Niedrige Pegelstände

Angesichts der niedrigen Pegelstände haben sich die Frachtkapazitäten der Binnenschifffahrt stark verknappt. Die Folge sind höhere Preise und ein Wettbewerb um freie Kapazitäten - auch deshalb, weil ein Teil der Binnenschiffe anderweitig eingesetzt wird.

Binnenschiffer: „Wir dürfen nur noch 50 Prozent transportieren“


Die Trockenheit schränkt das Geschäft der Frachtschiffe auf dem Rhein und anderen Flüssen in Deutschland stark ein. „Wir dürfen nur noch etwa 50 Prozent der Menge transportieren, die wir transportieren könnten“, sagt der Vorstand der Deutschen Transport-Genossenschaft Binnenschifffahrt, Roberto Spranzi. Hintergrund sind die aktuell niedrigen Pegelstände der Flüsse, weshalb die Schiffe nicht zu schwer sein dürfen.

Das verbleibende Angebot an Transportkapazitäten trifft nun auf eine starke Nachfrage. „Wir sind ausgebucht“, so Spranzi. Da Deutschland wegen der Gaskrise wieder verstärkt auf Kohlekraftwerke setzt, sei unter anderem die Nachfrage nach Kohle deutlich gestiegen. Hinzu kommt, dass ein Teil der Binnenschiffe, die üblichweise auf deutschen Flüssen fahren, derzeit in Europa in den Transport von ukrainischem Getreide eingebunden ist. „Das hat die Frachtkapazitäten hierzulande spürbar verknappt“, sagt Spranzi, dessen Genossenschaft mehr als 100 Schiffe hat.

Steigende Frachtpreise

Der ebenfalls in Duisburg ansässige Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) spricht von einer „enorm hohen Nachfrage nach Schiffsraum“, etwa für Kohle, Container und Getreide. Diese Nachfrage balle sich nun wegen der Getreidetransporte und des Wiederhochfahrens der Kohlekraftwerke. „Deshalb kann es passieren, dass nicht jeder Kunde in dem Umfang bedient werden kann, wie er es sich wünscht“, sagt Verbandsgeschäftsführer Jens Schwanen. Das führe „zu einer gewissen Verschärfung der Situation, die durch das Niedrigwasser ohnehin bereits gegeben ist“.

Wenn Binnenschiffer weniger Frachtgut laden dürfen als sie können, werden sie in der Regel nicht schlechter bezahlt. „Die geringere Abladung wird kompensiert durch den sogenannten Kleinwasserzuschlag“, erklärt Branchenvertreter Spranzi. Dieser Zuschlag werde bei gewissen Pegelständen fällig – „und das kompensiert zu großen Teilen den Verlust“, sagt er. „Für die Firmenkunden heißt das: Sie bekommen weniger Ware und die ist teurer.“

„Krisenresilienzplan für Trockenperioden“

Das Niedrigwasser treibt auch den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) um. „Die deutsche Industrie sieht die Gefahr, dass die niedrigen Pegelstände die Kapazitäten in der bereits hoch ausgelasteten Binnenschifffahrt weiter verknappen“, teilte der BDI am Mittwoch mit. Die Lage könne sich rasch zuspitzen, auch wenn die Versorgung der Industrie über die Wasserstraßen noch sichergestellt sei.

„Erste Pegelstände im Rhein liegen bereits unter dem Niveau des Extremniedrigwasserjahrs 2018“, gibt der BDI zu bedenken. Die Bundesregierung sollte deshalb gemeinsam mit den Ländern, der Logistikwirtschaft und der Industrie ein engmaschiges Monitoring aufsetzen und den Umgang mit drohenden Engpässen auf den Wasserstraßen frühzeitig vorbereiten. Die Versorgungssicherheit von Privathaushalten und Unternehmen habe in der aktuellen Situation höchste Priorität.

„Die Binnenschifffahrt braucht für kommende Trockenperioden einen Krisenresilienzplan und für Niedrigwasser geeignete Schiffe“, fordert der BDI. Der Bund müsse die notwendigen Haushaltsmittel für die Modernisierung der Infrastruktur bereitstellen. Es braucht schnellere und einfachere Genehmigungen und effiziente Pläne für den Bau von Verkehrsinfrastrukturen.

320°/dpa/re

Mehr zum Thema
Wird die Energie- und Antriebswende ausgebremst?
Alternative Papiersorten: Wie gut sind die Top Ten wirklich?