Transparenz-Offensive

Keiner soll sagen, sie hätten etwas zu verbergen: Die vier dualen Systeme BellandVision, Grüner Punkt, Interseroh und Reclay werden die Abweichungen ihrer Mengenmeldungen offenlegen. Sie fordern alle anderen Systembetreiber auf, ihrem Beispiel zu folgen.

Vier duale Systeme legen Mengen-Abweichungen offen


Die vier Systembetreiber BellandVision, Grüner Punkt, Interseroh und Reclay haben angekündigt, ihre Mengenanteile für Leichtverpackungen (LVP) offenzulegen. Darüber hinaus wollen sie auch die Abweichungen zwischen den Mengenmeldungen an die Clearingstelle und an das DIHK-Register der Vollständigkeitserklärungen (VE-Register) veröffentlichen. Damit reagieren die Systembetreiber auf die bekanntgewordene Differenz von rund 90.000 Tonnen LVP für das Jahr 2016. Aufgrund der erneuten Differenz haben inzwischen sieben von zehn dualen Systemen die bestehenden Clearingverträge gekündigt.

Die Systembetreiber BellandVision, Interseroh und Reclay haben die Prüfung der Mengenabweichungen bereits beauftragt. Beim Grünen Punkt liegen die Daten bereits vor: Die Abweichung für Leichtverpackungen (LVP) beträgt nach Angaben des Unternehmens lediglich 322 Tonnen. Das entspreche weniger als einem halben Prozent an der Gesamtmenge von 89.448 Tonnen.

„Diese Zahlen zeigen zwei Dinge deutlich: Der Grüne Punkt arbeitet sauber und die Dimension des Problems ist gewaltig“, betont Michael Wiener, CEO des Grünen Punkts. „Denn wenn der Grüne Punkt als Anbieter mit dem größten Marktanteil für einen derart geringen Teil der Abweichung verantwortlich ist, wie groß muss der Anteil dann bei manch anderem Marktteilnehmer sein?“ Selbstverständlich werde der Grüne Punkt die Abweichungen im Rahmen der nächsten Nachmeldemöglichkeit melden und den daraus resultierenden Kostenanteil tragen.

Empfehlung an Inverkehrbringer

„Die großen Differenzen zwischen den Mengen der Clearingstelle und denen des Registers der Vollständigkeitserklärungen lassen nur den Schluss zu, dass einige Systeme sowohl die LAGA M37 als auch die VerpackV nicht befolgen, und zwar auf Kosten der ehrlichen Marktteilnehmer“, so Interseroh-Geschäftsführer Markus Müller-Drexel. Gemäß der LAGA-Mitteilung M37 sind Abzüge etwa wegen Verderb nur unter bestimmten, sehr eng gefassten Voraussetzungen möglich. Kürzungen bei beteiligungspflichtigen Verkaufsverpackungen durch deren Einstufung als Transport- oder Gewerbeverpackungen sind mit der VerpackV nicht vereinbar.

„Um gar nicht erst dem Generalverdacht der Mengenmanipulation ausgesetzt zu sein, ist es für unser Haus wichtig, über eine erneute, aktuelle Prüfung durch den System-WP transparent zu machen, dass durch uns keine unlauteren Methoden zur Anwendung kommen und dadurch Mengendifferenzen verursacht werden“, erklärt Thomas Mehl, Geschäftsführer von BellandVision. Nun seien die anderen Systembetreiber gefordert, diese zweite Prüfung ebenfalls durchzuführen und damit für Transparenz zu sorgen und ihren Beitrag zu einem fairen Wettbewerb zu leisten. „Nur mit beiden Bestätigungen können Systembetreiber nachweisen, dass sie fair spielen“, betont Müller-Drexel.

„Um sicherzugehen, dass für alle gemeldeten Verkaufsverpackungen die Pflichten der Verpackungsverordnung erfüllt werden, sollten Inverkehrbringer sowohl eine Bestätigung über die Mengenkongruenz zum 30. April 2017 als auch über die Mengendifferenz bis zum 06. Juli 2017 von dem System verlangen, welches für die Lizenzierung ihrer Verkaufsverpackungen verantwortlich ist oder sich im Rahmen von Ausschreibungen hierum bewirbt“, empfiehlt Mehl. „Wer unvollständig lizenziert, gefährdet nicht nur das privatwirtschaftlich getragene duale System als solches, sondern riskiert auch empfindliche Bußgelder und Vertriebsverbote“, ergänzt Raffael A. Fruscio, Geschäftsführender Gesellschafter der Reclay Group.

Neue Clearingverträge umfassen 80 Prozent der Mengen

Um künftig mögliche Mengenmanipulationen grundsätzlich auszuschließen, haben die vier Systeme nach dem neuen Clearingvertrag vereinbart, dass der System-Wirtschaftsprüfer permanente Abgleiche der Mengenmeldungen durchführt. Ob sich auch die dualen Systeme Landbell, Veolia und Zentek den neuen Clearingverträgen anschließen werden, ist ungewiss. Die bestehenden Clearingverträge haben sie jedenfalls am 31. August gekündigt. Damit halten nur noch die Systeme ELS, Noventiz und RKD an den bestehenden Verträgen fest.

Wie BellandVision, Grüner Punkt, Interseroh und Reclay hervorheben, werden künftig bis zu rund 80 Prozent der bei den dualen Systemen gemeldeten Verpackungen nach den neuen Clearingverträgen behandelt. „Bei diesen Mengen gibt es keine unberechtigten Abzüge und keine Differenzen zwischen den an die Clearingstelle und den an das VE-Register gemeldeten Mengen, denn hier wird der Abgleich zwischen den Mengen auch nach dem Hinterlegungsstichtag am 30. April kontinuierlich überprüft“, betonen die Systeme. Die neuen Verträge würden die Regelungen der LAGA M37 in ihrer neuesten Version als verbindliche Vorgabe enthalten.

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