Kommissionsvorschlag

Die Pläne der EU-Kommission, eine Reihe von Einwegkunststoffprodukten zu verbieten, rufen ganz unterschiedliche Reaktionen hervor. Die Stimmen aus der Recyclingwirtschaft sind eher diplomatisch. Die Reaktionen im Überblick.

Verbot von Einwegplastik: Das sind die Reaktionen


Zwischen Zustimmung und Ablehnung: Die Reaktionen auf das mögliche Verbot von einer Reihe von Einwegkunststoffartikeln sorgt bei den betroffenen Verbänden für unterschiedliche Reaktionen. Während die Umweltverbände weitere Maßnahmen fordern, lehnt der Handel das Verbot ab. Die Recyclingwirtschaft gibt sich eher diplomatisch. Ein Überblick über die Stellungnahmen:

BDE: Asien braucht funktionierende Entsorgungsstrukturen

„In puncto Plastikmüllvermeidung sind rein symbolische Aktivitäten der falsche Weg“, sagt der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE), Peter Kurth. „Wenn es uns darum geht, den Plastikmüll in den Weltmeeren zu verhindern, dann sind funktionierende Entsorgungsstrukturen auch in den asiatischen Ländern nötig, aus denen der allergrößte Teil dieser Plastikabfälle in den Weltmeeren stammt. Europa muss die bestehenden Sammlungs- und Sortierstrukturen weiter ausbauen, hin zu einer echten Kreislaufwirtschaft.“

Der BDE fordert einen nachhaltig angelegten Kunststoffeinsatz „Dies beginnt schon bei der Herstellung des Materials. Hier muss der Produzent mit einem intelligenten Produktdesign für eine weitgehende Recyclingfähigkeit des verwendeten Materials sorgen. […] Entsorger können besser und erfolgreicher arbeiten, wenn die Hersteller von Verpackungen und Getränkeflaschen auf Verbundkunststoffe verzichten und nur sortenreine Materialien verwenden würden, die als Recyclate wieder in den Produktionskreislauf gegeben werden.“

VKU: Gut, dass Hersteller stärker in die Pflicht genommen werden

„Einweg-Plastikprodukte und -verpackungen lassen sich nur schwer recyceln und tragen wesentlich zur Vermüllung bei“, erklärt VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp. „Das sehen wir in unseren Städten (Stichwort: Littering) und besonders besorgniserregend auch in unseren Meeren. Die nationale Verpackungsverordnung hat offensichtlich ihr Hauptziel, nämlich die Vermeidung von Kunststoffverpackungen, nicht erreicht.“

Der VKU begrüßt, dass die EU-Kommission nun ausdrücklich die Hersteller stärker in die Pflicht nehmen und sie besonders an den Kosten zur Beseitigung der Vermüllung durch Einweg-Plastikprodukte und -verpackungen beteiligen will. „Der Vorschlag der Kommission ist ein erster Baustein der Plastikstrategie. Damit deren Ziele jedoch erreicht werden, sind die nächsten Schritte, wie die bevorstehende Novelle der Ökodesignrichtlinie, entscheidend: Striktere, verpflichtende Vorgaben zum Produktdesign und zur Verwendung von recyceltem Material für die Hersteller sollten folgen.“

Umweltbundesamt: Mit Verboten alleine kommen wir nicht weiter

Die EU-Pläne zum Verbot von Plastikgeschirr und Strohhalmen gehen aus Sicht des Umweltbundesamts in die richtige Richtung. „Jede Plastikgabel, die an einem Strand landet, ist eine zu viel“, erklärte Behördenchefin Maria Krautzberger am Montag. „Allerdings ist klar: Mit Verboten allein kommen wir nicht weiter.“ Entscheidend seien Anreize für die Nutzung von Mehrwegprodukten.

Für die künftig vielleicht einmal verbotenen Gegenstände gibt es nach Angaben des UBA Alternativen ohne Kunststoff, zum Beispiel Wattestäbchen ohne Plastikanteil, Einweggeschirr aus Papier oder Holz oder Strohhalme aus Metall oder Hartweizengries. Allerdings sei auch bei den Alternativen darauf zu achten, ob sie wirklich umweltfreundlicher seien, mahnt das UBA: „Aus ökobilanzieller Sicht ist es wahrscheinlich, dass einige der Alternativprodukte durchaus schlechter abschneiden als ihre Pendants aus Kunststoffen.“

HDE: Die Maßnahme ist nicht zu Ende gedacht

„Verbote einzelner Produkte führen nicht zu mehr Umweltschutz. Es geht darum, Problembewusstsein in der Gesellschaft zu schaffen. Ein Erfolgsmodell in diesem Bereich ist beispielsweise die freiwillige Vereinbarung zwischen HDE und Bundesumweltministerium zur Reduzierung der Zahl an Plastiktüten“, sagt Kai Falk, Geschäftsführer beim Handelsverband Deutschland (HDE). Mit der im Jahr 2016 geschlossenen Selbstverpflichtung konnte innerhalb eines Jahres der Verbrauch von Kunststofftragetaschen um ein Drittel verringert und damit das EU-Reduktionsziel für das Jahr 2025 in Deutschland bereits im letzten Jahr erreicht werden.

Um Plastikabfälle in Zukunft noch besser zu recyceln, setzt der HDE auf die Wirkung des ab Anfang 2019 gültigen, neuen Verpackungsgesetzes. Hier sind ambitionierte Recyclingquoten vorgesehen. Zudem sollen dort Standards für ein recyclinggerechtes Design erarbeitet und der Einsatz von Rezyklaten gefördert werden. „Jetzt ist nicht die Zeit für überhastete und nicht zu Ende gedachte Maßnahmen. Wir brauchen ein noch effizienteres Recyclingsystem. Das neue Verpackungsgesetz weist den richtigen Weg. Das sollten wir jetzt mit aller Sorgfalt umsetzen“, so Falk weiter.

