Deponiesanierung

Rund 4.000 ehemalige Mülldeponien in Deutschland sind nur unzureichend gegen den Austritt von Methangas oder kontaminiertem Sickerwasser gesichert. Ein neues Verfahren will die unerwünschte Methanproduktion unterbinden.

Verfahren zur Erfassung der Restorganik


Methan entsteht in Mülldeponien dadurch, dass organisches Material von Mikroorganismen verwertet wird. „Bei der Schließung von Altdeponien ist man bis zum Jahr 1994 davon ausgegangen, dass das organische Material zuvor bereits vollständig abgebaut wurde“, erklärt Professor Frank Otto von der Technischen Fachhochschule (TFH) Georg Agricola. „Mithilfe von Probebohrungen an einer Altdeponie in Bochum konnten wir nachweisen, dass diese Annahmen nicht richtig waren und nach mehr als 35 Jahren noch fast 20 Prozent reaktionsfähiges Material vorhanden ist.“

Die Folgen dieser unerwünschten Methanproduktion lassen sich auf den meist begrünten Altdeponien sehen und riechen: Bäume und andere Pflanzen sterben ab, es entwickeln sich unangenehme Fäulnisgerüche. Das austretende Methan ist zudem rund 30 Mal schädlicher für das Klima als CO2. Otto hat deshalb gemeinsam mit dem Chemiker Jürgen Kanitz und Michael Finken vom Umweltamt der Stadt Bochum ein Verfahren entwickelt, um die unerwünschten Methanausgasungen in den Griff zu bekommen.

Durch gezielte Bohrungen wird Sauerstoff zugeführt, um die Umwandlung des noch vorhandenen organischen Materials kontrolliert anzuregen, heißt es seitens der Fachhochschule. Das entstehende Methan wird abgesaugt und kann dann beispielsweise in einem Blockheizkraftwerk energetisch verwertet werden. Erst wenn das organische Material vollständig umgesetzt und die Methanproduktion zum Stillstand gekommen ist (Inertisierung) kann die Deponie geöffnet werden, um metallische oder andere Wertstoffe zu gewinnen.

Viele Gasbrunnen haben Konstruktionsfehler

Urban Mining stellt aus Sicht der Fachhochschule eine lohnende Perspektive dar: So verbergen sich nach Angaben der Wissenschaftler auf deutschen Deponien schätzungsweise 26 Millionen Tonnen Eisenschrott, 850.000 Tonnen Kupferschrott und etwa 500.000 Tonnen Aluminiumschrott. Ist eine Wertstoffentnahme nicht wirtschaftlich, könnten vollständig inertisierte Deponien in Grünflächen umgewandelt oder sogar gefahrlos bebaut werden.

Ein zweites Verfahren, das Otto und Kanitz zum Patent angemeldet haben, behebt ein anderes Problem in Sachen Deponiegas, das vielerorts auf noch aktiven Standorten auftritt: Zwar sind dort bereits Gasabsaugungsbrunnen vorhanden, diese funktionieren aber nicht mehr einwandfrei. „Diese Gasbrunnen haben einen Konstruktionsfehler. Ihre Absaugöffnungen befinden sich zum Teil zu nah an der Deponieoberfläche, wo sich nach einiger Zeit gar kein Methan mehr bildet. Die Brunnen saugen deshalb vor allem die Umgebungsluft an und nicht das tiefer in der Deponie entstehende Deponiegas.“, erläutert Otto.

Im von den Bochumer Forschern entwickelten Verfahren werden die oberen Absaugöffnungen mithilfe eines speziellen, schnell aushärtenden Polyurethanschaums abgedichtet. „Damit können wir die Brunnen vor Ort wieder in Betrieb setzen. Das ist wesentlich effizienter und kostengünstiger, als neue Gasbrunnen zu bohren“, sagt Otto.

Beide Verfahren stellten die Bochumer Forscher Ende August auf der 15th Waste Management Conference GzO’14 (Konferenz zum Abfallmanagement) im slowenischen Ljubljana vor. Mit dabei war auch TFH-Absolvent Daniel Synnatzschke. Er hat das Verfahren der Gasbrunnensanierung in seiner Bachelorarbeit gemeinsam mit der Studentin Ziva Zivkovic von der Universität Ljubljana auf einer Deponie im slowenischen Celje erprobt. Das Gemeinschaftsprojekt wurde von Wissenschaftlern beider Hochschulen begleitet.

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