Marktüberblick

Im vergangenen Jahr wurden 79 Prozent aller Verpackungen stofflich verwertet. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das ein leichtes Minus bei fast allen Materialfraktionen. Ein Überblick über die Recyclingquoten, die Verpackungsmengen und die verschiedenen Einflussfaktoren auf den Verpackungsmarkt.

Verpackungsmarkt: Recyclingquoten, Mengen und Einflussfaktoren


Die stoffliche Verwertung von Verpackungen in Deutschland ist im vergangenen Jahr leicht zurückgegangen. Wie die Recyclingbilanz der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) zeigt, wurden 2017 insgesamt 79 Prozent der Verpackungen stofflich recycelt – 0,8 Prozentpunkte weniger als noch 2016.

Laut GVM ging die Verwertungsquote ist fast allen Materialfraktionen entweder zurück oder blieb in etwa gleich. Lediglich bei Flüssigkeitskartons zog die stoffliche Verwertung an. Leicht negativ entwickelte sich auch die Recyclingquote bei den haushaltsnah anfallenden Verpackungen. „Bis zum Inkrafttreten der verschärften Quotenvorgaben in 2019 bleibt noch viel zu tun“, sagt Kurt Schüler, Geschäftsführer der GVM. In den einzelnen Materialfraktionen entwickelten sich die Verwertungsquoten im Jahr 2017 wie folgt:

  • Glas: Von den rund 2,8 Millionen Tonnen Altglas wurden 84,7 Prozent stofflich verwertet. Im Vorjahr lag die Recyclingquote mit 85,5 Prozent etwas höher.
  • Weißblech: Von etwa 516.000 Tonnen angefallenem Weißbleich wurden 90,9 Prozent stofflich verwertet. Im Vorjahr lag die Quote mit 90,8 Prozent ganz leicht darunter. Über alle Materialfraktionen hinweg liegt die Verwertungsquote bei Weißblech am höchsten.
  • Aluminium: Von 125.000 Tonnen angefallenem Aluminium wurden 97,3 Prozent stofflich verwertet. Im Vergleich zu Vorjahr sind das 0,6 Prozentpunkte weniger.
  • Kunststoffe: Rund 3,3 Millionen Tonnen Kunststoffe sind im vergangenen Jahr angefallen. Davon wurden 49,2 Prozent stofflich recycelt – im Vorjahr waren es noch 49,5 Prozent. Die Recyclingquote ist hier im Vergleich zu den anderen Stoffströmen am niedrigsten.
  • Papier: Hier sind mit Abstand die meisten Verpackungen angefallen: Im Jahr 2017 waren es 8,2 Millionen Tonnen. Davon sind 87,9 Prozent stofflich verwertet worden. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Rückgang um 1,1 Prozentpunkte.
  • Flüssigkeitskartons: Von etwa 176.000 Tonnen angefallenen Flüssigkeitskartons wurden 77,7 Prozent stofflich verwertet. Die Verwertung hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr um 0,9 Prozentpunkte verbessert.

Trotz der überwiegend leicht rückläufigen Quoten betont die GVM: „Die stofflichen Verwertungsquoten konnten in den vergangenen Jahren erheblich gesteigert werden.“ Über alle Materialfraktionen hinweg verbesserte sich die Quote zwischen 2005 und 2016 um 4,7 Prozentpunkte. Den größten Sprung in diesem Zeitraum machten demnach Flüssigkeitskartons: Ihre Recyclingquote verbesserte sich um 15,2 Prozentpunkte. Auch bei Aluminium lag das Plus mit 11,2 Prozentpunkte hoch, ebenso bei Kunststoffen mit einer Verbesserung von 9,8 Prozentpunkten.

Gesamtanfall bei Verpackungen steigt seit Jahren stark

Leicht unter der Gesamtrecyclingquote lag der Recyclinganteil für diejenigen Verpackungen, die in Privathaushalten angefallen sind: Hier wurden insgesamt 75,6 Prozent stofflich verwertet. Wie eine weitere Studie der Arbeitsgemeinschaft Verpackung und Umwelt (AGVU) zeigt, machen die Verpackungen von privaten Endverbrauchern im Jahr 2015 etwa 47 Prozent des Gesamtaufkommens aus. Etwas gestiegen ist demnach in den vergangenen Jahren der Verpackungsabfall im Großgewerbe.

Ebenfalls über die Jahre gestiegen ist die Gesamtmenge an Verpackungen, die die Deutschen jährlich wegwerfen: Sie legte zwischen 1991 und 2015 um 2,8 Millionen Tonnen auf 18,2 Millionen Tonnen zu. Das ist ein Anstieg um 18 Prozent. Der Pro-Kopf-Verbrauch stieg im selben Zeitraum von 192 Kilogramm auf 222 Kilogramm.