Die EU-Kommission plant außerdem eine Designänderung für Getränkeflaschen aus Einwegplastik. Künftig sollen Deckel fest am Flaschenkörper angebracht sein. Der HDE sieht darin eine Verkomplizierung des gesamten Prozesses – von der Herstellung, über die Abfüllung bis hin zum Recycling. Falk: „Das verhindert das Recycling von Getränkeflaschen und ist nicht im Sinne der Idee einer Kreislaufwirtschaft.“

BUND: Das Abfallproblem ist längst außer Kontrolle

„Wir sind froh, dass die EU-Kommission endlich handelt und unterstützen alle geeigneten Maßnahmen zur Reduzierung des Plastikmülls“, sagte Olaf Bandt, Geschäftsführer Politik und Kommunikation beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Das Abfallproblem ist längst außer Kontrolle. Wir hoffen deshalb sehr, dass die neuen Regelungen schnell umgesetzt und weitere verbindliche Vorgaben folgen werden.“

„Eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft kann es nur dann geben, wenn umwelt- und gesundheitsschädliche Stoffe nicht mehr in den Recyclingkreislauf gelangen“, so Bandt. „Wenn wir unsere gesteckten Nachhaltigkeitsziele wirklich erreichen wollen, muss die EU-Plastikstrategie beides verbinden, Müll- und Schadstoffproblematik.“

Die Grünen: Verbote packen das Problem nicht an der Wurzel

„Auch wenn Verbote für besonders unsinnige und umweltschädigende Produkte sinnvoll sein können, so packen sie das Problem nicht an der Wurzel“, heißt es in einer Mitteilung der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. „Dafür muss zunächst die staatliche Subventionierung von Plastikmüll endlich ein Ende haben. Denn wie kann es sein, dass der Staat Erdöl zur Produktion von Kunststoffen nicht besteuert – im Gegensatz zur Verwendung von Erdöl für Kraftstoffe. Damit subventioniert der Staat den Plastikwahn pro Jahr mit mindestens 780 Millionen Euro.“

„In kaum einem EU-Land fällt pro Kopf so viel Kunststoffabfall an wie in Deutschland. Die Bundesregierung hat sich viel zu lange auf der vermeintlichen Vorreiterrolle des Recyclingweltmeisters ausgeruht. Strategien zur Müllvermeidung und der Ausbau der Recyclingkapazitäten wurden komplett verschlafen. Es ist bezeichnend, dass eine Initiative zur Reduzierung unseres Plastikabfalls nicht aus Berlin, sondern aus Brüssel kommt.“

Zentrale Stelle: Der Anteil an gelitterten Verpackungen ist in Deutschland im Vergleich gering

„In Deutschland gilt für Verpackungen bereits seit 25 Jahren das Prinzip der Produktverantwortung, über das duale System werden diese gesammelt und einer Verwertung zugeführt“, sagt Gunda Rachut, Vorstand Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister.

„Der Anteil an gelitterten Verpackungen, die insbesondere im Meer landen, sind in Deutschland im internationalen Vergleich gering. Die Ziele sind für Deutschland deutlich höher gesteckt, der Ressourcenschutz steht berechtigterweise im Vordergrund. Konkret wird dies mit dem Verpackungsgesetz umgesetzt, welches ab 2019 grundlegend das Niveau der Produktverantwortung nach oben entwickelt. Ambitionierte Recyclingziele werden mit Anreizen für ein recyclinggerechtes Design für alle Verpackungen sowie für den Einsatz von Recyclaten kombiniert. Dieser Weg ist nachhaltig, da er über die finanziellen Anreize die ressourcenschonende Entwicklung von neuen Technologien und Produkten in den Unternehmen fördert.“

NABU: Gefahr, dass von Einweg-Kunststoff auf Einweg-Papier oder Holz umgestiegen wird

„Der NABU begrüßt, dass die EU-Kommission das Problem Einweg-Kunststoff mit einer speziellen Richtlinie angehen und auch entsprechende Verbote vorschlägt. Allerdings birgt der vorliegende Vorschlag die Gefahr, dass von Einweg-Kunststoff auf Einweg-Papier oder Holz umgestiegen wird statt auf Mehrweg und entsprechende Pfandsysteme“, sagt Leif Miller, Geschäftsführer beim Naturschutzbund Deutschland (NABU).

„Aus der Debatte um die Plastiktüte haben wir gelernt, dass Einwegprodukte aus Papier nicht umweltfreundlicher sind. Mehrweg – auch aus Kunststoff – ist für Trinkgefäße, Geschirr und Besteck ökologisch die bessere Alternative als Papier-Einweg.

„[…] Es müssen finanzielle Anreize entwickelt werden, damit Imbisse und Cafés eigene Mehrweg-Pfandsysteme für To-Go anbieten“, so Miller. Auch sei die Abschaffung des vergünstigten Mehrwertsteuersatzes für To-Go-Speisen und Milchgetränke überfällig. „Wir brauchen auch ein Mehrweg-Gebot, wenn vor Ort konsumiert wird, denn Einweggeschirr wird leider auch immer öfter in Cafés und Schnellrestaurants, Bürogebäuden und Kantinen oder auf Messen und bei Sportveranstaltungen genutzt. Bundesländer und Kommunen sollten verpflichtet werden, Mehrweg bei Veranstaltungen im öffentlichen Raum und bei Auftragsvergaben in ihre Auflagen mit einzubeziehen.“ In der Öffentlichkeit dürfe jetzt nicht der Eindruck entstehen, mit der Initiative der EU seien die Umweltprobleme durch Kunststoff gelöst.

 

© 320° | 29.05.2018

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