Nach der Abwertung des chinesischen Yuan

Die Abwertung der chinesischen Währung hat die Rohstoffpreise nochmals nach unten gedrückt. Allerdings ist fraglich, ob die Abwertung die Exporte aus China tatsächlich ankurbeln wird. Für den Stahlmarkt dürfte dies nicht zutreffen.

Was folgt nach dem Knall?


Von Roland Mauss, Oryx Stainless

Die Befürchtungen um China haben sich (leider) bewahrheitet. Ein regelrechter Knall ging durch die Märkte, als die chinesische Zentralbank, die People’s Bank of China (PBOC), am 11. und 12. August die chinesische Währung Yuan um jeweils rund 2 Prozent gegenüber dem US-Dollar abwertete und damit so viel wie in den letzten 20 Jahren nicht mehr. Hatte man am 11. August noch gedacht, es handele sich um eine einmalige Aktion, so war die Überraschung groß, als die PBOC am Folgetag unmittelbar eine weitere Abwertung im ungefähr gleichen Umfang folgen ließ. Und wie man aus der volkswirtschaftlichen Theorie weiß, reagieren Märkte dann am stärksten auf Ereignisse und neue Informationen, wenn diese unerwartet erfolgen. Und das war hier ohne Zweifel der Fall.

Dabei war die Maßnahme als solche gar nicht so abwegig und vielleicht sogar im Interesse der Weltkonjunktur, denn mit der Abwertung der Währung versuchte die PBOC den Export chinesischer Produkte zu unterstützen. Waren, die in chinesischer Währung eingekauft werden, sollen für das importierende Ausland billiger werden. Die Exporte waren erst im Juli um über 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr gefallen und das hatte die chinesischen Funktionäre offensichtlich alarmiert und zu diesem drastischen Schritt motiviert.

statistic_id454787_wechselkurs---chinesischer-renminbi-yuan-gegenueber-euro-2015--monatswerte-Allerdings ist es mehr als fraglich, ob die chinesische Exekutive mit der Abwertung auch tatsächlich eine Ankurbelung der Außenwirtschaft erreichen kann. Denn betrachtet man beispielsweise den Stahlmarkt im Detail, stellt man schnell fest, dass es in China ein handfestes Kapazitätsproblem gibt. In der Wachstumseuphorie hatte man in den Jahren seit der Jahrtausendwende mitunter prestigeträchtige Kapazitäten mit den modernsten Maschinen westlicher Provenienz aufgebaut, die heute bei Vollauslastung beinahe dazu genügen würden, die gesamte Welt mit Stahl und Edelstahl zu versorgen. Daher hatte man in den letzten Jahren verstärkt Stahl und Edelstahl zu Dumpingpreisen in andere Märkte exportiert, um die Kapazitäten besser auszulasten und den Angebotsüberschuss zu beseitigen. Das stellte die Wettbewerber außerhalb Chinas, die sich derweil den ökonomischen Marktgesetzen stellen mussten, auf eine harte Probe, denn diesen fehlte in der Regel der Zugang zu staatlichen Subventionen.

Kaum positive Effekte für Stahlexporte

Doch inzwischen haben viele Staaten diesen strukturell unfairen Wettbewerb erkannt und tun etwas gegen die chinesischen Billigimporte. Außenhandelsbeschränkungen in Form von Strafzöllen auf Stahlprodukte erleben weltweit eine Renaissance und man muss sagen, gar nicht zu Unrecht. In der Folge sind die Exporte nach Europa deutlich zurückgegangen, weshalb sich zunächst die übrigen asiatischen Staaten über eine neue Importflut „freuen“ durften und nun ihrerseits aus den gleichen Gründen Handelsbarrieren aufbauen.

Von daher ist, zumindest was den Stahlsektor angeht, nicht damit zu rechnen, dass die gesehenen Abwertungen irgendeinen positiven Einfluss auf die Stahlexporte Chinas haben dürften, denn die Strafzölle bewegen sich häufig in einer Größenordnung von deutlich über 20 Prozent auf den Warenwert.

statistic_id12123_edelstahl---erzeugung-in-deutschland-bis-2014Auch wenn die Nickelnotierungen an der London Metal Exchange (LME), wiederum im Gleichschritt mit anderen Rohstoffen und Assets, im Zuge der Renminbi-Anpassung noch einmal deutlich verloren haben, ist das Bild doch weit weniger schlecht, als es gegenwärtig aussehen mag. Und zwar aus folgenden häufig nicht bekannten Gründen: die Endnachfrage nach Edelstahl ist in der weltweiten Betrachtung weiterhin robust, was auch die Nachfrage nach den entsprechenden Rohstoffen unterstützt. Schrott ist auf den aktuellen Preisniveaus knapp und daher muss die Nachfrage auch vermehrt aus dem Primärbereich gedeckt werden.

