UN-Klimakonferenz

Auf der UN-Klimakonferenz in Dubai hat sich die Weltgemeinschaft erstmals auf eine Abkehr von fossilen Energieträgern geeinigt. Doch was ist der Beschluss wert? Umweltverbände sind vorsichtig optimistisch.

„Nur ein Anfang“ – Klimakonferenz ruft zur Abkehr von Fossilen auf


Nach jahrzehntelangen Diskussionen hat sich die Weltgemeinschaft auf der UN-Klimakonferenz in Dubai erstmals auf eine Abkehr von fossilen Energieträgern geeinigt. Allerdings kommt der von mehr als 100 Staaten geforderte klare Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas in dem am Mittwoch beschlossenen Abschlusstext nicht vor.

Außenministerin Annalena Baerbock sprach dennoch von einem „Tag der großen Freude“. Viele auf der Welt hätten lange auf dieses Ergebnis hingearbeitet. Und für die Europäische Union und Deutschland sei es „nur ein Anfang“: Man wolle nicht nur aus den fossilen Energien aussteigen, sondern auch die verletzlichsten Staaten unterstützen.

Abkehr von Kohle, Öl und Gas erstmals erwähnt

Nach rund 24-stündiger Verlängerung und nächtlichen Verhandlungen kam die Konferenz am Vormittag überraschend plötzlich zum entscheidenden Punkt: Konferenzpräsident Sultan Al-Dschaber nahm den erst kurz zuvor veröffentlichten Textentwurf gleich zu Beginn der Plenarsitzung mit dem entscheidenden Hammerschlag an. So kommen Beschlüsse auf Klimakonferenzen zustande, bei denen das Einstimmigkeitsprinzip gilt.

Doch die von der Klimakrise besonders bedrohten Inselstaaten waren zu diesem Zeitpunkt nach eigenen Angaben gar nicht im Plenum: Eine Vertreterin Samoas sagte, die Inselstaaten hätten sich noch koordinieren müssen. „Wir können nicht auf unsere Inseln zurückkehren mit der Botschaft, dass dieser Prozess uns betrogen hat“, sagte sie kurz darauf. „Die Kurskorrektur, die wir brauchten, ist nicht erreicht worden.“ Für Änderungen war es aber da schon zu spät.

Das nun verabschiedete 21-seitige Dokument fordert die Staaten auf, in ihren Energiesystemen auf fossile Brennstoffe zu verzichten. Mehr als hundert Staaten hatten zuvor eine weitergehende Formulierung gefordert, nämlich einen Ausstieg („Phase out“). Der Text lässt auch Hintertüren offen – etwa die weitere Nutzung von Gas sowie den Einsatz umstrittener Technologien zur CO2-Speicherung und -Abscheidung. Ebenfalls enthalten ist das Ziel, die Kapazität der erneuerbaren Energien bis 2030 zu verdreifachen und das Tempo bei der Energieeffizienz in diesem Zeitraum zu verdoppeln.

Konferenzpräsident Sultan Al-Dschaber aus den Vereinigten Arabischen Emiraten sprach strahlend und applaudierend von einem „historischen Paket“. Es sei ein robuster Aktionsplan, um das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite zu halten. Gemeint ist das 2015 international vereinbarte Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Viele Klimaexperten und Umweltschützer bezweifeln allerdings, dass die Beschlüsse von Dubai dafür ausreichen.

„Beginn vom Ende der Öl-, Gas- und Kohleindustrie“

Luisa Neubauer von Fridays for Future sagte, die Klimabewegung habe hart für diese globale Abkehr von fossilen Energien gekämpft. Gemessen am Widerstand der Kohle-, Öl- und Gaslobby sei das ein großer Schritt, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Die Konferenz habe aber auch gezeigt, „dass die Profite der Öl-Firmen bis heute erfolgreicher beschützt werden als die betroffensten Regionen der Welt“.

Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch, sagte, die Beschlüsse von Dubai könnten ein historischer Schritt sein – „aber nur, wenn in den nächsten Jahren tatsächlich weltweit ein massives Herunterfahren von Kohle, Öl und Gas erfolgt.“

Der deutsche Greenpeace-Chef Martin Kaiser würdigte das Ergebnis als Beginn vom Ende der Öl-, Gas- und Kohleindustrie – „nicht mehr, auch nicht weniger“. „Die Dominanz und das destruktive Vorgehen der ölexportierenden Länder, der einflussreichen Öl- und Gaslobby sowie der kohleabhängigen Länder wurden auf der Weltklimakonferenz überdeutlich und verhinderten weitergehende und verbindliche Beschlüsse.“

Der Oxfam-Experte Jan Kowalzig fügte hinzu, das Ergebnis habe bedenkliche Schattenseiten und Schlupflöcher, darunter die Betonung der Rolle von Erdgas als Übergangslösung. „Das werden Förderländer und die fossile Industrie als Freifahrtschein für die Ausweitung der Gasförderung werten.“

EU-Klimakommissar zufrieden

UN-Klimachef Simon Stiell bezeichnete den Beschluss als Schritt in die richtige Richtung – der aber nicht ganz ausreiche. „Auch wenn wir das Zeitalter der fossilen Brennstoffe in Dubai nicht beendet haben, ist dieses Ergebnis der Anfang vom Ende.“

EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra, der für die Europäische Union in Dubai federführend verhandelte, lobte hingegen das Ende der Konferenz als „Tag, an dem man sich darüber freuen könne, dass „die Menschheit endlich getan hat, was lange, lange überfällig war“.

Die Gruppe der am wenigsten entwickelten Länder erklärte, der Abschlusstext erkenne die „Billionen von Dollar“ an, die zur Bekämpfung des Klimawandels in ihren Ländern notwendig seien. Dennoch bestehe eine riesige Kluft zwischen den Bedürfnissen der Entwicklungsländer und den verfügbaren Finanzmitteln.

320°/dpa

Mehr zum Thema
Halbierung der Umweltverschmutzung – EU-Parlament beschließt schärfere Grenzwerte
„Es ist besser, CO2 im Boden zu haben als in der Atmosphäre“
Neue Kennzeichnung für CO2-armen Stahl
„CO2 wird künftig ein knappes Gut sein“
Was versteht man unter „klimaneutral“?
Klimaneutrales Erdgas? Experten zweifeln CO2-Kompensation an
Ampel-Fraktionen einigen sich auf Klimaschutzgesetz und Solarpaket