wastebox.biz

Seit 18 Monaten ist die App wastebox.biz am Markt. Betrieben wird sie vom österreichischen Entsorger Saubermacher. Wie erfolgreich ist die Plattform bislang? Wie funktioniert sie und welche Ziele verfolgt sie? Antworten gibt der Sprecher des Vorstands Ralf Mittermayr im Interview mit 320°.

„Wir wollen das Amazon der Entsorgungs-Wirtschaft werden“


Die Entsorgerfirma Saubermacher hat wastebox.biz im Herbst 2016 auf den Markt gebracht. Mithilfe der App sollen Baufirmen einfach und transparent die Entsorgung ihrer Abfälle organisieren können. Dadurch würden die Prozesskosten für Baufirmen sinken, verspricht Saubermacher. Ralf Mittermayer ist seit 2014 Mitglied des Vorstands bei dem österreichischen Entsorger. Seit 2017 ist er Sprecher des Vorstands. Zuvor war Mittermayr Geschäftsführer des österreichischen IT-Unternehmens Infonova.

Herr Mittermayr, das Entsorgungsgeschäft ist vielfach regional und ein Handschlag-Geschäft. Man kennt sich und macht die Geschäfte vor Ort. Wozu braucht es dann eine Online-Plattform, wenn sich Bauunternehmer und Entsorger ohnehin schon kennen?

Saubermacher
Saubermacher

Dafür gibt es mehrere Gründe. Ausgangspunkt unserer Idee für wastebox war der Umstand, dass in Österreich rund 10.000 Bauunternehmen auf etwa 300 Entsorger treffen. Dabei gibt es keinen Entsorger, der flächendeckend tätig ist. Die Bauunternehmen benötigen aber zunehmend flächendeckende Lösungen. Unsere Überlegung war deshalb, beide Seiten über die Plattform wastebox zusammenzubringen, weil wir überzeugt sind, dass beide Seiten von einer solchen Plattform profitieren können.

Welchen Vorteil hat eine Baufirma, wenn sie mit wastebox zusammenarbeitet?

Baufirmen sind in der Regel an der einfachsten und kostengünstigsten Entsorgung ihrer Abfälle interessiert. Das liegt daran, dass die Muldenentsorgung weitgehend standardisiert ist. Eine Differenzierung am Produkt ist praktisch nicht möglich. Die Produkte sind gleich, der Kundenservice ist es meistens auch und insofern sind es die Kosten und die Abwicklung des Entsorgungsprozesses, die entscheidend sind. Genau das kann man mit wastebox effizient machen. Die Baufirmen schließen einen Vertrag mit wastebox und wastebox organisiert den Entsorgungsprozess. Ein Fertighausanbieter, der in ganz Österreich tätig ist, musste bislang für die Muldenentsorgung mit 30 bis 40 Entsorgern zusammenarbeiten. Jetzt hat er nur noch einen einzigen Ansprechpartner, nämlich wastebox.

Baufirmen können also nicht eigenständig ihre Angebote bei wastebox einstellen, sondern wastebox akquiriert die Aufträge bei den Baufirmen und stellt sie dann auf die Plattform?

Genau. Wastebox verhandelt mit dem Kunden einen Entsorgungspreis und wenn wastebox den Auftrag erhält, schließen wir mit dem Kunden eine Jahresrahmenvereinbarung. Mit der Beauftragung durch den Kunden wird wastebox Abfallbesitzer und wir beauftragen dann die Entsorger mit der tatsächlichen Entsorgung.

Und wie kommt der Entsorger an den Auftrag?

Ein Entsorger kann als Partner mit wastebox zusammenarbeiten. Der Entsorger gibt hierzu einen Mindestpreis an, zu dem er bereit ist, die Entsorgung zu übernehmen – nehmen wir als Beispiel einen Preis von 220 Euro. Hat wastebox einen Auftrag zu vergeben, für den wir mehr als 220 Euro zahlen, bekommt der Entsorger diesen Auftrag angezeigt und kann ihn bei Bedarf annehmen. Dabei gilt: First come, first serve. Den Zuschlag bekommt also derjenige Entsorger, der den Auftrag als erstes annimmt.

Was passiert, wenn der Entsorger einen Mindestpreis unterhalb von 220 Euro angegeben hat?

Dann zeigt wastebox ihm das Angebot gar nicht an, weil es für ihn ja nicht in Frage kommt.

An welcher Stelle verdient wastebox in diesem Prozess?

Wir ziehen vom Preis, den wir von der Baufirma erhalten, 15 Prozent ab. Daraus resultiert dann der Preis, den wir dem Entsorger anbieten. Für die Gebühr von 15 Prozent übernehmen wir die Auftragsakquise für den Entsorger und organisieren für ihn die Logistik beziehungsweise Entsorgung. Ist der Auftrag abgewickelt, erhält der Entsorger eine Gutschrift, wir ersparen ihm also die Rechnungstellung. Und zu guter Letzt tragen wir auch das Ausfallrisiko.

