Klimawandel

Die Auswirkungen der Klimakrise treffen die Welt immer heftiger. Doch trotz aller Ankündigungen und Klimakonferenzen gehen die Emissionen nicht zurück. Ganz im Gegenteil.

Neuer Höchststand bei CO2-Emissionen


Die weltweiten CO2-Emissionen aus fossilen Energieträgern wie Kohle, Erdöl und Erdgas steigen weiter an. Sie werden 2023 mit voraussichtlich 36,8 Milliarden Tonnen pro Jahr ihren Höhepunkt erreichen, schreiben die Experten im Bericht zum globalen Kohlenstoffbudget. Das wären 1,1 Prozent mehr als 2022 und 1,4 Prozent mehr als im Vorkrisenjahr 2019.

„Die Auswirkungen des Klimawandels sind überall um uns herum offensichtlich, aber die Maßnahmen zur Verringerung der Kohlenstoffemissionen durch fossile Brennstoffe bleiben schmerzhaft langsam“, sagte Forschungsleiter Pierre Friedlingstein von der University of Exeter (Großbritannien). An dem Bericht, der am Dienstag in der Fachzeitschrift „Earth System Science Data“ veröffentlicht wurde, waren mehr als 120 Experten beteiligt.

Klimaziel in Gefahr

Der Anteil des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) in der Luft wird demnach im Jahr 2023 durchschnittlich 419,3 ppm (parts per million, Teile pro Million) betragen, 51 Prozent mehr als im Jahr 1750. „Es erscheint unausweichlich, dass wir das 1,5-Grad-Ziel überschreiten werden – und die letzten Jahre haben uns drastisch vor Augen geführt, wie gravierend die Folgen des Klimawandels bereits jetzt sind“, sagte Julia Pongratz von der Ludwig-Maximilians-Universität München, eine der Hauptautorinnen des Berichts.

Nach dem Abkommen der Pariser Klimakonferenz von 2015 soll die globale Durchschnittstemperatur um nicht mehr als 1,5 Grad Celsius gegenüber der Zeit vor der industriellen Revolution ansteigen. Das globale CO2-Budget, das noch ausgestoßen werden darf, um dieses Ziel mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent zu erreichen, wird jedoch beim Emissionsniveau von 2023 in sieben Jahren aufgebraucht sein, schreiben die Experten in dem Bericht.

Grafik: picture alliance/dpa-Infografik

Anhand einer Vielzahl von Messwerten und sorgfältig geprüften Computermodellen haben die Forscher ermittelt, dass Indien in diesem Jahr 8,2 Prozent mehr CO2 aus fossilen Brennstoffen ausgestoßen hat als 2022. Damit hat das bevölkerungsreichste Land der Erde höhere Emissionen als die Europäische Union.

China, das für 31 Prozent aller weltweiten fossilen CO2-Emissionen verantwortlich ist, hat 2023 vier Prozent mehr fossiles CO2 ausgestoßen als im Vorjahr. Demgegenüber konnten die USA ihre Emissionen um 3,0 Prozent und die EU sogar um 7,4 Prozent senken. Im Rest der Welt gab es einen Rückgang um 0,4 Prozent.

Für Deutschland enthält der Bericht keine Vorausberechnung für 2023. Im vergangenen Jahr hatte die Bundesrepublik ihre fossilen CO2-Emissionen um 1,9 Prozent gesenkt. Im Vergleich zu 1990 konnte Deutschland seine CO2-Emissionen um 36,8 Prozent auf 0,67 Milliarden Tonnen senken (entspricht 1,8 Prozent der weltweiten Emissionen). Dennoch muss auch hierzulande noch mehr getan werden, um CO2 einzusparen.

Aufforstung kommt nicht hinterher

Ein weiterer Schwerpunkt des Berichts sind die sogenannten Landnutzungsänderungen, insbesondere die Entwaldung. Durch Landnutzungsänderungen wurden 2023 schätzungsweise 4,1 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre abgegeben. Das ist etwas weniger als der Durchschnitt der Jahre 2013 bis 2022 mit 4,7 Milliarden Tonnen.

In diesem Jahrzehnt wurden zwar jährlich 1,9 Milliarden Tonnen CO2 durch Wiederaufforstung der Atmosphäre entzogen, dies reichte aber nicht aus, um die Emissionen von 4,2 Milliarden Tonnen pro Jahr durch dauerhafte Entwaldung, vor allem in Brasilien, Indonesien und im Kongo, auszugleichen.

Erstmals weist der Bericht auch die Reduktion des atmosphärischen CO2 durch technische Maßnahmen aus. Diese beträgt derzeit allerdings nur 0,00001 Milliarden Tonnen CO2 – also deutlich weniger als ein Millionstel der heutigen CO2-Emissionen.

Dennoch seien Technologien wie die direkte CO2-Abscheidung aus der Luft und anschließende Speicherung (Direct Air Carbon Capture and Storage – DACCS) notwendig, betonte Jan Minx vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) in Berlin. „Wenn wir die Atmosphäre irgendwann mal aufräumen wollen, weil wir nicht mit Klimaschäden von 1,5 Grad leben wollen, dann brauchen wir diese Technologien.“

320°/dpa

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