Wärmeversorgung

Energie aus dem Grundwasser oder der Erde könnte ein Baustein für die klimafreundliche Wärmeversorgung der Zukunft sein. Eine Studie liefert dazu erstaunliche Zahlen. Doch die Sache hat einen Haken.

Studie: 60 Prozent der Gebäude könnten mit Erdwärme beheizt werden


Mehr als 60 Prozent der Gebäude in Bayern könnten ihren Wärmebedarf theoretisch vollständig mit oberflächennaher Geothermie decken – also mit Grundwasserwärmepumpen, Erdwärmesonden und Erdwärmekollektoren. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie unter anderem der Technischen Universität München und der Universität Erlangen-Nürnberg, die das Wirtschaftsministerium als Auftraggeber am Donnerstag im Wirtschaftsausschuss des Landtags vorstellte.

Um das Potenzial voll auszuschöpfen, müsste allerdings ein Großteil der Gebäude zunächst energetisch saniert werden – also gedämmt oder mit neuen Fenstern ausgestattet werden. Da dies beim derzeitigen Gebäudezustand nicht der Fall ist, könnten laut Studie nur knapp fünf Prozent der Gebäude ihren Wärmebedarf vollständig über Grundwasserwärmepumpen und Ähnliches decken.

Die Studie berücksichtigt allerdings nicht, dass in der Praxis Teillösungen denkbar oder sogar üblich sind: Dass also nicht gleich der gesamte Wärmebedarf eines Hauses durch oberflächennahe Geothermie gedeckt werden muss, sondern diese Energie nur ein Baustein im Heizsystem sein kann.

Energieatlas zeigt geeignete Standorte

Sowohl Vertreter der Koalition als auch der Opposition bezeichneten die Ergebnisse der Studie als vielversprechend. Dabei scheint sich durchzusetzen, die Erdwärme als „Schatz“ zu betrachten. Bereits in der vergangenen Woche hatte die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin Mona Naubaur (Grüne) bei der Vorstellung des NRW-Masterplans Geothermie“ gesagt: „Unter unseren Füßen liegt ein Schatz.“ Der bayerische Grünen-Energieexperte Martin Stümpfig sagte nun, Bayern habe einen „Riesenschatz“ unter der Erde. Die wirtschaftspolitische Sprecherin der CSU-Landtagsfraktion, Kerstin Schreyer, sprach von einem „Goldschatz“.

Grafik: picture alliance/dpa-Infografik

Welche Standorte in Bayern zur Verfügung stehen, zeigt der Energieatlas Bayern. Auch die jeweilige Leistung und die entnehmbaren Wärmemengen sind in dem Atlas dargestellt. „Mit den neuen Karten im Energieatlas unterstützen wir Bürger und Kommunen bei der Wärmeplanung aus Erdwärme“, sagte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). „Anhand der Daten können sie einschätzen, wie hoch der Bedarf an verschiedenen Orten ist und sich einen ersten groben Überblick verschaffen.“

Zudem findet sich im Internet eine bayernweite sogenannte Wärmedichtekarte, die den Wärmebedarf von Wohn- und Nichtwohngebäuden in einem Raster von 100 mal 100 Metern mit Ausnahme von Industriegebäuden zeigt.

Stümpfig kritisierte, dass das Umweltministerium trotz langer Ankündigung immer noch keinen neuen Leitfaden für Erdwärmesonden herausgegeben habe. Problematisch sei, dass vielerorts in Bayern nur geringe Bohrtiefen zulässig seien.

Außerdem betonte Stümpfig, dass bei den Berechnungen und Prognosen berücksichtigt werden müsse, dass auch in unsanierten oder nur teilweise sanierten Häusern mit oberflächennaher Geothermie als Ergänzung zu einer bestehenden Heizung viel erreicht werden könne. Dies sei angesichts des Aufwandes oft realistischer als eine vorherige Komplettsanierung.

320°/dpa

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