Altholz-Heizkraftwerk

Die Effizienz von Altholz-Kraftwerken wird immer wieder diskutiert. Eine oft gehörte Frage lautet, wohin mit der Wärme. Ein Betreiber aus Mecklenburg-Vorpommern hat einen Weg gefunden, Wärme aus Abgas sehr viel effizienter zu nutzen.

Wie sich mit kleiner Investition der Wirkungsgrad um zehn Prozent erhöhen lässt


Etwa 40 Minuten südwestlich von Schwerin entfernt, in Hagenow, betreibt das Unternehmen Biotherm ein Biomasse-Heizkraftwerk. Bis vor drei Jahren wurden ausschließlich Strom und Prozessdampf erzeugt. Seit Oktober 2015 verkauft der Eigentümer zusätzlich 24 Gigawattstunden Wärme pro Jahr an eine Trocknungsanlage vor Ort – hergestellt aus heißem Abgas.

Die Idee dazu ist den Betreibern gekommen, weil das Abgas bis dato mit circa 200 Grad Celsius den Kamin des Heizkraftwerks gen Atmosphäre verließ und dadurch der Brennstoffnutzungsgrad drückte. „Abgastemperaturen von mehr als 140 Grad Celsius sind unüblich“, erklärte Dieter Uffmann, Geschäftsführer von Biotherm, bei der diesjährigen Berliner Abfallwirtschafts- und Energiekonferenz.

Auf der Suche nach einem geeigneten Abgaswärmetauscher stießen er und die Verantwortlichen auf eine Komponente aus Fluorpolymer. Wie Uffmann erläuterte, ist das Material im Vergleich zur Edelstahlvariante korrosionsfest gegenüber den im Abgas enthaltenen Säuren. Zudem könne es bei bis zu 260 Grad Celsius eingesetzt werden und sei unempfindlich gegenüber Vibrationen.

Zugleich ist das Material verantwortlich dafür, dass der Tauscher effizient arbeitet. Mit dem Werkstoff kann das circa 200 Grad heiße Abgas laut Uffmann bis nahe an den sogenannten Schwefelsäuretaupunkt abgekühlt werden. Der liegt üblicherweise zwischen 120 und 150 Grad Celsius. „Der Vorteil dabei ist, es fällt kein Kondensat aus den Abgasen an, das aufwendig entsorgt oder nachbehandelt werden muss, und wir können mehr Wärme nutzen“, so Uffmann. Er ergänzt; „Ein aus Stahl gefertigter Wärmetauscher hätte nur bei Abgasaustrittstemperaturen von mehr als 140 Grad Celsius sicherstellen könne, dass der Säuretaupunkt nicht unterschritten wird.“ So wären aber erhebliche Wärmemengen verloren gegangen.


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[su_spoiler title=“Biomasse-Heizkraftwerk Hagenow“]

  • Biotherm betreibt seit 1997 ein Biomasse-Heizkraftwerk mit drei Verbrennungslinien. Die Anlage ist aus dem Umbau eines Braunkohlekraftwerks entstanden.
  • Verwertet werden Altholz der Klassen AI (naturbelassenes oder lediglich mechanisch bearbeitetes, kaum belastetes Altholz) und AII (Holz mit Lacken und Farben, verleimtes Holz ohne halogenorganische Verbindungen oder Holzschutzmittel) sowie weitere biogene Brennstoffe.
  • Bei der Verbrennung wird thermische Energie erzeugt, die in Abhitzekesseln auf Wasserdampf übertragen und dann zur Stromerzeugung einer Turbine zugeleitet wird. Die Turbine entspannt den Wasserdampf und treibt mit der frei werdenden Energie einen Generator mit einer Leistung von fünf Megawatt an.
  • In der Anlage werden pro Jahr 72.000 Tonnen Brennstoff verbraucht. Daraus werden jährlich 40.000 Megawattstunden Strom und 100.000 Megawattstunden Prozessdampf erzeugt.[/su_spoiler]

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Als das Material gefunden war, ging alles ziemlich schnell. Zwischen Auftragserteilung im Oktober 2014 und Inbetriebnahme im April 2015 verging nur ein halbes Jahr. Der Wärmetauscher musste nur in die vorhandene Abgasleitung hinter der Abgasreinigung aus Zyklon und Schlauch-Gewebefilter integriert werden. Ferner wurden die ehemals separaten Abgasleitungen der drei Verbrennungslinien zusammengefasst und münden nun in die Anströmhaube des Abgaswärmetauschers. Der ursprünglich bestehende Kaminanschluss wurde Uffmann zufolge als Bypass beibehalten. Ein Eingriff in die bestehende Mess- und Regeltechnik des Kraftwerkes sei für das Projekt ebenfalls nicht notwendig gewesen.

Die Erzeugung der Wärme aus Abgas für die Trocknungsanlage funktioniert in Hagenow wie folgt:

  • Zunächst wird das heiße Abgas in dem Abgaswärmetauscher horizontal um die Rohre geführt. Dabei gibt das Gas seinen Wärmeinhalt über die Rohrwand an das durch die Rohre geführte kalte Kreislaufwasser ab.
  • Der so gewonnene Wärmeinhalt wird anschließend über einen geschlossenen Pumpenkreislauf dem Trockner zugeführt.
  • Im Regelbetrieb (drei Verbrennungslinien) werden insgesamt drei Megawatt Wärme auf einem Temperaturniveau von 110 Grad Celsius generiert. Im Zweilinienbetrieb werden noch 2,4 Megawatt Wärme erzeugt.

„Der thermische Wirkungsgrad des Biomasse-Heizkraftwerkes in Hagenow erhöht sich bei Betrieb des Abgaswärmetauschers um etwa zehn Prozent“, stellte Biotherm-Geschäftsführer Uffmann zufrieden fest. Ein weiterer Pluspunkt sei die Wirtschaftlichkeit: „Da der Betrieb des Wärmetauschers keinen zusätzlichen Brennstoffbedarf erfordert und sonstige Betriebskosten gegen null tendieren, bleiben ausschließlich die Kapitalkosten übrig.“ Unter diesen Voraussetzungen ergebe sich eine Amortisationszeit von weniger als einem Jahr.

Auch bei den Wartungkosten sei kein größerer Posten zu kalkulieren. Eine regelmäßige Reinigung der Überträgerschläuche – dreimal wöchentlich, zwei Minuten – mit einfachem Wasser über einen integrierten Düsenstock reicht laut Uffmann, um den mechanischen Belastungen eventuell vorhandener Flugascheablagerungen entgegen zu wirken. „Sollte dennoch einmal ein Überträgerschlauch einen Defekt aufweisen, lässt sich dieser tauschen oder gegebenenfalls blind setzen.“

 

© 320°/bs | 13.03.2018

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