Entwicklung in Großbritannien

Die Exporte von Ersatzbrennstoffen aus Großbritannien haben 2010 quasi über Nacht eingesetzt. Seitdem kennen die Ausfuhren nur eine Richtung – steil nach oben. Wie es dazu kam und welche Auswirkungen die Entwicklung auf die Preise hat, wird in einer neuen Studie über den britischen EBS-Markt beleuchtet.

Warum Ersatzbrennstoff zum Exportschlager wurde


Im Juni 2010 gab es in Großbritannien urplötzlich einen neuen Exportschlager: Ersatzbrennstoffe (EBS). Die Entstehung des EBS-Exportmarkts hat eine einfache Erklärung. Einen Monat zuvor hatte die britische Umweltbehörde, die Environment Agency, den Export von aufbereiteten und vorbehandelten gemischten Siedlungsabfällen zugelassen. Einzige Voraussetzungen waren, dass die Abfälle den Anforderungen des Empfängers entsprechen und dass der Abfall zur Verwertung, nicht aber zur Beseitigung bestimmt sein muss. Damit hatte die Environment Agency den Export von EBS ausdrücklich erlaubt.

Kein Wunder, dass die britischen Hersteller von EBS die Gunst der Stunde genutzt haben. Denn auf den Inseln gab und gibt es nur wenige Kapazitäten zur Energieerzeugung aus Abfällen oder EBS. Zugleich wird aufgrund der steigenden Deponieabgabe in Großbritannien immer mehr EBS produziert. Aber auch die EBS-Nachfrage der Waste-to-Energy-Anlagen auf dem europäischen Festland hat zugenommen. Folglich ist die exportierte Monatsmenge von quasi Null im Juni 2010 auf 215.000 Tonnen im Januar dieses Jahres gestiegen.

EBS-Exporte UK_EmpfängerstaatenDie Entwicklung des britischen EBS-Marktes hat nun die Environment Agency in einer Studie zum EBS-Exportmarkt nachgezeichnet. Darin suggeriert die britische Umweltbehörde, dass vor allem die Überkapazitäten von Abfallverbrennungsanlagen in den Niederlanden, Deutschland und in Schweden hinter dieser Entwicklung stehen. Die drei Länder sind die Hauptabnehmer des britischen EBS. Die mit Abstand meisten EBS-Exporte (63 Prozent) gingen in den zurückliegenden fünf Jahren in die Niederlande. Seit Mitte 2013 gewinnen auch Deutschland und Schweden stetig an Bedeutung hinzu. Der Anteil der deutschen Importmengen an der seit 2010 aus Großbritannien exportierten EBS-Gesamtmenge liegt bei 14 Prozent, Schweden kommt auf 10 Prozent.

Nachfrage drückt Annahmepreise

Der Kreis der britischen EBS-Exporteure zählt derzeit an die 40 Unternehmen. Rund die Hälfte der Exporte entfällt dabei auf nur fünf Firmen. Sita UK hat laut Studie einen Anteil von 16 Prozent, Biffa Waste Services bringt es auf 12 Prozent, New Earth Solution auf 9 Prozent, Seneca Environmental Solutions auf 7 Prozent und Shanks Waste Management auf 6 Prozent. Interessant ist auch der Blick auf das andere Ende der Exportkette. Denn zwei Drittel aller EBS-Exporte gehen an nur neun Unternehmen. Es erstaunt nicht, dass hier die niederländischen Betreiber von Waste-to-Energy-Anlagen in der Mehrzahl sind.

Den größten Anteil vereint die niederländische AVR auf sich. Sie kommt auf einen Anteil von 21 Prozent. Dahinter folgt der Amsterdamer Abfallenergiebetrieb mit einem Anteil von 17 Prozent. Daneben sind HVC, Twence und Attero die weiteren Abnehmer aus den Niederlanden. Auch ein deutsches Unternehmen findet sich wieder: Die Gemeinschafts-Müll-Verbrennungsanlage Niederrhein in Oberhausen kommt auf einen Anteil von 3 Prozent.

Der größer werdende Hunger der kontinentalen Verbrenner auf importierte EBS hat auch die Preise verändert. In den vergangenen Jahren haben die Verbrenner ihre Annahmepreise für EBS auf ein Niveau gedrückt, das unter den in Großbritannien anfallenden Deponierungskosten liegt. Für niederländische Waste-to-Energy-Anlagen beziffert die Environment Agency die Annahmegebühren auf rund 33 bis 50 Pfund (ca. 46 bis 70 Euro) pro Tonne. Etwas teurer sind die deutschen Abnehmer. Diese verlangen pro Tonne zwischen rund 44 und 61 Pfund (62 bis 86 Euro). Die Preise in Schweden lägen zwischen 35 und 50 Pfund (49 bis 70 Euro) pro Tonne.

Hohe Deponierungskosten machen EBS profitabel

Die Kosten für die Entsorgung von Restabfällen auf Deponien in Großbritannien schwanken nach Angaben der Environmental Agency zwischen 94 und 135 Pfund (132 bis 190 Euro) pro Tonne. Die Behörde vermutet, dass Deponiebetreiber in Gebieten mit einer guten Anbindung an Häfen wie Felixstowe, Bristol, Southampton und Hull, sich sogar dazu gezwungen sehen, ihre Annahmegebühren so weit wie möglich zu senken, um mit den EBS-Exporten konkurrieren zu können.

Die Spannbreite für die gesamten Exportkosten von EBS in die Niederlande schätzt die Environment Agency auf 58 Pfund bis 102 Pfund (82 bis 144 Euro) je Tonne. Für Exporte zu deutschen Abnehmern würden zwischen 84 und 139 Pfund (118 bis 196 Euro) pro Tonne fällig. Ausfuhren nach Schweden kommen den Exporteur zwischen 70 und 138 Pfund (99 bis 195 Euro) je Tonne zu stehen. Die Behörde geht aber davon aus, dass in den meisten Fällen die Kosten für den Exporteur am unteren Ende der jeweiligen Spanne angesiedelt sind. Dieser Kostenunterschied zur Deponierung mache es profitabler, EBS aus den Restabfällen zu produzieren und zu exportieren, heißt es.

Wie die Entwicklung weitergehen könnte, sagt die Studie jedoch nicht. Ein Ausblick auf die kommenden Jahre sei schwierig, weil zu viele Faktoren eine Rolle spielen, heißt es. Für eine Prognose müssten erst noch weitere Untersuchungen erfolgen. Und auch die Datenlage müsste erst noch besser werden.

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