Herstellung von Hydroxymethylfurfural

Chicorée-Wurzelrüben landen bislang in der Kompostierungsanlage oder in der Biogasanlage. Sie können aber auch für die Herstellung eines Kunststoffes genutzt werden. Der Clou dabei: Der Kunststoff aus Wurzelrüben ist höherwertiger als wenn er aus Erdöl hergestellt wird.

Wurzelrüben für die Kunststoffindustrie


Rund 800.000 Tonnen Chicorée-Wurzelrüben fallen jährlich europaweit bei der Produktion von Chicorée-Salat als Abfallprodukt an. Die Wurzelrüben werden bisher nach der Ernte des Chicorée-Salats in der Kompostierungsanlage oder Biogasanlage verwertet. Viel zu schade, meinen zwei Forscherinnen der Universität Hohenheim. Denn aus diesen Wurzelrüben lässt sich Hydroxymethylfurfural (HMF) gewinnen, eines der Basisstoffe in der Kunststoffindustrie von morgen.

HMF ist eine von 12 Basischemikalien, die nach Einschätzung der beiden Wissenschaftlerinnen künftig in der Kunststoffindustrie verwendet werden. HMF dient als Ausgangsstoff für Nylon, Perlon, Polyester oder Kunststoffflaschen – sogenannten PEF-Flaschen im Gegensatz zu den PET-Flaschen. Der Wert im Chemikalien-Großhandel liege aktuell bei 2.000 Euro pro Kilogramm.

„Die Chicorée-Wurzelrübe eignet sich nicht nur deshalb so gut zur Gewinnung von HMF, weil sie ein Abfallprodukt ist“, betont Professor Andrea Kruse. „Sie produziert auch eine höherwertige Chemikalie als das Äquivalent aus Erdöl.“ Denn beispielsweise könnten PEF-Flaschen aus Chicorée-HMF dünner gezogen werden, als solche aus Erdöl-PET. Das spare Transportkosten und verbessere die Umweltbilanz.

Ökonomischer als die Verwertung zu Biogas

Für die Herstellung von HMF werden Bleistift-große Rohrreaktoren aus Edelstahl mit Häckseln der Chicorée-Wurzelrübe und Wasser befüllt. Die ultrastabilen Druckbehälter werden mit verdünnter Säure versetzt und bis zu 200 Grad erhitzt. Das wässrige Produkt wird anschließend in weiteren Schritten aufbereitet, die laut Universität Hohenheim jedoch der Geheimhaltung unterliegen. Am Ende des Prozesses steht ein gelb bis braun gefärbtes kristallines Pulver: ungereinigtes Hydroxymethylfurfural (HMF).

Eine Herausforderung bei dem Projekt sei es, eine gleichbleibende Qualität zu gewährleisten, erläutert Kruse. Hierfür seien die Voraussetzungen jedoch gut, weil nur vergleichsweise einheitliche, höherwertige Wurzelrüben vom Acker in die kommerzielle Wasser-Treiberei gelangten. Ein weiterer Forschungsaspekt sei die Frage, wie sich die Wurzelrüben lagern lassen, ohne dass sie an Qualität verlieren. Denn die Chicorée-Produktion ist Saisongeschäft. Die Zulieferer der chemischen Industrie wünschen sich aber eine gleichbleibende Lieferung, um ihre Anlagen kontinuierlich auszulasten.

Nach Auffassung der Wissenschaftlerinnen ist das Projekt aber in jedem Fall ökonomisch attraktiv. „Aus ca. 220.000 Wurzelrüben pro Hektar können theoretisch 8,14 Tonnen Inulin gewonnen werden“, erläutert Kruse. „Das kann nach aktuellem Forschungsstand zu 2,87 Tonnen HMF umgewandelt werden. Über den Verkauf dieser Menge können ca. 5,74 Millionen Euro erzielt werden. Strom aus Biogas dieser Menge Wurzelrüben würde nach EEG jedoch nur rund 21.000 Euro generieren.“

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