Abwasser als Energiequelle

Kläranlagen sind Stromfresser. Dabei könnte man bei der Klärung von Abwässern sogar Strom gewinnen. Wie das möglich werden könnte, wird derzeit in einem EU-Projekt erforscht. Bereits Mitte 2016 sollen erste große Demonstrationsanlagen installiert werden.

Kläranlage wird zum Kraftwerk


Kläranlagen gehören zu den größten Stromverbrauchern. Allein in Deutschland werden jährlich insgesamt rund 4.400 Gigawattstunden Strom für die Abwasserreinigung aufgewandt – immerhin die Hälfte der Jahresproduktion eines großen Kraftwerks. Die Energie, die EU-weit für die Klärung des Abwassers benötigt wird, entspricht bereits der Produktion von zwei großen Kraftwerken. Dabei wäre es durchaus möglich, Kläranlagen so zu planen und zu betreiben, dass sie keinen Strom verbrauchen, sondern stattdessen sogar Energie aus erneuerbaren Quellen ins Stromnetz einspeisen.

Dass aus den Stromfressern in Zukunft tatsächlich Stromproduzenten werden können, will das EU-Projekt PowerStep beweisen. Das in den Kläranlagen schlummernde Energiepotenzial scheint in der Tat auch recht groß sein. „Zieht man das gesamte innerhalb der EU anfallende Abwasser und das darin enthaltene organische Material in Betracht, errechnet sich daraus ein Energiepotenzial von etwa 87.500 Gigawattstunden pro Jahr“, sagt Projektleiter Jörg Krampe, der als Professor am Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft der Technischen Universität Wien tätig ist.

„Die im Abwasser chemisch gebundene Energie wird nach dem heutigen Stand der Technik mit Hilfe verschiedener Prozesse nutzbar gemacht“, erklärt Krampe. Die Verfahren könnten allerdings mit konsequenter Weiterentwicklung noch deutlich effizienter gestaltet werden. So könne mithilfe anaerober Bakterien aus Klärschlamm Biogas hergestellt werden. Dieses könne durch Verstromung in einem Gasmotor und Verwendung der Abwärme energetisch effizient genutzt werden.

Kläranlagen sollen Strom-, Wärme- und Biogas-Lieferanten werden

Das Projektziel ist die Entwicklung einer „energie-positiven“ Kläranlage. Wie dieses Ziel erreicht werden kann, schildert Projektassistentin Vanessa Parravicini: „Der Kohlenstoff im Abwasser soll energetisch besser genutzt werden, der Stickstoff soll mit innovativen biologischen Prozessen effizienter entfernt werden. Der Methananteil im produzierten Biogas wird erhöht, um die Einspeisung in das Gasnetz zu ermöglichen.“ Wichtig sei dabei allerdings, dass die Reinigungsleistung der Kläranlage nicht beeinträchtigt wird.

Zusätzlich sollen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, den Strombedarf der Kläranlage zu senken. Das soll laut Parravicini durch smarte Speicherstrategien und besseres Energiemanagement gelingen. „Wir streben eine Einsparung von mindestens 50 Prozent des benötigten Stromes an.“ Das Forschungsteam der TU Wien will sein innovatives Konzept der Prozesswasseraufbereitung nun auf der Kläranlage Kirchbichl in Tirol einführen und damit zur Energieoptimierung beitragen.

Das PowerStep-Projekt wurde am 28. September offiziell gestartet. Bereits Mitte 2016 sollen laut Krampe erste große Demonstrationsanlagen in Österreich, Deutschland, Dänemark, Schweden und der Schweiz installiert werden.

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