Photovoltaik

Der Photovoltaik-Boom der vergangenen Jahre beschert Firmen, die ein Überholungsprogramm für Solaranlagen anbieten, immer mehr gealterte PV-Module. Vor allem für die kommenden Jahre ist mit einem sprunghaften Anstieg defekter Module zu rechnen.

Wachsender Refurbishment-Markt für Solarmodule


Mehr und mehr Solaranlagen kommen ins reparaturbedürftige Alter. Mit einem sprunghaften Anstieg der Photovoltaik-Panels, die defekt sind, aber noch repariert und weiterverwendet werden können, rechnet beispielsweise das bayerische Unternehmen Rinovasol.

Im vergangenen Jahr hat Rinovasol 250.000 alte Photovoltaik-Module saniert und repariert. In diesem Jahr soll die Menge um das Dreifache auf annähernd 800.000 Stück mit einem Gesamtgewicht von 42.020 Tonnen ansteigen. Im Jahr 2019 könnte die Menge gar auf rund 900.000 Stück weiterwachsen. Diese Zahlen nannte Jan Clyncke, Geschäftsführer des Industrieverbands PV Cycle, in seinem Vortrag beim International Electronics Recycling Congress (IERC) in der vergangenen Woche in Salzburg.

Nur Glasbruch ist irreparabel

Seit 2017 arbeitet PV Cycle mit dem Sanierungsspezialisten Rinovasol zusammen. Das patentierte Verfahren ermögliche Unternehmensangaben zufolge die Sanierung von 90 Prozent aller auf dem Markt befindlichen Photovoltaik-Module. Deren Lebensdauer soll damit um bis zu 50 Jahre verlängert werden.

Die reparierten Module sollen wieder voll funktionsfähig sein. Die neu überarbeiteten Module bringt Rinovasol anschließend mit einer zehnjährigen Garantie wieder auf den Markt. Nicht zur Aufarbeitung geeignete Module werden nach dem von PV Cycle eingeführten standardisierten Ablauf recycelt.

Reparieren lässt sich dabei vieles. Nur wenn das Panel-Glas zerbrochen ist, führt der Weg direkt ins Recycling. „Zu den reparablen Schäden zählen eine gerissene oder poröse Rückseitenfolie, Delaminierung, defekte Zellen, ein defekter Anschlusskasten und Kabel oder auch Hot Spots“, führte Clyncke in seinem Vortrag aus.

Spezielle Recyclingverfahren für Dünnschichtzellen

Von einem so genannten Hot Spot spricht man, wenn innerhalb von Solarmodulen einzelne Solarzellen aufgrund von Teilverschattungen keinen Strom mehr liefern aber aufgrund des Stroms der anderen, in Reihe geschalteten Zellen, stark erhitzen. Dieser Effekt kann zu Schäden und im schlimmsten Fall sogar zur Zerstörung einzelner Photovoltaik-Module oder gar zum Brand.

Für alle irreparablen Photovoltaik-Module gibt es laut PV-Cycle-Geschäftsführer Clyncke geeignete Recyclingverfahren – egal, ob es sich um siliziumbasierte Solarmodule oder Dünnschichtmodule handelt. Mehr als 90 Prozent des heutigen Solarmarktes werden von konventionellen Zellen aus Silizium abgedeckt und bereiten keinerlei Probleme beim Recycling. „Diese können von Flachglas- oder E-Schrott-Recyclern verwertet werden“, erklärte Clyncke.

Auch für Dünnschichtzellen beispielsweise auf Cadmiumtellurid (CdTe)- oder auf Galliumarsenid- Basis gebe es bereits spezielle Recyclingverfahren. Deren Behandlungsansätze stammen dabei aus dem Recycling von Batterien oder von Abfallwasser.


Photovoltaik-Markt in Zahlen

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[su_spoiler title=“Prognosen zum Aufkommen an Photovoltaik-Abfällen“]

  • Bis 2050 könnten weltweit 78 Millionen Tonnen Photovoltaik-Abfälle anfallen. Das prognostizieren die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) und das Photovoltaik-Programm der Internationalen Energieagentur (IEA).
  • Voraussetzung ist, dass die Module nicht – wie vorhergesehen – 30 Jahre halten. Dann würden nämlich nur 60 Millionen Tonnen ausgediente Module anfallen.
  • Würden alle darin enthaltenen Sekundärrohstoffe wieder in den Kreislauf gebracht, liege deren Wert bei weit über 15 Milliarden US-Dollar, schreiben die Experten (PV-Module enthalten 78 Prozent Glas, rund 10 Prozent Aluminium, 7 Prozent Kunststoffe und 5 Prozent Metalle und Halbleiter).
  • Damit könnten zwei Milliarden Photovoltaik-Module mit einer Kapazität von 630 Gigawatt (GW) hergestellt werden.
  • In Deutschland müssen bis 2050 etwa 4,4 Millionen Tonnen Solarmodule recycelt werden, schätzen die Branchenexperten. Mit dieser Menge liegt Deutschland international auf Platz fünf.
  • Der größte Teil der Photovoltaik-Abfälle fällt bis 2050 wohl in China an: 20 Millionen Tonnen bei vorzeitigen Ausfall der Module, 13,5 Millionen Tonnen bei regulärer Lebensdauer, wie die Experten der IRENA und der IEA berechnet haben.
  • Auf Platz zwei folgten die Vereinigten Staaten mit 10,5 (7,5) Millionen Tonnen.
  • Japan rangiert auf Platz drei mit 7,5 (6,5) Millionen Tonnen.
  • Indien liegt mit 7,5 (4,5) Millionen Tonnen noch vor Deutschland auf Platz vier.