Und wie kommt das Angebot bei den Entsorgern an?

Sehr gut. Wir haben in Österreich auf Entsorgerseite inzwischen 50 Partner. Davon sind sechs Unternehmen direkt oder indirekt mit Saubermacher verbunden. Aber natürlich sind alle Partner bei wastebox gleichberechtigt. Die Erfahrung, die wir bislang gemacht haben, zeigt, dass vor allem kleinere Entsorger großes Interesse an unserem Angebot haben. Weil sie nämlich froh sind, wenn Overheadkosten und Akquisekosten entfallen. Mit den 50 Partnern ist wastebox der mit Abstand größte Baustellenentsorger in Österreich – ohne ein eigenes Fahrzeug zu besitzen.

Wastebox ist bislang ausschließlich im Bereich Baustellenentsorgung tätig. Wann wollen Sie das Geschäftsmodell auch auf anderen Märkten ausrollen?

Sie meinen auf anderen Abfallmärkten? Oder in anderen Ländern?

Beides.

Wir haben uns bewusst dazu entschieden, uns zunächst auf Bauabfälle und ein Land, nämlich Österreich, zu fokussieren. Wir haben derzeit rund 2.000 Transaktionen im Monat, 18 Monate nach dem Start. Geplant ist für dieses Jahr ein Umsatz von 4,5 Millionen Euro. Das ist schon mal eine ziemlich gute Leistung, wie wir meinen. Unser Ziel ist es, in drei Jahren auf 10.000 Transaktionen pro Monat zu kommen. Und natürlich ist es unser Ziel, in naher Zukunft die Plattform auf andere Abfallströme auszuweiten und in anderen Ländern zu verbreiten.

Ist die App grundsätzlich für alle Abfallarten einsetzbar?

Ja, in jedem Fall. Wastebox ist eine Systemabbildung, mit der alle Abfallarten gemanagt werden können. Nehmen Sie das Beispiel Lithium-Ionen-Batterien. Dafür brauchen Sie keine Mulden, aber die passenden Transportbehälter. Die können wir dann liefern.

Sie haben vor Kurzem die Kooperation mit Veolia Deutschland bekanntgegeben. Wann wird wastebox in Deutschland an den Start gehen?

Das wird schon bald der Fall sein. Wir freuen uns, dass wir Veolia von wastebox überzeugen konnten. Veolia hatte nämlich dieselbe Idee und das Potential der wastebox sofort erkannt. Veolia hat die Lizenz für Deutschland, Frankreich und England erworben und wird nun das wastebox-Modell in diesen Ländern ausrollen. In diesem Monat werden die ersten Tests in Deutschland starten.

Wird sich Veolia im ersten Schritt ebenfalls auf Baustellenabfälle beschränken?

Veolia übernimmt die bestehende Plattform im Franchisesystem, also ja.

Veolia ist ein Entsorgungskonzern, der bereits über große Mengen verfügt. Als Betreiber von wastebox könnte Veolia auch die Logistik- und Entsorgungsdienstleistung getrennt voneinander ausschreiben. Veolia bliebe dann Abfallbesitzer und könnte noch mehr Mengen für die Entsorgung oder Vermarktung bündeln. Damit würden sich die Machtverhältnisse zugunsten von Veolia klar verschieben, oder?

In manchen Fällen könnte diese Variante durchaus sinnvoll sein, etwa wenn es darum geht, ein Gegengewicht zu den Deponien zu schaffen. Bislang liefern hunderte Kleinentsorger an Deponien, mit wastebox hingegen würde ein Großentsorger entstehen, der dann andere Preise gegenüber den Deponien durchsetzen kann. Denkbar ist die Trennung von Logistik und Entsorgung auch dann, wenn es darum geht, ausreichend Mengen zu generieren, um neue Geschäftsfelder verlässlich aufzubauen. Niemand will Verträge mit 300 Entsorgern machen, sondern der Kunde sucht einen verlässlichen Partner, der konstante Recyclingmengen liefern kann. Vorstellbar ist darüber hinaus aber auch, dass wastebox für andere Entsorgungsunternehmen tätig wird.

Inwiefern?

Wastebox könnte im Auftrag anderer Entsorgungsunternehmen die Logistikleistungen organisieren. So könnten Entsorger sich darauf konzentrieren, Aufträge zu akquirieren. Große Abfallwirtschaftsunternehmen beispielsweise arbeiten derzeit mit vielen Subpartnern zusammen. Stattdessen könnten diese auch wastebox beauftragen, weil wir das nämlich bundesweit mit hoher Verlässlichkeit übernehmen können. Amazon arbeitet nach dem gleichen Prinzip.

Ist das Ihre Vision? Mit wastebox ein ähnliches Modell aufzubauen wie Amazon?

Ja, in der Tat, das ist meine große Vision: Das Amazon der Entsorgungswirtschaft zu werden.

 

© 320° | 12.06.2018

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