Künstliche Intelligenz

Was für ein Traum: Im Ausland sofort die lokale Sprache verstehen und sprechen zu können. Künstliche Intelligenz bringt uns diesem Wunsch näher. Was Experten zu diesem Zukunftsszenario sagen.

KI als Dolmetscher: Müssen wir nie mehr eine Sprache lernen?


Im Kultroman „Per Anhalter durch die Galaxis“ muss niemand eine Sprache lernen. Wer sich in dem Science-Fiction-Klassiker den Babelfisch, ein fiktives Wesen, ins Ohr steckt, versteht plötzlich alle Sprachen des Universums. Ist das ein Modell für die Gegenwart? Können wir mit Künstlicher Intelligenz (KI) einen ähnlichen Sprung über Sprachbarrieren machen?

Für den Berliner Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch gibt es schon heute Simultanübersetzer, die das Erlernen von Fremdsprachen überflüssig machen könnten. Möglich werde dies durch Fortschritte beim maschinellen Lernen. Die computergestützte Spracherkennung und Übersetzung sei inzwischen so gut, dass sie für viele Alltagsanwendungen ausreiche. Auf modernen Smartphones wird dafür oft eine entsprechende App installiert.

Ziel ist dabei die maschinelle Übersetzung von Sprache in Echtzeit. Das heißt: Die Programme liefern das Ergebnis möglichst ohne Pause. Die technischen Voraussetzungen dafür seien bereits vorhanden, heißt es beim Goethe-Institut.

So könne die Software auf den Smartphones inzwischen in Echtzeit als Dolmetscher in einer Unterhaltung helfen: Gesprochene fremdsprachige Sätze werden auf dem Display in übersetzten Text umgewandelt. So kann die Sprachbarriere überwunden werden – wenn auch in einem Dialog mit Zeitverzögerung.

KI-Modelle entwickeln sich rasant weiter

Der Hersteller Samsung geht mit seinem neuen Smartphone Galaxy S24, das in Zusammenarbeit mit Google entwickelt wurde, noch einen Schritt weiter. Die Idee ist zum Beispiel, dass man ohne Sprachkenntnisse einen Tisch in einem Restaurant im Ausland reservieren kann. Die Software übersetzt dazu nicht nur, sondern spricht die Sätze auch mit einer computergenerierten Stimme vor. Der Preis dafür sind wiederum Pausen im Gespräch.

Allerdings haben die Programme manchmal Probleme, das Gesagte akustisch zu verstehen. Und obwohl die Übersetzungsfähigkeiten im Laufe der Jahre immer besser geworden sind, wird ein Ausdruck wie „nicht das Gelbe vom Ei“ immer noch mit „not the yellow of the egg“ übersetzt.

Je mehr die Programme bewältigen müssten, „desto eher versagen diese Apps derzeit noch“, erklärt Stefanowitsch. Doch er sieht Potenzial: „Spracherkennung und Übersetzung sind Bereiche, in denen beim maschinellen Lernen noch große Fortschritte zu erwarten sind.“ Denn KI-Modelle wie ChatGPT entwickeln sich rasant weiter. Sie werden „sowohl den Lernprozess als auch die Art und Weise, wie wir kommunizieren, verändern“.

Computer hat keine Empathie

Macht es dann überhaupt noch Sinn, eine Fremdsprache zu lernen? Stefanowitsch bejaht. „Ich halte das auf jeden Fall für wertvoll.“ Denn bei der Kommunikation gehe es nicht nur darum, Informationen auszutauschen, sondern auch auf einer menschlichen Ebene miteinander umzugehen. „Eine Freundschaft oder gar eine Liebesbeziehung werden wir auch in Zukunft nicht mit einer dauerhaft zwischengeschalteten App führen wollen“, erklärt er.

Schließlich orientieren sich maschinell erzeugte Texte sehr stark an einer Art Durchschnittssprache. Deshalb klingen sie „immer sehr phrasenhaft und wenig persönlich“, sagt Stefanowitsch. Für Pflegekräfte in Deutschland, von denen immer mehr nicht Deutsch als Muttersprache sprechen, seien Simultanübersetzungen in der Kommunikation mit Patienten daher nicht geeignet. Die natürliche Sprache sorge für Empathie, die Simultanübersetzung nicht.

Hinzu komme, dass der Mensch in andere Kulturen nur bedingt eintauchen könne, „solange uns jede Äußerung von einem Computer übersetzt werden muss“, so der Sprachwissenschaftler. In jeder Sprache stecke eine andere Perspektive auf die Welt. Diese könne nur durch das Erlernen der Sprache selbst erfahren werden.

320°/dpa

Mehr zum Thema
Wasserstoff-Offensive: Wie viele Elektrolyseure werden tatsächlich realisiert?