiten im beiderseitigen Interesse vermieden worden, deren Ausgang allein mit Blick auf die rechtliche Bewertung der Vorgänge für beide Seiten offen gewesen wäre, so das Wirtschaftsministerium.

„Für das Land ist mit diesem Vergleich ein wichtiges Etappenziel erreicht. Das Land wird auch weiterhin bei jeder Maßnahme der Gefahrenabwehr und Sanierung der Tongruben in Vehlitz und Möckern prüfen, diese gegenüber der Sporkenbach Ziegelei GmbH bzw. deren Insolvenzverwalter geltend zu machen“, erklärte Wirtschaftsminister Hartmut Möllring. Außerdem werde das Land auf andere Mülllieferanten zugehen, um auch diese an den Kosten für Gefahrenabwehr oder Sanierungsmaßnahmen zu beteiligen.

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