Kunststoffrezyklate

Der Bedarf an Kunststoffrezyklaten dürfte in Zukunft deutlich steigen. Das duale System Eko-Punkt bietet hierfür eine vertraglich gesicherte Mengenversorgung in Kombination mit der Lizenzierungspflicht. Doch die Kunststoffverarbeiter haben noch andere Sorgen.

Eko-Punkt wirbt für „Circular Contracting“


Werden die Zielvorgaben des Entwurfs der EU-Verpackungsverordnung Realität, steht die Kunststoffverpackungsindustrie vor einer großen Herausforderung: Bis 2030 müsste dann der Einsatz von Post-Consumer-Rezyklaten in Deutschland fast vervierfacht werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die das Marktforschungsunternehmen Conversio im Auftrag der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen im September vergangenen Jahres erstellt hat.

Derzeit beträgt der Anteil solcher Rezyklate bei der Herstellung von Kunststoffverpackungen nur 10,6 Prozent, das entspricht 1,615 Millionen Tonnen im Jahr 2021. Um die Ziele der europäischen Verpackungsverordnung zu erreichen, sei eine Steigerung auf 6,052 Millionen Tonnen notwendig, rechnet das duale System Eko-Punkt vor.

„Die bereits bestehende Unterversorgung wird sich absehbar verschärfen“, prognostiziert Stefan Munz, Leiter Innovation und Nachhaltigkeit bei Eko-Punkt. Als Antwort auf diese Entwicklung präsentiert Eko-Punkt das Modell „Circular Contracting“. Dieses Konzept kombiniert die gesetzliche Lizenzierungspflicht mit der vertraglichen Sicherung der Versorgung mit hochwertigen Post-Consumer-Rezyklaten. Unternehmen, die ihre Verpackungen bei Eko-Punkt lizenzieren, erhalten als Gegenleistung ein Äquivalent dieser Rezyklate, um ihre bisherigen Primärrohstoffe zu ersetzen.

Einige Unternehmen wie etwa die Pflegeproduktmarke Bübchen nutzten das Modell bereits, erklärt Eko-Punkt. „Wir bieten den kompletten Service, inklusive garantierter, langfristiger Versorgung mit Post-Consumer-Rezyklaten“, erklärt Munz. Eko-Punkt ist eine Tochter der Remondis-Gruppe, was dem Unternehmen den Zugriff auf konzerneigene Rezyklatmengen ermöglicht.

Dass die Nachfrage nach Kunststoffrezyklaten bereits anzieht, legt eine aktuelle Umfrage des Gesamtverbands Kunststoffverarbeitende Industrie (GKV) nahe. Demnach gaben 48 Prozent der Mitgliedsunternehmen an, im Jahr 2023 mehr Kunststoffrezyklate verarbeitet zu haben als im Vorjahr.

Und auch für das Jahr 2024 prognostizieren die Unternehmen einen weiteren Anstieg der verarbeiteten Kunststoffrezyklatmengen. Zudem geben mittlerweile 24 Prozent der Unternehmen an, weitgehend klimaneutral zu produzieren. Weitere 24 Prozent planen dies.

Abbau von Arbeitsplätzen?

Das wirtschaftliche Umfeld könnte diese Entwicklung allerdings erschweren. Laut Umfrage verzeichneten viele Kunststoffverarbeiter im vergangenen Jahr rückläufige Umsätze und Gewinne. Für das laufende Jahr rechnen 45 Prozent der befragten Unternehmen mit einem weiteren Umsatzrückgang. Ähnlich sieht es bei den Gewinnen aus. Für dieses Jahr erwarten nur 28 Prozent der befragten Unternehmen eine Steigerung.

Sorgen bereiten vielen Kunststoffverarbeitern vor allem die steigenden Energie- und Lohnkosten. „Den meisten Unternehmen gelang es 2023 nur teilweise, die Kosten an ihre Kunden weiterzugeben“, sagt GKV-Hauptgeschäftsführer Oliver Möllenstädt. Diese Entwicklung gefährde mittelfristig die Existenz vieler Kunststoffverarbeiter.

„Wir haben die Unternehmen auch nach den Auswirkungen befragt, wenn sich die Kostensituation in Deutschland 2024 nicht ändert“, berichtet Mollenstädt. 58 Prozent hätten angegeben, dass dann ein weiterer Arbeitsplatzabbau unausweichlich sei. Auch Kurzarbeit und Produktionsverlagerungen ins Ausland würden von den Unternehmen in Betracht gezogen.

Ungewiss ist auch der Ausgang des Gesetzgebungsverfahrens zur EU-Verpackungsverordnung. Derzeit befindet sich der Verordnungsentwurf in der Trilog-Phase, in der die Positionen der EU-Kommission, des Europäischen Parlaments und des EU-Rates zu einem Kompromiss zusammengeführt werden müssen. Ob die Verordnung noch vor den Europawahlen im Mai verabschiedet wird, ist offen.

320°/re

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