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Neuinstallationen weltweit im Jahr 2016

„]

  • Weltweit boomt der Solarmarkt. Nur nicht mehr in Deutschland und Europa. Seit dem Rekordzubau von 22.000 Megawatt im Jahr 2011 ist der europäische PV-Markt rückläufig. Das schreibt das Branchenportal der Solarenergie, Solarbranche.
  • Von den weltweit etwa 75.000 Megawatt, die im Jahr 2016 neu errichtet wurden, entfallen lediglich 6.700 Megawatt auf europäische Länder. Das sind nur noch etwa 9 Prozent.
  • Hinter dem Marktwachstum von 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr stecken hauptsächlich China, Amerika und Indien. Das geht aus Zahlen der IEA hervor.
  • Schwellenländer wie Südafrika, Chile, Mexiko, Türkei, Thailand und die Philippinen investieren demnach ebenfalls verstärkt in Solarenergie.
  • Innerhalb Europas bleibt Großbritannien beim Zubau mit etwa 2.000 Megawatt im Jahr 2016 führend.
  • In Deutschland lagen die Neuinstallationen 2016 auf einem niedrigen Niveau von etwa 1.500 Megawatt.
  • Auf dem dritten Platz in Europa landet Frankreich mit einer neu installierten Kapazität von knapp 560 Megawatt.
  • Die Ende 2016 weltweit installierten Anlagen produzieren laut IEA jährlich 375 Milliarden Kilowattstunden.
  • Solarstrom liefert damit weltweit 1,8 Prozent des Strombedarfs. In Europa liegt der Anteil bei etwa 4 Prozent. Innerhalb Europas liegen Griechenland, Italien und Deutschland mit über 7 Prozent an der Spitze. [/su_spoiler]

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Durchschnittliche Recyclingquote liegt in der EU bei 95 Prozent

Die mit den verschiedenen Verfahren erreichte Recyclingquote innerhalb der EU kann sich sehen lassen. „Die durchschnittliche Recyclingquote liegt bereits bei 95 Gewichtsprozent“, wie Clyncke unterstrich. Als Durchschnitt bezeichnet der PV-Cycle-Geschäftsführer dabei den Durchschnitt der PV-Cycle-Recyclingpartner sowie den bei allen Photovoltaik-Technologien erreichten Durchschnitt.

„Seit 2010 hat PV Cycle 17.000 Tonnen Solar-Panels gesammelt und behandelt“, sagte Clyncke. Das Rücknahme- und Recyclingprogramm für gebrauchte PV-Module präsentiert eigenen Angaben zufolge rund 90 Prozent des europäischen Solarmarkts.

Die größte Menge in der EU ist laut Clyncke bislang im Jahr 2012 zusammengekommen, und zwar über 3.700 Tonnen. Im Jahr 2016 waren es etwas mehr als 1.800 Tonnen. Gegenüber 2015 hat sich die Gesamtmenge etwa halbiert.

Für die größte Sammel- und Behandlungsmenge hat bislang Deutschland gesorgt. Mit 8.138 Tonnen ist hier etwas mehr als die Hälfte der von PV Cycle insgesamt gehandelten Menge an Alt-Modulen angefallen. Im Länder-Ranking liegt Italien mit einer Menge von 2.245 Tonnen auf dem zweiten Platz, gefolgt von Frankreich mit 1.335 Tonnen und Spanien mit 1.059 Tonnen.

Siliziumbasierte Solarpanels machen Löwenanteil aus

Da siliziumbasierte Solarpanels den größten Marktanteil haben, entfällt der mit Abstand größte Teil der zurückgenommenen Alt-Panels auf diesen Bereich. Clyncke bezifferte den Anteil dieser Panels auf 82,5 Prozent der Gesamtmenge. Dünnschichtsolarzellen aus polykristallinem CIGS machen demnach 13,2 Prozent aus.

Gebrauchte CdTe- und flexible Module sind augenscheinlich noch nicht in größeren Mengen angefallen. Deren Anteile liegen laut Clyncke bei 2,4 Prozent beziehungsweise bei 1,9 Prozent. Von den Hochleistungsmodulen der Konzentrator-Photovoltaik (CPV) hat der Industrieverband bislang noch kein einziges zurückgenommen. Dabei handelt es sich aber auch um eine noch sehr junge Technologie.

Die Idee der konzentrierten Photovoltaik ist im Grunde einfach: Das einfallende Sonnenlicht wird durch optische Linsen gebündelt, ehe es auf den Halbleiter in der Solarzelle trifft. Auf diese Weise kann der Wirkungsgrad eines Photovoltaik-Moduls deutlich gesteigert werden. Diese Technologie hat allerdings auch ihre Schattenseiten: Es ist eine direkte Sonneneinstrahlung erforderlich. Bei diffusem Streulicht bei bewölktem Himmel arbeiten CPV-Module sehr schlecht. Zudem ist diese Technik derzeit noch nicht für den Massenmarkt, sprich für kleine Photovoltaikanlagen auf dem Dach geeignet.

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