Konjunktur

Jetzt beginnt sich die schwächere Konjunktur auch in den Zahlen niederzuschlagen. Im Juli hat die deutsche Industrie weniger produziert. Ökonomen sehen sich in ihren Konjunktureinschätzungen bestätigt.

Deutsche Industrie startet schwach ins Sommerquartal


Die deutsche Industrie hat zu Beginn des Sommerquartals weniger produziert. Im Juli ging die Gesamtproduktion gegenüber dem Vormonat um 0,3 Prozent zurück, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte. Analysten hatten im Schnitt mit einem deutlicheren Rückgang um 0,6 Prozent gerechnet.

„Die Industrie ist schwach ins dritte Quartal gestartet“, kommentierte das  Bundeswirtschaftsministerium die Zahlen. Vor allem die Warenproduktion in der Industrie fiel schwach aus. Sie sank von Juni auf Juli um 1,0 Prozent. Konsumgüter wurden 2,4 Prozent weniger hergestellt, Investitions- und Vorleistungsgüter wurden ebenfalls weniger produziert. Gestützt wurde die Gesamtproduktion dagegen durch den Energiesektor und das Baugewerbe, die jeweils zulegten.

Innerhalb der Industrie ging die Herstellung von Kraftfahrzeugen und Kfz-Teilen zurück, ebenso sank die Produktion im Maschinenbau. Die energieintensiven Wirtschaftszweige Chemie, Metallerzeugung, die Herstellung von Glas und Keramik sowie von Papier und Pappe verzeichneten teils deutliche Rückgänge.

„Die Belastungen durch hohe Energiepreise dauern an und dämpfen die Aktivität in der Industrie“, erklärt das Wirtschaftsministerium. Die gedrosselten Gaslieferungen aus Russland und die hohe Unsicherheit durch den Ukraine-Krieg trübten die Aussichten für den Rest des Jahres.

Bankvolkswirte äußerten sich ähnlich. „Das Minus fällt zwar klein aus, dennoch ist der Rückgang der Industrieproduktion kein gutes Zeichen“ erklärte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. „Die Produktionsdaten untermauern jedenfalls unsere Befürchtung, dass die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal schrumpfen wird.“

Auch Ökonom Ralph Solveen von der Commerzbank rechnet mit einer wirtschaftlichen Schrumpfung im Sommerquartal. Viele Ökonomen fürchten, dass die deutsche Wirtschaft im zweiten Halbjahr vor allem aufgrund der Energieknappheit in die Rezession fällt.

Großteil der Energiepreiserhöhungen noch gar nicht weitergegeben

Unterdessen spricht viel dafür, dass die Inflation vorerst anhalten wird. Nach einer Umfrage des Münchner Ifo-Instituts wollen viele Firmen in großem Umfang ihre Preise anheben. Im August lag der Ifo-Index der Preiserwartungen mit 47,5 Punkten nur um 0,1 unter dem Juli-Wert. In einzelnen Bereichen wie der Lebensmittelbranche will weiter fast jedes Unternehmen die Preise anheben. „Ein Auslaufen der Inflationswelle ist leider nicht in Sicht“, sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.

Im Gegenteil: In den kommenden Monaten rechnet er sogar mit höheren Inflationsraten: „Bislang ist von den Energieversorgern nur ein geringer Teil der kräftigen Anstiege der Börsenpreise für Strom und Erdgas an die Kunden weitergegeben worden“, sagte Wollmershäuser. „Das dürfte sich in den kommenden Monaten ändern und zu zweistelligen Inflationsraten führen. Die Verbraucher werden daher ihren Konsum einschränken, und die gesamte Wirtschaftsleistung wird in der zweiten Jahreshälfte schrumpfen.“

Eine Preiserwartung von 47,5 bedeutet, dass der Anteil jener Unternehmen, die die Preise erhöhen wollten, um 47,5 Prozentpunkte höher ist als der Anteil der Betriebe, die die Preise senken wollen.

Besonders hoch sind die Zahlen aktuell im Einzelhandel, noch am niedrigsten im Bauhauptgewerbe.

320°/dpa

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