Phosphor aus Klärschlamm

Direkt aufs Feld oder erst einmal aufbereiten: Was mit Klärschlamm passieren soll, wird seit Längerem diskutiert. Erste Verfahren, Phosphor großtechnisch aus Klärschlämmen zurückgewinnen, werden derzeit erprobt. Eines davon ist das so genannte Stuttgarter Verfahren.

Recyceln nach dem Stuttgarter Verfahren


Während einige Bundesländer einen Teil des Klärschlamms immer noch kostengünstig als Dünger auf ihren Feldern verwerten, bemühen sich andere, komplett aus dieser Art der Verwertung auszusteigen. Auch Baden-Württemberg gehört dazu. Das Land verbrennt über 90 Prozent seiner Klärschlämme. Doch leider geht dabei auch der darin enthaltende Phosphor verloren.

Um den begehrten Roh- und Nährstoff zu gewinnen, erproben die Baden-Württemberger deshalb das sogenannte Stuttgarter Verfahren. Das Verfahren wurde am Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte und Abfallwirtschaft (ISWA) der Universität Stuttgart entwickelt und läuft seit dreieinhalb Jahren in einer Kläranlage des Abwasserzweckverbands Raum Offenburg (AZV). Das Ziel ist es, Phosphor industriell aus Klärschlamm zurückzugewinnen. Dazu ist inzwischen eine Demonstrationsanlage in Betrieb gegangen, die momentan fünf Prozent des anfallenden Klärschlamms in Offenburg behandelt. Rund 160.000 Einwohner sind an die Kläranlage angeschlossen. Und es funktioniert, wie das Umweltbundesamt bei einem Besuch der Anlage festgestellt hat.

Verfahren liefert Dünger in drei Schritten

Das Verfahren ist so ausgelegt, dass im ersten Schritt Phosphor mittels Schwefelsäure aus dem Klärschlamm herausgelöst wird. Der Schlamm wird anschließend entwässert. In einem zweiten Schritt werden Zitronensäure und Magnesiumoxid zugegeben. Dabei entsteht das Produkt Magnesium-Ammonium-Phosphat (MAP). Die Zitronensäure verhindert laut Umweltbundesamt, dass Schwermetalle das Endprodukt belasten. Durch die Zugabe von Magnesium-Oxid bei einem pH-Wert von 8 fällt das Produkt aus und setzt sich ab. Der Rest geht zurück in die Kläranlage. Zum Schluss muss das MAP nur noch getrocknet werden, und der Dünger ist fertig.

Wie die Dessauer Behörde berichtet, konnten bereits in Voruntersuchungen mit dem Stuttgarter Verfahren circa 50 bis 60 Prozent Phosphor bezogen auf die zugeführte Phosphorfracht zurückgewonnen werden. Darüber hinaus sei der Schwermetallgehalt im Endprodukt Magnesium-Ammonium-Phosphat deutlich reduziert. Und es gibt einen weiteren Vorteil, den das Umweltbundesamt in dem Verfahren erkennt: Gleichzeitig wird aus dem Prozess nicht nur Phosphor, sondern auch Stickstoff zurückgewonnen.

Unterm Strich sieht das Umweltbundesamt das Stuttgarter Verfahren als einen guten und vielversprechenden Ansatz, der grundsätzlich auf viele andere Kläranlagen anwendbar ist. Dennoch müsse das Verfahren seine Konkurrenzfähigkeit gegenüber anderen Verfahren noch beweisen. So werden derzeit auch Demonstrationsanlagen betrieben, um Klärschlammaschen aus Monoverbrennungsanlagen aufzubereiten. Aber auch die Monoverbrennung, bei der parallel Phosphor gewonnen und Düngemittel hergestellt werden, ist bislang noch nicht großtechnisch erprobt.

In jedem Fall dürfte aber feststehen, dass die landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm ein Auslaufmodell ist. Denn zum einen ist der Ausstieg politisch gewollt; eine neue Fassung der Klärschlamm-Verordnung wird derzeit diskutiert. Und zum anderen ist Deutschland laut Umweltbundesamt zu 100 Prozent vom Import mineralischer Phosphate abhängig. Circa 130.000 Tonnen werden pro Jahr in die Bundesrepublik eingeführt. Der Bedarf für ein Rückgewinnungsverfahren von Phosphor ist also vorhanden, jetzt fehlt nur noch eine großtechnisch erprobte Technologie.

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