Steigende Spritpreise

Die Bundesregierung wollte Benzin mit dem Tankrabatt billiger machen, doch an der Zapfsäule ist davon nahezu nichts zu sehen. Teile der Regierung werfen den Mineralölkonzernen vor, sich zu bereichern. Das Ifo-Institut sieht das anders.

Ifo: Ölkonzerne geben Tankrabatt fast vollständig weiter


Die wegen steigender Benzinpreise kritisierten Ölkonzerne haben den Tankrabatt nach Berechnungen des Ifo-Instituts weitgehend an die Autofahrer weitergegeben. Beim Diesel hätten die Tankstellen die vorübergehende Steuersenkung um 17 Cent je Liter zu 100 Prozent weitergegeben, teilten die Münchner Ökonomen am Dienstag mit. Bei Super waren es demnach 85 Prozent von 35 Cent niedrigeren Steuern.

Grundlage der Berechnungen war der Vergleich mit Frankreich. Dort war der Tankrabatt schon am 1. April in Kraft getreten. Als am 1. Juni der Tankrabatt in Deutschland wirksam wurde, fielen die Spritpreise in Deutschland fast genau auf das Preisniveau in Frankreich – was das Ifo-Institut offenbar als Zeichen wertet, dass die Mineralölkonzerne den Tankrabatt in Deutschland nahezu vollständig weitergegeben haben. Seither entwickeln sich die Preise in beiden Ländern weitgehend parallel nach oben.

Eine andere Berechnung als das Ifo-Institut hatte zuvor der Wirtschaftswissenschaftler Johannes Schwanitz angestellt. Der Vorstand des Instituts für Prozessmanagement und Digitale Transformation an der Fachhochschule Münster kommt zu dem Schluss, dass die Verbraucher bei Superbenzin nur mit etwa zehn Cent von dem Tankrabatt profitieren, die Mineralölkonzerne hingegen etwa 25 Cent Steuerersparnis einstreichen. Darüber hatte am Wochenende die «Welt am Sonntag» berichtet.

„Tankrabatt setzt falsche Anreize“

Laut europäischem Benzinpreisvergleich der EU-Kommission lag Deutschland gegen Ende der ersten Juniwoche mit einem Durchschnittspreis von 2 Euro für einen Liter Super im Mittelfeld, bei Diesel hingegen im oberen Drittel. Die Kommission vergleicht die Preise jeden Donnerstag. Tankrabatte gibt es in mehreren EU-Staaten.

Unabhängig von der tatsächlichen Höhe der Steuerersparnis für die Bürger kritisierte Ifo-Präsident Clemens Fuest den Rabatt als Steuergeschenk für Wohlhabende. „Er kommt Menschen mit höherem Einkommen und höheren Spritausgaben zugute und nicht Menschen mit geringem Einkommen“, kritisiert Fuest. „Darüber hinaus setzt er die falschen Anreize: Er hält nicht dazu an, weniger Benzin und Diesel zu verbrauchen. Aus ökologischen Gründen und um die Abhängigkeit von Russland zu vermindern, wäre aber das genaue Gegenteil notwendig.“

Für die Mineralölbranche dürften die Berechnungen des Ifo-Instituts zur richtigen Zeit kommen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte angekündigt, das Kartellrecht zu verschärfen, um auf diese Weise den steigenden Spritpreisen entgegenzuwirken. Zuspruch für eine Verschärfung kommt unter anderem von der CDU. „Wenn ein Markt nicht funktioniert, ist das Kartellrecht das richtige Mittel, um die Marktmechanismen und insbesondere das Wettbewerbsprinzip wieder durchzusetzen“, sagte Vizefraktionschef Mathias Middelberg der «Neuen Osnabrücker Zeitung».

Der Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbandes Fuels und Energie, Adrian Willig, verwies im Fernsehsender Phoenix auf eine Untersuchung der Wettbewerbshüter zu Kraftstoffen. „Es wäre jetzt angesagt, diese Untersuchung des Kartellamtes abzuwarten, bevor man voreilig fordert, weitergehende Sanktionen ohne irgendwelche Nachweise von Verstößen auf den Weg bringen zu wollen“, sagte Willig.

320°/dpa/re

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