Energiestrategie der BSR

Berlin produziert deutlich mehr Energie aus Abfall als alle anderen Großstädte. Künftig will die BSR noch mehr alternative Energien produzieren, betonte BSR-Chefin Vera Gäde-Butzlaff auf der Berliner Abfallwirtschaftskonferenz.

„Wir treten als Nebenversorger auf“


Das Thema Wirtschaftlichkeit scheint eine große Rolle zu spielen bei den Berliner Stadtreinigungsbetrieben (BSR). Immer wieder kam die BSR-Chefin Vera Gäde-Butzlaff in ihrem Vortrag auf der Berliner Abfallwirtschaftskonferenz darauf zu sprechen. Die Gewährleistung niedriger Gebühren und die Tarifstetigkeit ermögliche nachhaltiges Handeln und gewährleiste einen dauerhaften Unternehmenserfolg, erklärte sie den über 500 Teilnehmern der Konferenz.

Die BSR definiert sich inzwischen als „Ressourcen- und Stoffstrommanager“. Dahinter steht das Ziel, sich nicht ausschließlich auf die Kerngeschäftsfelder der Abfallsammlung und Abfallbehandlung sowie die Flächenreinigung zu fokussieren, sondern auch „Unterstützungsfunktionen“ wie beispielsweise das Fuhrpark- und das Immobilienmanagement mit zu integrieren. Vor diesem Hintergrund hat der kommunale Entsorger eine Energiestrategie für die Entwicklung seiner Energiepolitik bis zum Jahre 2020 entwickelt. Das Ziel: die Optimierung der stofflichen und energetischen Verwertung.

Ziel sei es, das gesamte Unternehmen für die Umsetzung der Energiestrategie zu mobilisieren, erklärte Gäde-Butzlaff. Hierzu sei die Abteilung Energie, Umwelt und Innovation neu aufgebaut und direkt in der Geschäftseinheit Vorstandsbüro angesiedelt worden. Die BSR sei bereits heute ein Erzeuger alternativer Energien. So werden in den unterschiedlichen Abfallbehandlungs- und Aufbereitungslagen der BSR etwa 2,5 Mio. MWh an Energie gewonnen. Dass entspreche rund 3 Prozent des Primärenergieverbrauchs von Berlin in Höhe von etwa 83,3 Mio. MWh pro Jahr, erklärte die Vorstandschefin. Im Bundesvergleich ist dieses Verhältnis deutlich schlechter. Von den etwa 3,75 Mrd. MWh Primärenergieverbrauch pro Jahr werden nur etwa 0,8 Prozent durch die Verwertung von Abfall bereitgestellt.

„Die BSR ist nicht nur ein Entsorgungsunternehmen, sondern spielt auch eine Rolle als Nebenversorger“, betonte Gäde-Butzlaff. Diese Rolle habe auch eine bedeutsame Wirtschaftlichkeitskomponente, weil die Erlöse aus der energetischen Verwertung die Tarife der BSR um etwa 5,0 Prozent entlasten würden. Die Energieerzeugung bei der BSR erfolgt dabei über verschiedene Anlagen:

  • Im Müllheizkraftwerk Ruhleben werden jährlich 180.000 Megawattstunden Strom und 640.000 Megawattstunden Fernwärme erzeugt.
  • Die Blockheizkraftwerke auf den stillgelegten Deponien Schwanebeck, Schöneicher Plan und Wernsdorf produzieren aus der im Gas enthaltenen Energie Strom und Wärme. Die jährlich erfasste Menge an Deponiegas auf den drei Deponien beträgt etwa 30 Millionen Kubikmeter. Auf den drei Deponien werden jährlich über 50.000 Megawattstunden Strom produziert. Auf der Deponie Schwanebeck werden zusätzlich jährlich 30.000 Megawattstunden thermische Energie erzeugt, die über das nahe gelegene Heizkraftwerk Berlin-Buch in das Fernwärmenetz eingespeist wird.
  • In der Sperrmüllaufbereitungsanlage am Standort Gradestraße hat die BSR im Jahr 2011 etwa 93.000 Tonnen Ersatzbrennstoffe mit einem Energiegehalt für etwa 106.000 Megawattstunden Strom und 29.500 Megawattstunden Fernwärme hergestellt. Zusätzlich werden etwa 91.000 Megawattstunden Prozesswärme aus den erzeugten Ersatzbrennstoffen hergestellt. In Berlin-Reinickendorf und in Berlin-Pankow betreibt die BSR zusammen mit Alba zwei mechanisch-physikalische Stabilisierungsanlagen (MPS-Anlagen), in denen 2011 rund 169.000 Tonnen Ersatzbrennstoffe aufbereitet wurden.

Darüber hinaus hat die BSR im Jahr 2012 mit dem Bau einer eigenen Vergärungsanlage mit einer Jahreskapazität von etwa 60.000 Tonnen begonnen. Damit kann die derzeit in Berlin anfallende Bioabfall-Menge verarbeitet werden. Da die BIOGUT-Tonne heute sehr bewusst durch die Berliner Bevölkerung genutzt werde, sei der gesammelte Bioabfall qualitativ für die Vergärung gut geeignet, so Gäde-Butzlaff.

Das erzeugte Rohbiogas wird auf Erdgasqualität aufbereitet und als Kraftstoff dem eigenen Fuhrpark zur Verfügung gestellt. Für die Realisierung wird das Bioerdgas in das öffentliche Gasnetz eingespeist. Die eingespeisten Erdgasäquivalente lassen sich anschließend an drei Gastankstellen, die auf unterschiedlichen Liegenschaften der BSR errichtet wurden, entnehmen. Mit den Bioabfallmengen von etwa 60.000 Tonnen pro Jahr könnten etwa 2,5 Millionen Liter Diesel substituiert werden, erklärte die Managerin. Dafür werde ein Teil des Fuhrparks im Rahmen von Ersatzbeschaffungen sukzessive auf Bio-Erdgas betriebene Abfallsammelfahrzeuge umgestellt.

Der Berliner Entsorger hat ferner in neue Müllsammelfahrzeuge mit Ergasantrieb investiert. Inzwischen verfügt das Unternehmen über 135 gasbetriebene Sammelfahrzeuge und eigene Erdgastankstellen. Künftig würden rund 60 Prozent des gesamten Hausmülls und Bioabfalls in Berlin durch erdgasbetriebene Fahrzeuge transportiert. Gemeinsam mit Mercedes betreibt die BSR den ersten Hybrid-LKW als Müllfahrzeug. Mit Bremskraftrückgewinnung, elektrischem Anfahren und elektrifiziertem Aufbau habe der Plug-in-Hybrid ein Viertel weniger Kraftstoff als ein Müllfahrzeug mit Dieselantrieb, so Gäde-Butzlaff.

Die BSR hat das Auto im Rahmen eines einjährigen Feldversuchs ausgiebig getestet. Bis zur Serienproduktion müssen die hohen Anschaffungspreise aber noch deutlich verringert werden, da sonst eine Amortisation durch den geringeren Treibstoffverbrauch nicht darstellbar ist, erklärte sie. Im Jahr 2012 genügten 95 Prozent der BSR-Flotte einer Emissionsklasse besser oder gleich Euro III. 43 Prozent der Fahrzeuge erfüllten die strikten Normen der Emissionsklasse Euro V.

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