Interview zu Einsparpotenzialen für Metallrecycler

Die Ertragslage vieler Schrottaufbereiter hat sich binnen eines Jahres verschlechtert. Die Gewinne schrumpfen, einige Betriebe schreiben Verluste. Doch bei vielen Firmen schlummern beträchtliche Einsparpotenziale, sagt Metallschrottexperte Uwe Görisch.

„Da lässt sich einiges machen“


Vermutlich gibt es kaum einen Schrottplatz in Deutschland, den er nicht kennt. Seit gut 25 Jahren berät Professor Uwe Görisch mit seinem Ingenieurbüro die Schrottbranche, doch bislang war er vor allem mit Fragen des Genehmigungsmanagements beschäftigt. Neuerdings ist er auch als Unternehmensberater aktiv. Er hilft Betrieben, die Kostenstruktur zu durchforsten. Im Interview mit 320° spricht er über Maßnahmen, die helfen, die Ertragslage wieder zu drehen.

Görisch
Görisch

Herr Görisch, was sind Sie derzeit mehr: Ingenieur, Berater oder Sanierer?

Ich bin in erster Linie Ingenieur und will das für die Zukunft auch gar nicht ändern. Aber die veränderte Marktlage hat es sich mit sich gebracht, dass ich Schrottaufbereitungsbetriebe nun auch in betriebswirtschaftlichen Fragen berate. Viele Betriebe haben hier Bedarf, weil die Marktbedingungen sich deutlich verschlechtert haben.

Wie ernst ist die Lage bei den Schrottaufbereitern?

In einigen Fällen ist sie sehr ernst. Aber die gute Nachricht ist, dass es bei vielen Unternehmen durchaus Einsparmöglichkeiten gibt. Und die Bandbreite an Möglichkeiten ist groß.

Die Einsparmöglichkeiten sind deshalb vorhanden, weil die Gewinne in der Vergangenheit ordentlich waren und es bislang keinen wirtschaftlichen Druck zur Kostenoptimierung gab?

Ja, wie es eben ist, wenn man nicht jeden Euro umdrehen muss. Da entstehen im Lauf der Zeit Prozesse, die wirtschaftlich nicht optimal sind. So mancher Betrieb setzt dann Speck an, den er bei näherem Hinsehen nicht benötigt.

Wo ist der Speck besonders fett?

Das kann man pauschal nicht sagen, weil das von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich ist. Deshalb muss jedes Unternehmen zunächst einmal eine betriebswirtschaftliche Analyse vornehmen und diese strukturiert angehen. Dazu hilft es, sich drei Blöcke anzusehen: Zum einen die Kosten, zum anderen die neutralen Aufwendungen und Erträge und letztlich den Rohertrag, der sich als Differenz aus Umsatzerlösen und Wareneinkauf definiert.

Welche Einsparmöglichkeiten gibt es bei den Kosten?

Viele. Nehmen Sie beispielsweise die Personalkosten. Um Kosten einzusparen, kann man natürlich einfach Personal entlassen. Aber man kann es auch intelligenter tun, beispielsweise über Verbesserungen beim Arbeits- und Gesundheitsschutz. Je weniger Arbeitsunfälle es gibt, umso niedriger sind die Kosten bei den Berufsgenossenschaften.

Und das wird in den Betrieben bislang nicht praktiziert?

Sie wären überrascht, wie viele Betriebe dieses Thema eher stiefmütterlich behandeln. Bei vielen mittleren und großen Unternehmen mag das Thema angekommen sein, aber bei den meisten kleineren Unternehmen noch nicht.

Welcher Betrag lässt sich mit solchen Maßnahmen einsparen?

Auch das ist von Unternehmen zu Unternehmen völlig unterschiedlich. Eine repräsentative Zahl lässt sich hier nicht nennen. Vielleicht aber so viel: Ein fünfstelliger Betrag lässt sich ohne weiteres einsparen. Gegebenenfalls sogar deutlich mehr.

Welche anderen Kosten kommen noch in Betracht?

