Konjunktur

Weniger Kaufkraft, hohe Zinsen und viele Risiken: Die EU-Wirtschaft ist schwächer ins Jahr gestartet und wird voraussichtlich langsamer wachsen als erwartet. Besonders schwach entwickelt sich die deutsche Wirtschaft.

EU-Kommission senkt Wachstumsprognose


Die Wirtschaft in der EU wird nach einer Prognose der Europäischen Kommission in diesem Jahr langsamer wachsen als zuletzt erwartet. Die Behörde senkte ihre Konjunkturprognose am Donnerstag zum dritten Mal in Folge. Auch für Deutschland haben sich die Aussichten eingetrübt – Europas größte Volkswirtschaft dürfte in diesem Jahr mit einem Mini-Wachstum das Schlusslicht im Euroraum bilden.

Für die EU rechnet die Kommission in diesem Jahr mit einem Wachstum von 0,9 Prozent. Im Herbst war die Behörde noch von 1,3 Prozent ausgegangen. Für den Euroraum prognostiziert die Kommission nun ein Wachstum von 0,8 Prozent (Herbst: 1,2 Prozent).

„Nach einem schwierigen Jahr 2023 hat sich die europäische Wirtschaft etwas schwächer entwickelt als erwartet“, sagte Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis. Im Laufe des Jahres und bis 2025 dürfte sich die Erholung jedoch allmählich beschleunigen. Reallohnzuwächse in Verbindung mit einem robusten Arbeitsmarkt dürften die Verbrauchernachfrage stützen, so Dombrovskis. Für 2025 wird ein Wachstum von 1,7 Prozent in den USA und 1,5 Prozent in der Eurozone erwartet.

Unsicherheiten bleiben

Allerdings stehe die Prognose vor dem Hintergrund verschiedener Risiken: „Geopolitische Spannungen, ein immer instabileres Klima und eine Reihe entscheidender Wahlen in diesem Jahr auf der ganzen Welt sind allesamt Faktoren, die die Unsicherheit in Bezug auf diese Aussicht erhöhen“, sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni.

Unsicherheiten bestünden insbesondere wegen der Gefahr einer weiteren Ausweitung des Konflikts im Nahen Osten, so die Kommission. Der Anstieg der Schifffahrtskosten infolge der Schwierigkeiten im Roten Meer dürfte sich nur geringfügig auf die Inflation auswirken. „Weitere Unterbrechungen könnten jedoch zu erneuten Versorgungsengpässen führen, die die Produktion abwürgen und Preise in die Höhe treiben könnten“, hieß es.

Seit Beginn des Gaza-Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas greifen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Roten Meer immer wieder Schiffe an, die angeblich mit Israel in Verbindung stehen. Große Reedereien meiden die Route. Rund zehn Prozent des Welthandels werden über das Rote Meer abgewickelt.

Innerhalb der EU bleibe abzuwarten, wie sich beispielsweise Konsum und Lohnwachstum entwickeln – ebenso wie die Zinsen. Auch Klimarisiken und häufigere Wetterextreme bleiben eine Bedrohung.

Grafik: picture alliance/dpa-Infografik

Auch für Deutschland hat die EU-Kommission ihre Prognose nach unten korrigiert: Die deutsche Wirtschaft werde in diesem Jahr um 0,3 Prozent wachsen (Herbst: 0,8 Prozent). Gründe sind unter anderem der Fachkräftemangel und die schwache Auslandsnachfrage. Keinem anderen Euroland sagt die Behörde in diesem Jahr ein so geringes Plus voraus.

Auch mit Blick auf die gesamte Staatengemeinschaft ist Deutschland am Ende der Liste zu finden – einzig Schweden steht mit einem prognostizierten Wachstum von 0,2 Prozent noch dahinter. Für das kommende Jahr erwartet die Kommission für Deutschland ein Plus von 1,2 Prozent.

Bei der Preisentwicklung hat Brüssel gute Nachrichten für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Die jährliche Inflationsrate im Euroraum wird sich nach Einschätzung der Kommission schneller abschwächen als noch im Herbst erwartet – von 5,4 Prozent im Jahr 2023 auf 2,7 Prozent im Jahr 2023. Für Deutschland rechnet die Behörde mit 2,8 Prozent in diesem und 2,4 Prozent im kommenden Jahr.

320°/dpa

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