Automobilmarkt

Chinas Autobauer galten lange als Kopierer deutscher Ingenieurskunst. Nun wagen sie den Schritt auf den europäischen Markt. Der Hersteller Xpeng kommt mit einem besonderen Angebot.

IAA in München: Chinesen drängen nach Europa


BYD, Nio, Xpeng, Leapmotor – chinesische Automarken sind in Deutschland bisher vor allem Insidern und Autofans ein Begriff. Doch die Newcomer aus der Volksrepublik arbeiten hart daran, das zu ändern. Sie wollen mit dem aufkommenden Elektrozeitalter ihre Präsenz in Europa deutlich ausbauen. Auf der Automobilausstellung IAA in München präsentieren sie sich von diesem Dienstag an dem Publikum.

Als ein Zeichen für den zunehmenden Erfolg chinesischer Anbieter gelten etwa die Pläne von VW, für zwei neue Elektro-Mittelklassemodelle in China auf die Technik des chinesischen Start-ups Xpeng zurückzugreifen. Aber auch außerhalb China versucht Xpeng, Fuß zu fassen. Bisher ist der Hersteller insbesondere in nordeuropäischen Ländern am Start, für kommendes Jahr stehen nun auch Frankreich und Großbritannien auf dem Plan.

Auch der chinesische Elektroautobauer BYD wächst. Er will seine Autos bald auch in Deutschland verkaufen. Das Unternehmen hat in diesem Jahr nicht nur VW in China nach Jahrzehnten die Marktführerschaft abgeluchst, weil die Wolfsburger mit ihren Elektroautos dort Probleme haben. Zudem haben die Chinesen weltweit im Gesamtverkauf auch den US-Elektropionier Tesla hinter sich gelassen.

Xpeng bietet Batterietausch an

Bei Nio, deren Autos bereits in Deutschland verfügbar sind, stehen die Zeichen ebenfalls auf Wachstum. „Wir sind in Europa noch relativ klein“, sagt Europachef Hui Zhang. „Aber wenn wir bei einem Absatz um die 100.000 Fahrzeuge liegen, könnte sich eine Fabrik in Europa rentieren.“ Der chinesische Autobauer punktet bei seinen deutschen Käufern vor allem mit einem hierzulande bislang einzigartigen Angebot: Statt ihre Batterie selbst zu laden, können Nio-Fahrer sie in einer Wechselstation binnen weniger Minuten automatisch austauschen lassen. Das Unternehmen aus Shanghai will dieses Jahr weltweit annähernd 200.000 E-Autos verkaufen.

Die deutschen Autobauer stemmen sich dagegen: BMW mit dem Konzeptfahrzeug zu seiner kommenden und völlig neu entworfenen Modellgeneration „Neue Klasse“. Sie soll dem Autobauer seine Stellung auch bei Elektroantrieben sichern. Mercedes hat seinen neuen CLA als „Ein-Liter-Auto“ bezeichnet, um die Sparsamkeit mit weniger als zwölf Kilowattstunden Verbrauch auf 100 Kilometern zu illustrieren.

VW-Konzernchef Oliver Blume sieht die Ambitionen der Chinesen noch nicht als Bedrohung. „Wir haben das Fahrzeug-Know-how, wir haben das Qualitätsniveau. Und wir haben ein Markenerbe. Das haben die Neuen nicht.“ Preislich werde der Unterschied zu den etablierten Anbietern nicht so hoch sein. „Die Chinesen werden das Kostenniveau, das sie in China anbieten, in Europa nicht anbieten können“, prophezeite er.

„Wir werden auf der Kostenseite hart arbeiten müssen“, räumt Blume ein. Allerdings zeigt er Zuversicht. Das gelte vor allem für die Batterie als größtem Kostenblock beim E-Auto.

Produktion bei VW stockt

VW will seinen Marken mit unterscheidbaren Designs wieder zu mehr Geltung verhelfen. Die Wolfsburger präsentieren auf der IAA eine sportlichere GTI-Version ihrer Elektrobaureihe ID. Fachleute sehen aber auch beim Design der deutschen Marken Nachholbedarf. Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer rät, dass sich die deutschen Autobauer nicht zu sehr auf ihre erfolgreichen Wurzeln im Design besinnen sollten, um sich die Sicht auf Neuerungen nicht zu verbauen.

Philipp Kupferschmidt, Autoexperte bei der Unternehmensberatung Accenture, empfiehlt auch generell den Blick nach vorn. «Wir dürfen nicht den Fehler machen, aufgrund der Erfolge der Vergangenheit zu erwarten, auch in Zukunft erfolgreich zu sein.» Die Zeit dränge.

Symptomatisch für das aktuelle Umfeld kündigten sich beim Branchenschwergewicht VW neue Produktionsprobleme an. Wegen der verheerenden Hochwasser in Slowenien und daher fehlenden Motorteilen musste bereits ein Werk in Portugal die Montage ab dem 11. September für zwei Monate stilllegen. Auch im Stammwerk in Wolfsburg werden einzelne Schichten in der Fertigung wegfallen. Für die betroffenen Mitarbeiter soll Kurzarbeit beantragt werden.

320°/dpa

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