Autofabrik in Grünheide

Ein mutmaßlicher Anschlag hat die Tesla-Autofabrik in Grünheide Europa mit einem Stromausfall lahmgelegt. Der Autobauer rechnet mit einem wirtschaftlichen Schaden im „hohen neunstelligen Bereich“. Die Polizei prüft ein Bekennerschreiben.

Mutmaßlicher Anschlag gegen Tesla – Produktion steht still


Ein mutmaßlicher Anschlag hat die Tesla-Autofabrik in Grünheide mit einem Stromausfall lahmgelegt. Unbekannte Täter setzten nach Angaben des Innenministeriums am frühen Dienstagmorgen einen Hochspannungsmast in der Nähe der Autofabrik in Brand, der daraufhin zu einem Produktionsstopp des Tesla-Werks und einem Stromausfall für Zehntausende Bewohner in der Region führte. Der Strommast stand frei auf einem Feld und war nicht eingezäunt.

Die Polizei war unter anderem mit Hubschrauberstaffel, Drohnenstaffel, Einsatzhundertschaft und Diensthunden im Einsatz. Die umliegenden Gemeinden sind seit dem späten Dienstagvormittag wieder mit Strom versorgt – mit Ausnahme der Tesla-Fabrik und eines Logistikzentrums. Der Staatsschutz des Landeskriminalamtes hat die Ermittlungen aufgenommen.

Tesla rechnet mit einem wirtschaftlichen Schaden im „hohen neunstelligen Bereich“. „Wir sind tief bestürzt über das, was heute passiert ist“, sagte Werksleiter André Thierig bei einer Pressekonferenz vor dem Werk in Grünheide. Er geht davon aus, dass allein am Dienstag mehr als 1.000 Autos in der Produktion ausgefallen sind. „Wir rechnen aktuell nicht damit, dass wir im Laufe dieser Woche die Produktion wieder hochfahren können.“

Musk: „Extrem dumm“

Tesla-Chef Elon Musk hat verärgert auf den Produktionsstopp in seiner Fabrik reagiert. „Das sind entweder die dümmsten Ökoterroristen der Welt oder sie sind Marionetten derer, die keine guten Umweltziele haben“, schrieb Musk am Dienstag auf Englisch im Portal X (früher Twitter). „Die Produktion von Elektrofahrzeugen anstelle von Fahrzeugen mit fossilen Brennstoffen zu stoppen, ist extrem dumm.“ Die Worte „extrem dumm“ schrieb der Tesla-Chef auf Deutsch.

Die Polizei geht inzwischen von Brandstiftung aus und prüft ein Bekennerschreiben. Die als linksextremistisch eingestufte „Vulkangruppe“ erklärte am Dienstag: „Wir haben heute Tesla sabotiert.“ Die Gruppe wirft Tesla in einer Mail „extreme Ausbeutungsbedingungen“ vor und fordert eine „komplette Zerstörung der Gigafactory“.

Die als linksextremistisch eingestufte „Vulkangruppe“ ist dem Verfassungsschutz bekannt. Sie wurde bereits 2021 verdächtigt, einen Brandanschlag auf die Stromversorgung der Tesla-Baustelle verübt zu haben. Der Verfassungsschutz Brandenburg schrieb in seinem Bericht 2021, dass die Gruppe in den vergangenen Jahren mehrfach Brandanschläge in Berlin verübt habe.

Umweltaktivisten distanzieren sich

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verurteilte den mutmaßlichen Brandanschlag. „Ein solcher Anschlag auf unsere Strominfrastruktur ist eine schwere Straftat, die durch nichts zu rechtfertigen ist“, sagte Faeser in Berlin. „Wenn sich ein linksextremistisches Motiv bestätigt, dann ist das ein weiterer Beleg, dass in der linksextremistischen Szene vor Angriffen auf kritische Energie-Infrastrukturen nicht zurückgeschreckt wird.“

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck forderte eine schnelle Aufklärung und Ahndung der Taten. „Gewalt und Sabotage dürfen kein Mittel der Auseinandersetzung sein“, sagte der Grünen-Politiker.

Tesla musste wegen der unsicheren Lage im Roten Meer und fehlender Teile die Produktion in diesem Jahr bereits für zwei Wochen stoppen. Bei einer Bürgerbefragung Mitte Februar in Grünheide stimmte außerdem eine deutliche Mehrheit gegen die geplante Erweiterung des Firmengeländes, für die Wald gerodet werden müsste. Seit Donnerstag halten 80 bis 100 Umweltaktivisten einen Teil des Landeswaldes in der Nähe des Werkes besetzt, den Tesla im Falle einer Werkserweiterung roden will.

Einen Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Anschlag wiesen die Umweltaktivisten zurück. „Mit unseren Körpern und Baumhäusern stellen wir uns der Erweiterung der Fabrik entgegen. Dabei gefährden wir keine Menschenleben“, teilte die Initiative Teslastoppen mit. Sie müssen nun mit einer Räumung rechnen: Die Landesregierung prüft, ob sie das Protestcamp neu bewertet. „Das kann auch die Beendigung der Duldung bedeuten“, sagte Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD).

„Eine neue Qualität“

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) warnte vor einer Form von Terrorismus und sieht die Wirtschaft in Gefahr. „Wirtschaftsunternehmen, die in Deutschland investieren, Tesla – aber auch alle anderen – vertrauen darauf, dass der Rechtsstaat sie nicht nur unterstützt, sondern dass er sie auch im Falle der Fälle solcher Anschläge schützt und das werden wir tun“, sagte Woidke in Potsdam. Der mutmaßliche Anschlag auf die Strominfrastruktur sei „ein nicht hinnehmbarer Akt der Gewalt“.

„Ich glaube, das ist eine neue Qualität, die wir an der Stelle haben“, sagte Innenminister Michael Stübgen (CDU). Er sprach von einem perfiden Anschlag auf die Strominfrastruktur, sollten sich die ersten Erkenntnisse bestätigen. „Das wird Konsequenzen haben. Hier wurden tausende Menschen von der Grundversorgung abgeschnitten und in Gefahr gebracht.“

320°/dpa/re

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