Auktionsverfahren

Unternehmen, die auf klimafreundliche Produktionsverfahren umstellen wollen, können sich ab sofort um staatliche Fördergelder bewerben. Die Industrie begrüßt die Maßnahme. So auch die chemische Industrie. Sie will damit auch das chemische Recycling finanzieren.

Klimaschutzverträge: So finanziert der Staat die Transformation


Für die Umstellung auf klimafreundlichere Produktionsverfahren können Unternehmen in Deutschland künftig Geld aus einem neuen milliardenschweren Fördertopf des Bundes erhalten. Sie müssen sich dafür an einem Auktionsverfahren beteiligen. Den Zuschlag erhält das Unternehmen, das am kostengünstigsten Treibhausgase einsparen kann.

Die erste Auktionsrunde ist jetzt gestartet, für sie stehen vier Milliarden Euro für eine Laufzeit von bis zu 15 Jahren zur Verfügung. Bewerben können sich Unternehmen, die im vergangenen Sommer erfolgreich am vorbereitenden Verfahren teilgenommen haben. In Frage kommen Branchen wie die Papier-, Glas-, Stahl- und Chemieindustrie. Zielgruppe sind laut Wirtschaftsminister Robert Habeck insbesondere mittelständische Unternehmen.

Die Unternehmen haben vier Monate Zeit, um ein Gebot abzugeben. Dazu müssen sie ihre zu erwartenden Mehrkosten für den grünen Umbau kalkulieren, was durchaus anspruchsvoll ist, wie das Wirtschaftsministerium einräumt. Nach weiteren zwei Monaten sollen sie dann Bescheid bekommen, ob sie gefördert werden oder nicht.

Bei den sogenannten Klimaschutzverträgen übernimmt der Staat die Mehrkosten, die im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren entstehen. Die Unternehmen müssen das Geld zurückzahlen, wenn die geförderten Verfahren günstiger und damit wettbewerbsfähig geworden sind. Steigen umgekehrt die Preise, etwa für Wasserstoff, bietet der Bund eine Absicherung und zahlt mehr Geld.

Das Ganze sei „wie ein Versicherungsinstrument“ aufgebaut, sagte Habeck. FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler lobte: „Die zu erwartenden Rückzahlungen verhindern, dass Unternehmen sich von staatlichen Finanzspritzen abhängig machen.“

Klimaschutzverträge auch für chemisches Recycling?

Die EU-Kommission, die normalerweise große staatliche Förderprojekte für die Wirtschaft genehmigen muss, hat das Instrument der Klimaschutzverträge bereits gebilligt. Damit sollen Unternehmen deutlich schneller zu Förderzusagen kommen. Habeck will mit dem neuen Instrument erreichen, dass energieintensive Unternehmen nicht aus Deutschland abwandern.

Einige Ökonomen kritisieren dieses Vorgehen. Sie halten der Bundesregierung vor, mit solchen Subventionen Industrien künstlich im Land zu halten, die anderswo bessere Produktionsbedingungen vorfänden. Damit verhindere die Bundesregierung einen notwendigen Strukturwandel.

„Der notwendige Strukturwandel ist aus meiner Sicht Schönsprech für Verlust von Arbeitskräften und auch Verlust von Energiesicherheit und Verlust von wirtschaftlicher Kompetenz“, entgegnet Habeck. Die Wirtschaft sieht das ähnlich. Die umfangreiche staatliche Unterstützung sei nötig, „wenn die politisch gewünschte Transformation hin zur Klimaneutralität in kurzer Zeit gelingen soll“, sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm. Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) nennt die Klimaschutzverträge ein „positives Signal“ und plädiert dafür, sie langfristig zu etablieren und auch neue Technologien wie das chemische Recycling zu fördern.

Die Umweltorganisation Greenpeace warnt dagegen, dass die Klimaschutzverträge als rein marktwirtschaftliches Instrument diejenigen belohnen, die am wenigsten CO2 einsparen. Damit werde das Land an alte, klimaschädliche Technologien gekettet. Die Industrie wünsche sich mit „gefährlichen Scheinlösungen wie CCS und blauem Wasserstoff ein grün verkleidetes ‘weiter so’“, sagte der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser. Dies müsse bei der Vergabe von Klimaschutzaufträgen unbedingt verhindert werden.

320°/dpa/re

Mehr zum Thema
Betonherstellung: So soll der CO2-Ausstoß auf netto Null reduziert werden
Halbierung der Umweltverschmutzung – EU-Parlament beschließt schärfere Grenzwerte
„Es ist besser, CO2 im Boden zu haben als in der Atmosphäre“
EU-Parlament stimmt Ökodesign-Verordnung zu
Strabag erweitert Portfolio um ökologische Dämmstoffe
Neue Kennzeichnung für CO2-armen Stahl
„CO2 wird künftig ein knappes Gut sein“
Was versteht man unter „klimaneutral“?
Was bislang zum EU-Batteriepass bekannt ist
Klimaneutrales Erdgas? Experten zweifeln CO2-Kompensation an
Schott produziert optisches Glas mit 100 Prozent Wasserstoff
Ampel-Fraktionen einigen sich auf Klimaschutzgesetz und Solarpaket