Eigenrücknahme und Branchenlösungen

Die sechste Novelle der Verpackungsverordnung steht bevor. Die Deutsche Umwelthilfe fordert nun Korrekturen. Sie drängt auf die Streichung der Eigenrücknahme und die Einschränkung sogenannter Branchenlösungen.

Zu viele Schlupflöcher in der VerpV


Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert ein schnelles Ende der ordnungswidrigen Verpackungsentsorgung, um endlich die vielen Schlupflöcher zu schließen. Ganz oben auf der Streichliste des Umweltverbands stehen die Eigenrücknahme von Verkaufsverpackungen am Ort der Abgabe und die Einschränkung so genannter Branchenlösungen. Darüber hinaus unterstützt die DUH die Initiative des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums, vielfach betrügerisch genutzte Entsorgungsmöglichkeiten einzuschränken.

Der Verband kritisiert, dass nach wie vor „unrealistisch hohe“ Rücknahmemengen von Verpackungen in Verkaufsstellen und branchenspezifischen Erfassungsstrukturen gemeldet werden. Die Folgen seien erhebliche Wettbewerbsverzerrungen zwischen dualen Systemen, weniger Recycling und langfristig der Kollaps der haushaltsnahen Wertstoffsammlung.

In der Praxis werde die Regelung zur Eigenrücknahme, die ursprünglich als Ausnahme für wenige etablierte und funktionierende Systeme konzipiert worden war, zu einer Umgehung der Lizenzierungspflicht von Verkaufsverpackungen missbraucht, rügt der Verband. Das bestätigten regelmäßig durchgeführte Umfragen der DUH bei dualen Systemen. Demnach nehme eine Reihe dualer Systemanbieter überdurchschnittlich hohe Mengen an Leichtverpackungen direkt am Verkaufsort zurück.

„Wenn Verpackungen aus Kostengründen als selbst zurückgenommen gemeldet, aber in der Realität nicht zurückgegeben werden und im Gelben Sack landen, gaukelt dies hohe Recyclingquoten vor. In Wirklichkeit führt dies aber zu geringeren tatsächlichen Recyclingmengen“, kritisiert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Die verbindlichen Recyclingziele der Verpackungsverordnung gelten nur für die tatsächlich lizenzierte Menge im Gelben Sack, jedoch nicht für dort gelandete Verpackungen, die ursprünglich als Eigenrücknahmemengen angemeldet wurden. In der Folge werden aus der nicht lizenzierten Menge nur wenige besonders lukrative Verpackungen herausgesucht und tatsächlich recycelt.

Als weiteres Schlupfloch der Verpackungsverordnung kritisiert die DUH so genannte Branchenlösungen. Für Hersteller und Vertreiber von Verpackungen entfällt die Beteiligungspflicht an einem dualen System, wenn bei sogenannten „gleichgestellten Anfallstellen“ die dort in Verkehr gebrachten Verpackungen zurückgenommen und der Verwertung zugeführt werden. Darunter fallen zum Beispiel Krankenhäuser, Kantinen, Hotels, gastronomische Einrichtungen oder Seniorenheime, wo massenhaft anfallende Verpackungen separat und nicht über den „Gelben Sack“ erfasst werden können, weil dies günstiger und umweltfreundlicher ist.

Für die DUH ist auch diese Regelung nicht praxistauglich. „Die direkten Lieferbeziehungen des Inverkehrbringers von Verpackungen zur konkreten Anfallstelle müssen derzeit nicht zwangsläufig nachgewiesen werden. Deshalb ist die praktizierte Feststellung von Branchenlösungsmengen auf der Basis von Marktforschungsgutachten ungenau, beliebig und nur schwer überprüfbar“, moniert Thomas Fischer, DUH-Bereichsleiter für Kreislaufwirtschaft. Branchenlösungen müssten dahingehend eingeschränkt werden, dass sie nur noch bei konkret nachgewiesenen, direkten Lieferbeziehungen zur Anfallstelle möglich sind.

Nach den aktuellen Plänen steht die sechste Novelle der Verpackungsverordnung Ende April 2014 im Bundesrat an. Die Bundesregierung will den Kabinettsentwurf im März zur Abstimmung in den Bundestag geben.

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