Laut AGVU hat dieser Anstieg verschiedene Gründe, die sich auch gegenseitig beeinflussen:

  • Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung: Das Verpackungsaufkommen sinkt und fällt mit dem Bruttoinlandsprodukt (BIP). Das BIP hat sich seit 1991 fast verdoppelt. Beim privaten Endverbraucher machen vor allem schnell drehende Konsumgüter einen großen Anteil des Verpackungsverbrauchs aus.
  • Die veränderte Soziodemografie: Obwohl sich in den vergangenen Jahren die Bevölkerungszahl nur um 2,1 Prozent erhöhte, hat sich die Soziodemografie stark verändert. Der Anteil der Einpersonenhaushalte stieg von unter 35 Prozent auf über 41 Prozent und auch der Anteil an Seniorenhaushalte hat sich von etwa 20 auf über 27 Prozent erhöht. Außerdem sind 52,6 Prozent der Bevölkerung 2015 erwerbstätig – 1991 lag die Quote noch unter 50 Prozent. Die veränderte Demografie führt auch dazu, dass sich das Konsumverhalten der Deutschen wandelt: Es werden kleinere Füllgrößen und mehr vorportionierte Waren verkauft, außerdem wird mehr außer Haus verzehrt.
  • Neue Konsum- und Einkaufsgewohnheiten: Zwischen den Jahren 2009 und 2015 ist der Umsatz im Außer-Haus-Markt um 16,1 Prozent gestiegen. Das bedeutet auch deutlich mehr Serviceverpackungen: Deren Verbrauch hat zwischen 2000 und 2015 um 37 Prozent zugenommen. In der Gastronomie ist er sogar um 133 Prozent gestiegen. Ebenfalls für mehr Verpackungen sorgt der Trend, mehr Convenience-Produkte und vorverpackte Ware zu kaufen sowie der immer starker werdende Distanzhandel.
  • Entwicklungen auf dem Verpackungsmarkt: Laut AGVU gewinnen die drei Verpackungsfunktionen Aufbewahren, Dosieren und Portionieren immer mehr an Bedeutung.
    Bei Frischobst und Frischgemüse werden mittlerweile fast zwei Drittel der Waren vorverpackt – statt Thekenwaren wird immer mehr Fleisch, Wurst und Käse verpackt gekauft. Entsprechend hat sich die Produktmenge der Selbstbedienungsverpackungen seit 2000 mehr als verdoppelt. Um ein Kilo Fleisch zu verpacken, wurden 2015 durchschnittlich 67 Gramm Kunststoff benötigt – fünf Jahre zuvor waren es noch 30 Gramm weniger.
    Der Umsatz im Versandhandel hat sich zwischen 2006 und 2015 fast verdoppelt: Wurden im Jahr 2000 noch 1,7 Millionen Sendungen verschickt, waren es 2015 schon 2,9 Millionen und damit fast 75 Prozent mehr. Besonders auf die PPK-Verpackungen hat das Auswirkungen: Ihr Aufkommen stieg von 120.000 Tonnen im Jahr 1996 auf 1,1 Millionen Tonnen im Jahr 2015.

All diese Trends haben dazu geführt, dass Deutschland europaweit den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Verpackungen hat. So sieht es zumindest das europäische Statistikamt Eurostat. Die Autoren der Studie widersprechen dem allerdings: „Der Vergleich ist irreführend. Die Eurostat-Daten basieren auf Angaben der Mitgliedsstaaten, deren Berechnungsmethoden sich massiv unterscheiden. Die Vergleichbarkeit der Daten ist stark eingeschränkt“, heißt es in dem Bericht.

Auch bei den Recyclingquoten unterscheiden sich die Angaben von Eurostat von den Zahlen der GVM-Studie. Laut europäischem Statistikamt wurden in Deutschland im Jahr 2016 rund 70,7 Prozent der Verpackungen stofflich recycelt. Laut Kurt Schüler kommt die Differenz von über 8 Prozentpunkten daher, dass bei Eurostat weitere Verpackungsarten wie Holz und andere Metalle – darunter Stahl – mitberücksichtigt werden.

Im europaweiten Vergleich von Eurostat liegt Deutschland dennoch über dem Durchschnitt von 67 Prozent. Spitzenreiter sind Länder wie Belgien mit einer stofflichen Recyclingquote von 81,9 Prozent, Tschechien mit 75,3 und die Niederlande mit 72,6 Prozent.

 

© 320° | 20.11.2018

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