Und das scheint offensichtlich auch in China zu gelten, denn die LME-Notierungen hatten zwar untertägig sogar unter USD 10.000,00/mt korrigiert, während an der Shanghai Future Exchange (SHFE) für die dort seit einiger Zeit gehandelten Nickel-Futures die Kurse in einer Bandbreite von RMB 81,800-83,000 (USD 12.785,00-12.975,00) pro Tonne gegen den LME-Trend sogar stiegen. Dabei ist zu beachten, dass der Ausweis der Notierungen an der SHFE, anders als an der LME, unter Berücksichtigung von VAT (Mehrwertsteuer) und aller sonstigen Steuern erfolgt.

Aktuelles Preisniveau ist nicht nachhaltig

Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass die für die Wirtschaftsplanung in China zuständige Behörde für die nächsten Jahre ein Wachstum zwischen 7 und 9 Prozent p.a. anpeilt, allerdings bei einem nicht unerheblichen Anstieg der Exporte. In der Vergangenheit hatten die großen Edelstahlproduzenten in Staatseigentum diese Vorgaben jenseits jeder ökonomischen Logik zu erfüllen versucht. Ob sich allerdings die Exporte vor dem Hintergrund der in vielen Teilen der Welt verhängten Antidumpingzölle einfach steigern lassen und ob die chinesischen Unternehmen auch mittel- und langfristig wider jeder Ertrags- und Kostenbetrachtung existieren können, muss sich noch zeigen.

statistic_id368064_edelstahl---produktion-in-china-bis-2014So erwartet denn auch der Stahl-Marktforscher MEPS International Ltd. für 2015 eine neue Rekord-Edelstahlproduktion, allerdings mit 42,2 Mio. Tonnen nur um 1,2 Prozent höher als im Vorjahr. Das gegenüber den Vorjahren erwartete, magere Wachstum ist insbesondere auf die deutlichen Einbußen in China zurückzuführen. Hier wird für dieses Jahr „nur“ ein Wachstum von 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr erwartet. Gründe sind die schwache Nachfrage im Heimmarkt und in den Exportmärkten sowie die erlassenen Antidumpingmaßnahmen in Europa. Und auch die Analystengemeinde ist angesichts der niedrigen Nickelnotierungen zunehmend einig, dass das aktuelle Niveau nicht mehr nachhaltig ist. Dieser Auffassung sind selbst die größten Bären unter den Auguren, denn jetzt, wo 50 Prozent der Nickelminen kein Geld mehr verdienen, wird es nicht mehr lange dauern, bis umfangreich Angebot aus dem Markt genommen wird. Denn anders als in China gibt es anderswo keine finanzielle Unterstützung für defizitäre Produzenten.

Analysten sind optimistisch

Ende Juli erfolgte eine erneute Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters zu den Erwartungen der Rohstoffanalysten bezüglich der Entwicklung der Nickelpreise und der übrigen LME-Basismetalle. Die Veröffentlichung am 23. Juli 2015 zeigte folgende Resultate: Für 2015 erwarten die Analysten nun eine durchschnittliche Nickel-Kasse-Notierung von USD 13.986,00/mt, wobei die jetzige Einschätzung natürlich nur eine Vorhersage für sechs Monate ist, da die erste Jahreshälfte bereits vergangen ist und preismäßig feststeht. Die ersten sechs Monate in 2015 wiesen einen Durchschnitt von USD 13.687,10/mt aus, so dass rein rechnerisch für das zweite Halbjahr ein Durchschnitt von USD 14.284,90/mt erwartet wird.

Ob alle Analysten bei der Abgabe der Prognose über diesen simplen mathematischen Zusammenhang nachgedacht haben, ist bei einem aktuellen Nickelkurs von unter USD 11.000,00/mt durchaus fraglich. Aber auch im Nickelmarkt soll man niemals nie sagen. Zum gleichen Zeitpunkt vor einem Jahr waren die Analysten noch von USD 15.867,25/mt Nickel ausgegangen, bei der Umfrage im Januar sogar noch von USD 17.600,00/mt.

Nur der guten Ordnung halber sei nachfolgend noch die Erwartung der Analysten in der Reuters-Umfrage für 2016 genannt: USD 17.315,00/mt soll der Mittelwert betragen. Der Leser mag selber – auf Basis der Entwicklung der Prognose versus den tatsächlichen Preisen des vergangenen Jahres – beurteilen, inwieweit ein solcher Wert überhaupt noch zielführend genannt werden kann.

Mehr zum Thema
Fragen und Antworten zum PET-Markt in Europa
Institute senken Konjunkturprognose – Nur noch Miniwachstum
Recycling von Solarmodulen: Jetzt auch für Silber
Die neue Abfall­­­verbringungsverordnung kann kommen
Erstes deutsches Unternehmen für Schiffsrecycling
„Noch wenig Hinweise auf konjunkturelle Belebung“
Forscher: Plastik ist viel großräumiger verteilt als vermutet
Elektrofahrzeuge, Kreislaufwirtschaft und erneuerbare Energien: Wie weit ist Mercedes schon?
UN-Bericht: Die Welt produziert Jahr für Jahr mehr Elektroschrott
Voestalpine will Buderus Edelstahl verkaufen