Erzeugung von Methanol

China hat die Schotten dichtgemacht und auch Recycler können mit minderwertigen Kunststoffabfällen wenig anfangen. Was andere nicht haben wollen, könnte künftig seinen Weg nach Rotterdam finden. Dort sollen die Abfälle zu Methanol aufbereitet werden.

Waste-to-Chemistry-Anlage für Kunststoffabfälle


Der kanadische Hersteller von Biokraftstoffen, Enerkem, plant den Schritt auf den europäischen Markt. Wie das Unternehmen heute bekannt gab, soll gemeinsam mit den Konzernen Air Liquide und AkzoNobel Specialty Chemicals im Hafen von Rotterdam eine Waste-to-Chemistry-Anlage realisiert werden. Ein entsprechender Projektentwicklungsvertrag wurde vor Kurzem unterzeichnet.

In der Anlage sollen nicht recycelbare Kunststoffabfälle und andere gemischte Abfälle in chemische Rohstoffe umgewandelt werden, wie es heißt. Konkret ist geplant, in zwei Linien bis zu 360.000 Tonnen Abfälle zu verarbeiten. Das entspreche der Jahresabfallmenge von 700.000 Haushalten. Das Material wird zunächst in Synthesegas und schließlich in 220.000 Tonnen oder 270 Millionen Liter Methanol überführt. Abnehmer seien die chemische Industrie und der Transportsektor.

Unterstützung durch Ministerium

Laut Enerkem wird die Anlage im Botlekgebiet des Rotterdamer Hafens entstehen. So könne sie von der hochmodernen Infrastruktur profitieren. Darüber hinaus ergäben sich Synergien mit Air Liquide bei der Belieferung mit dem erforderlichen Sauerstoff und mit AkzoNobel bei der Belieferung mit Wasserstoff. AkzoNobel sei außerdem einer der Methanol-Abnehmer.

„Dies ist ein wichtiger Meilenstein für das Projekt und ein bedeutender Schritt in Richtung einer nachhaltigen und kreislaufbasierten chemischen Industrie“, sagte Marco Waas, Leiter Forschung, Entwicklung und Innovation bei AkzoNobel Specialty Chemicals. Zudem komme die Vereinbarung angesichts der aktuellen Herausforderungen beim Kunststoffrecycling in Europa genau zur richtigen Zeit. „Wir können nicht recycelbare Abfälle in Methanol umwandeln, einen Grundbaustein für zahlreiche Produkte des täglichen Lebens, unter anderem für kohlenstoffarme Transportkraftstoff. Dieses kann nicht nur in bestehenden Lieferketten verwendet werden und fossile Quellen ersetzen, sondern vermeidet auch CO2-Emissionen, die ansonsten bei der Abfallverbrennung entstehen.“

Rückenwind für das Projekt gibt es auch seitens der Stadt Rotterdam, der Provinz Zuid-Holland und der regionalen Entwicklungsagentur InnovationQuarter. Des Weiteren steht es offensichtlich beim niederländischen Ministerium für Wirtschaftsangelegenheiten und Klimapolitik auf der Prioritätenliste. Enerkem zufolge will das Ministerium, Mechanismen und Vorschriften auszuarbeiten, „die helfen sollen, diese neue Technologie zum vollen Einsatzumfang zu bringen, um die Klimaziele der niederländischen Wirtschaft zu unterstützen.“

Investition von 200 Millionen Euro

Das kanadische Unternehmen rechnet mit einer Investition von insgesamt circa 200 Millionen Euro. Die endgültige Entscheidung darüber wolle das Konsortium zu einem späteren Zeitpunkt 2018 fällen. Als leitender Berater für den Finanzierungsprozess wurde die niederländische Rabobank beauftragt. Allerdings seien die Anfangsinvestitionen für Konzeption, die Gründung eines Joint-Ventures und den Abschluss des Genehmigungsprozesses in Höhe von 9 Millionen Euro abgedeckt.

Enerkem produziert nach eigenen Angaben in einer Anlage bei Edmonton bereits seit 2016 Biomethanol aus Abfall. Im September 2017 startete das Unternehmen die kommerzielle Produktion von Zellulose-Ethanol aus Müll. In der Single-line-Anlage sollen pro Jahr über 100.000 Tonnen nicht recycelbare, nicht kompostierbare, gemischte feste Siedlungsabfällen verwertet werden. Methanol wie Ethanol sind Bausteine für die Herstellung von zum Beispiel Olefinen.

 

© 320°/bs | 19.02.2018

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