Neue Verantwortung

Deutschland ändert seine Strategie zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045. Die Regierung erhält mehr Spielraum, um auf Abweichungen zu reagieren. Die neue Regelung erlaubt es, Überschüsse und Defizite zwischen den Sektoren auszugleichen.

Reform des Klimaschutzgesetzes ist beschlossen


Der Bundestag hat am Freitag eine weitreichende Reform des Klimaschutzgesetzes beschlossen. Mit der Neufassung werden Änderungen eingeführt, die eine Gesamtverantwortung der Bundesregierung für die Einhaltung der Klimaziele festschreiben. Künftig kann eine Übererfüllung in einem Bereich zur Kompensation in einem anderen Bereich genutzt werden. So könnten beispielsweise höhere CO2-Einsparungen bei der Stromerzeugung Defizite im Verkehrsbereich ausgleichen.

„Dem Klima ist es egal, wo Emissionen eingespart werden“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Bisherige sektorspezifische Sofortmaßnahmen, wie sie speziell im Verkehrs- und Gebäudesektor gefordert waren, entfallen.

Die Bundesregierung muss demnach erst nachsteuern, wenn die Zielerreichung für das Jahr 2030 in zwei aufeinander folgenden Jahren gefährdet ist. Dies verdeutliche den Ansatz, Klimaschutzmaßnahmen über einen längeren Zeitraum zu strecken und so harte Freiheitseinschränkungen zu vermeiden, sagte FDP-Chef Christian Lindner.

Im vergangenen Jahr hat vor allem der Verkehrssektor die gesetzlichen Vorgaben zum Kohlendioxid-Ausstoß (CO2) verfehlt. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte vor der Abstimmung mit drastischen Maßnahmen bis hin zu Fahrverboten an Wochenenden gedroht, sollte das Gesetz nicht bis zum Sommer kommen. Wissing betonte, dass ohne die Reform ein Sofortprogramm nötig gewesen wäre, um die Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen.

Kritik von Opposition und Umweltverbänden

Die Grünen sehen in dem neuen Klimaschutzgesetz einen Fortschritt, weil es erstmals verbindliche Maßnahmen auch für den Zeitraum 2030 bis 2040 vorsieht. „Das Klimaschutzgesetz schaut in Zukunft nach vorne“, sagte Katharina Dröge, Fraktionsvorsitzende der Grünen. Sie betonte aber auch, dass eine stärkere Eigenverantwortung der Sektoren wünschenswert gewesen wäre.

Kritik am neuen Gesetz kam sowohl von der CDU als auch von Umweltverbänden und der Linken. Andreas Jung (CDU) bezeichnete die Reform als „Entkernung des Klimaschutzgesetzes“ und sprach von einem Rückschritt. Die CSU-Abgeordnete Anja Weisgerber sprach von einem „schwarzen Tag für den Klimaschutz“. Ein Bündnis von Umwelt- und Klimaschutzorganisationen hält die Novelle für verfassungswidrig.

Linken-Politiker Bernd Riexinger sagte, die Bundesregierung nehme europäische Strafzahlungen in Kauf, weil eine EU-Lastenteilungsregelung weiterhin die Einhaltung von Sektorzielen verlange. Diese Strafzahlungen könnten in die Milliarden gehen. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sagte mit Blick auf die EU-Verordnung, deshalb müssten vor allem der Verkehrs- und der Gebäudesektor weiterhin Minderungsziele erreichen.

Deutschland muss seine Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 65 Prozent gegenüber 1990 senken und bis 2045 treibhausgasneutral sein.

320°/dpa/re

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