Forschungsprojekt

Feinkörniger Bauschutt aus dem Abbruch wird meist deponiert. Dabei könnte das Material für den Hochbau gut gebraucht werden. Forscher arbeiten bereits an einem Sortierverfahren. Ihr Ziel: Die Verwertung der Feinfraktionen für die Herstellung von Porenbeton.

Wie sich feinkörniger Bauschutt hochwertig recyceln lässt


In Deutschland fallen jährlich rund fünf Millionen Tonnen an feinkörnigem Bauschutt aus dem Abriss von Bauwerken und Infrastruktur an. Bislang landen Bestandteile, die kleiner als zwei Millimeter sind, auf Deponien oder werden im Straßenbau verwendet. Doch Forschern schwebt eine Verwertung im Hochbau vor – als Ersatz für Bausand, der aufgrund des weltweiten Baubooms immer knapper wird.

Dubai etwa musste Sand aus Australien importieren, um den Wolkenkratzer Burj Khalifa zu bauen. Der eigene Wüstensand eignete sich nicht dafür, erklärt die Fraunhofer-Gesellschaft. Selbst in Deutschland mit seinen vorhandenen Vorkommen an Kies und Sand sei die Verfügbarkeit begrenzt.

Projekt „BauCycle“

Die Fraunhofer-Institute für Bauphysik IBP, für Materialfluss und Logistik IML, für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT und für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB haben sich deshalb im Projekt „BauCycle“ zusammengeschlossen, um für Bauschutt neue Anwendungsmöglichkeiten für den Hochbau aufzuzeigen. „Würde man den feinkörnigen Bauschutt recyceln, der aus den Hauptkomponenten Kalksandstein, Ziegel, Beton und geringen Anteilen Gips besteht, könnte man dem Sandmangel langfristig entgegenwirken“ meint Volker Thome, Projektleiter und Wissenschaftler am Fraunhofer IBP.

Im ersten Schritt muss dafür der unterschiedlich zusammengesetzte Schutt sortiert werden, wobei vor allem die Gipspartikel selektiv getrennt werden, da sie ein entscheidendes Kriterium für die Wiederverwertbarkeit der Betonfraktion darstellen. Hierfür entwickelten die Forscher ein opto-pneumatisches Sortierverfahren für Feinfraktionen, das neben Farb- und Helligkeitserkennung auch chemische Unterschiede in den Partikeln wie sulfatisch oder silikatisch erkennt und nach diesen Kriterien trennen kann.

„Die Bestandteile werden vereinzelt und über ein Förderband transportiert. Eine Infrarotkamera mit speziellen Filtern erkennt die unterschiedlichen Feinfraktionen“, beschreibt Thome das Verfahren. „Am Ende des Förderbands fallen die Partikel im freien Fall an Düsen vorbei, die die Hauptkomponenten mittels gezielter Luftdruckstöße in unterschiedliche Behälter schießen.“

Inzwischen ist es Thome und seinem Team gelungen, Partikel mit einer Größe von einem Millimeter voneinander zu unterscheiden. Mithilfe der Technologie lasse sich ein Durchsatz von 1,5 Tonnen pro Stunde erzielen.

Aus Bauschutt wird Porenbeton

Im Idealfall lassen sich vier reine Mischungen wiederverwerten, erklären die Wissenschaftler. Diese könnten für die Herstellung von Porenbeton genutzt werden, einem leichten Baustoff mit guter Wärmedämmung. Dieser eignet sich für den Bau zweistöckiger Häuser, aber auch als Isoliermaterial in Innenräumen.

Tests ergaben, dass Mischungen aus Beton und Kalksandstein ebenfalls wiederverwertbar sind und sich als sekundärer Rohstoff für die Produktion von Porenbeton mit konkurrenzfähigen Festigkeiten eignen. Beste Ergebnisse erzielten die Experten mit einem Mix aus 80 Prozent Kalksandstein und 20 Prozent Altbeton.

Ein weiteres Ergebnis des Projekts: Aus den Komponenten Ziegel und Altbeton lassen sich Geopolymere herstellen, ein zementfreier Baustoff mit betonähnlichen Eigenschaften was die Festigkeit und Säureresistenz anbelangt. Zudem zeichnen sich die Geopolymere durch eine sehr gute CO2-Bilanz aus.


Infografik: Sand wird immer teurer | Statista


Rohstoffbörse in Planung

Nach Überzeugung der Wissenschaftler lässt sich das Recyclingkonzept für feinkörniges Material aus dem Baubereich auch auf andere Branchen übertragen, die mit ähnlichen Feinfraktionen arbeiten. Solche Fraktionen fallen in vielen mechanischen Aufbereitungsanlagen an, etwa beim Recyling von Glas oder in der Bergbauindustrie.

In Planung ist darüber hinaus eine Rohstoffbörse in Form einer Marktplattform, auf der Rohstofflieferanten und Recyclingbetriebe ihre Produkte anbieten können. Baustoffproduzenten wiederum können hier die benötigten Materialien beziehen. „Bislang gibt es keine Vermarktung von Recycling-Produkten in etablierten Märkten. Das Vertrauen und das Wissen über diese Sekundärrohstoffe fehlt. Diese Lücke wollen wir mit der Rohstoffbörse füllen“, so Thome.

 

© 320° | 25.10.2018

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