Alternative Antriebe

Bundesverkehrsminister Wissing hat sich festgelegt: Im Pkw-Bereich sei der Elektroantrieb am effizientesten, sagt er. Von synthetischen Kraftstoffen nimmt er Abstand.

Wissing setzt bei Pkw voll auf Elektromobilität


Verkehrsminister Volker Wissing will beim Pkw voll auf die Elektromobilität setzen. Der FDP-Politiker sagte dem Fachdienst «Tagesspiegel Background»: „Wir müssen die verschiedenen Energieträger dort einsetzen, wo sie am effizientesten sind. Das ist beim Pkw der E-Antrieb.“ Wissing schlägt damit einen anderen Kurs ein als sein Vorgänger Andreas Scheuer (CSU), der auch auf den Einsatz sogenannter synthetischer Kraftstoffe (E-Fuels) gesetzt hatte .

Wissing sagte, E-Fuels werde man vor allem für den Flugverkehr brauchen. „Auf absehbare Zeit werden wir aber nicht genug E-Fuels haben, um die jetzt zugelassenen Pkw mit Verbrennungsmotor damit zu betreiben.“ Der Minister weiter: „Wenn man sich die EU-Regulierung anschaut, sieht man, dass die Entscheidung für die E-Mobilität längst gefallen ist.“ Wenn der Umstieg forciert werde, könne Deutschland auch das von der neuen Bundesregierung angestrebte Ziel von mindestens 15 Millionen vollelektrischen Pkw bis 2030 schaffen.

Wissing versicherte, die Bundesregierung werde dafür sorgen, dass das Laden mit regenerativem Strom bezahlbar bleibe. Deshalb könne er nur dazu raten, auf CO2-neutrale Antriebe umzusteigen. Die Nutzung fossiler Kraftstoffe werde in Zukunft teurer werden.

„Wichtiges Signal“

Der Leiter Verkehrspolitik beim Umweltverband BUND, Jens Hilgenberg, sagte der Deutschen Presse-Agentur, die klare Absage an E-Fuels im Pkw sei folgerichtig. „Synthetische Kraftstoffe sind mit Blick auf Energieeffizienz, Preis und Verfügbarkeit jetzt und auch in Zukunft keine Option für den Pkw. Neben dem klaren Bekenntnis zum E-Auto braucht es jetzt Vorgaben zum Energie- und Ressourcenverbrauch bei Herstellung, Betrieb und Recycling neuer Fahrzeuge.“ Zudem sei eine Überarbeitung der Kfz-Steuer und eine Ergänzung durch ein Bonus-Malus-System zielführend. „Staatliche Unterstützungen jeder Art für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, zu denen auch Plug-in-Hybride gehören, müssen umgehend zurückgefahren werden.“

Die Chefin des Energieverbands BDEW, Kerstin Andreae, sagte mit Blick auf Wissing: „Das klare Bekenntnis zur Elektromobilität und zum Ziel, 15 Millionen vollelektrische Pkw bis 2030 auf den Straßen zu haben, ist ein wichtiges Signal für die Energiewirtschaft und alle Ladesäulenbetreiber.“ Aus Sicht der Ladesäulenbetreiber brauche es vor allem einen stabilen Investitionsrahmen, Unterstützung bei der Flächenverfügbarkeit und beschleunigte Genehmigungsverfahren.

Kritik aus der Autoindustrie

Dagegen hält der ADAC E-Fuels für elementar, um Klimaschutzziele zu erreichen. Technikpräsident Karsten Schulze sagte der dpa, trotz eines ambitionierten Hochlaufs der Elektromobilität würden 2030 noch mindestens 30 Millionen Pkw-Bestandsfahrzeuge mit Diesel- oder Ottomotor in Deutschland unterwegs sein. Weltweit seien es 1,4 Milliarden Fahrzeuge. „Ohne E-Fuels werden diese nicht CO2-reduziert genutzt und perspektivisch klimaneutral betrieben werden können.“ Deshalb sei für den Bestand eine Beimischung sinnvoll und wichtig.

Auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) kritisiert die Aussagen Wissings. VDA-Präsidentin Hildegard Müller sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Europa und Deutschland dürfen keine Technologie ausschließen, die weltweit gebraucht wird, um die Klimaziele im Straßenverkehr zu erreichen.“Wissing müsse einhalten, was er und seine Partei im Wahlkampf versprochen hätten. „Selbstverständlich brauchen wir E-Fuels aus erneuerbaren Energien auch für den Straßenverkehr. Ohne E-Fuels können die Fahrzeuge, die schon im Betrieb sind, keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten.“

Offen für Tempo 30

Wissing sieht es als Aufgabe der deutschen Automobilindustrie an, die Menschen zu überzeugen. „Tesla ist es gelungen, mit seinen Modellen viele Käuferinnen und Käufer zu begeistern, dies würde ich mir auch für die deutschen Automobilhersteller wünschen.“

Die Bundesregierung werde dafür sorgen, dass das Laden mit regenerativem Strom bezahlbar bleibe. Deshalb könne er nur dazu raten, auf CO2-neutrale Antriebe umzusteigen. Die Nutzung fossiler Kraftstoffe werde in Zukunft teurer werden.

Den Städten will Wissing erleichtern, auf ihren Straßen Tempo 30 vorzuschreiben. „Die Kommunen vor Ort wissen am besten, was für ihre Bewohner gut ist. Deshalb bin ich offen für unterschiedliche Lösungsansätze und Experimentierfelder.“ Er sei aber nicht überzeugt von einem flächendeckenden Tempo 30. An Durchgangsstraßen sei diese Geschwindigkeitsbegrenzung eher weniger sinnvoll.

320°/dpa

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