Ein weiterer Faktor sind beispielsweise die Versicherungskosten. Hier lohnt es sich, die Verträge durchzugehen, um prüfen, was man braucht und was nicht. Die unbedingt nötigen Verträge kann man dann neu verhandeln. Hinzu kommen Bonusvereinbarungen für Mitarbeiter. Sie erhalten in einem solchen Modell eine Prämie, wenn sie Schäden vermeiden. Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch moderne Anlagen, Maschinen und Fahrzeuge, die beispielsweise über Verbrauchsmeldungen und Detailmeldungen zum Fahrstil verfügen. Auch für einen verbrauchsarmen Fahrstil kann man eine Prämie ausloben. Weitere Beispiele sind Schulungen für Mitarbeiter, um die Zahl der Ordnungswidrigkeiten zu reduzieren. Es gibt eine Fülle von Maßnahmen, die man ergreifen kann.

Das klingt so, als ob es vor allem die Mitarbeiter sind, die Kosten einsparen können?

Ja, aber nicht nur. Weitere Ansatzstellen bieten die Wartung und Pflege, beispielsweise von Baggern oder Scheren. Hier ist es oft günstiger, Wartungsverträge mit externen Fachleuten abzuschließen. Die saubere Wartung und Pflege der Infrastruktur des Schrottplatzes spart nämlich unmittelbar und mittelbar Kosten. Unmittelbar, weil die Kosten niedriger sind, als wenn man es von den eigenen Leuten reparieren lässt. Mittelbar, weil man Kosten vermeidet, die dadurch entstehen, dass keine Lkw mehr ein- und ausfahren können, wenn beispielsweise das Tor nicht mehr aufgeht.

Das leuchtet ein.

Ja, und auf diese Weise kann man auch noch andere Positionen durchgehen. Ein Schrotthändler ist beispielsweise kein Transporteur. Deshalb sollte er den Schrotttransport zu Kunden anderen überlassen, im besten Fall einer zuverlässigen Spedition. Auch die Rechtsberatungskosten sind oftmals ein großer Posten. Möglicherweise muss man ja nicht wegen jeder Kleinigkeit klagen und einen Anwalt beauftragen. Da verbergen sich oftmals höhere Summen als man annimmt.

Auch hier gilt vermutlich, dass es vor allem die kleineren Betriebe sind, die über solche Einsparpotenziale verfügen?

In der Regel, ja. Aber auch bei den größeren Firmen gibt es große Unterschiede. Manche sind straff organisiert, mit wenigen Optimierungsmöglichkeiten. Andere sind weniger gut organisiert und haben folglich noch durchaus Potenzial.

Und was verbirgt sich hinter dem Block neutrale Aufwendungen und Erträge?

Unter den neutralen Aufwand fallen beispielsweise Zinsen. Hier geht es darum, dass man mit seiner Bank in Verbindung tritt und gegebenenfalls über eine Umschuldung oder eine Zinssenkung verhandelt. Die Effekte sind hierbei aber eher langfristig zu spüren. Auf den neutralen Ertrag wirkt es sich aus, wenn ich prüfe, ob ich die vorhandene Anzahl an Kfz, Lkw oder Baggern wirklich benötige oder vielleicht auch mit weniger zurechtkomme. Die Auswirkungen solcher Einsparungen sind umso stärker, je größer der Schrottplatz ist. Und wenn ich dann einige Fahrzeuge und Geräte verkaufe, habe ich wiederum eine Reduktion der Betriebskosten.

Dann bleibt noch der Block 3, der Rohertrag?

Richtig. Das ist zugleich der spannendste Block. Hier geht es um den Rohertrag, also die Differenz zwischen Umsatzerlösen und Wareneinkauf. Um diese Spanne so weit wie möglich zu erhöhen, kann ein Betrieb beispielsweise auch die Aufbereitungstiefe steigern.

Welche Fraktionen sollen damit zusätzlich gewonnen werden?

Vieles von dem, was bislang nicht im Fokus stand. Also beispielsweise metallhaltige Abfälle wie Schlacken oder Stäube. Auch damit lässt sich ein Ertrag generieren. Da lässt sich einiges machen.

Und alle Maßnahmen sind geeignet, um einen Betrieb auf der wirtschaftlichen Schieflage zu holen?

Wie gesagt, es ist immer abhängig vom Einzelfall. Aber generell kann man sicher sagen, dass solche Maßnahmen ein krankes Unternehmen wieder gesund machen können. Entscheidend sind die Randbedingungen des Einzelfalls.

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