Demonstrationsanlage

Wissenschaftler wollen eine neue Prozesskette für die Herstellung von Benzin und Diesel aus biogenen Reststoffen etablieren. Im ersten Schritt wird hierfür Klärschlamm eingesetzt. Letztlich könnten auch Gärreste aus Biogasanlagen, Abfälle aus der Getränke- und Papierproduktion oder kommunale Bioabfälle verwendet werden.

Klärschlamm wird in Biodiesel umgewandelt


Der neue Prozess wurde im Rahmen des EU-Projekts „TO-SYN-FUEL“ entwickelt, das vom Fraunhofer Institut UMSICHT in Sulzbach-Rosenberg geleitet und mit internationalen Partnern umgesetzt wird. Dazu hat UMSICHT am vergangenen Mittwoch den Spatenstich für eine Demonstrationsanlage gesetzt. Die Anlage soll pro Stunde 500 Kilogramm getrockneten Klärschlamm in rund 50 Liter Biobenzin und Biodiesel umwandeln.

„Wir wollen eine neue Prozesskette für CO2-neutralen, flüssigen Kraftstoff aus biogenen Reststoffen etablieren – von den Ausgangsstoffen, in diesem Fall Klärschlamm, bis zum normgerechten Diesel und Benzin, das wir ohne Anpassung in herkömmlichen Motoren einsetzen können“, erklärt Projektleiter Robert Daschner. „Mit dem Demonstrator in Hohenburg wollen wir zeigen, dass unsere Technologie im Industriemaßstab anwendbar ist, und dass der erzeugte Kraftstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen angeboten werden kann.“


Spatenstich für Demonstrationsanlage: Die Bürgermeister des Markts Hohenburg (1.- 3. von links), Dr. Robert Daschner (Projektleiter TO-SYN-FUEL), Prof. Andreas Hornung (Leiter Fraunhofer-Institut Sulzbach Rosenberg), Richard Reisinger (Landrat LK Sulzbach-Rosenberg), Bauherr Karl-Heinz Stiegler und Ehrengast Walter Röhrl. | Foto: Fraunhofer UMSICHT

Hohenburg bietet zahlreiche Vorteile als Standort für die Fraunhofer-Anlage. Vor Ort bestehe jahrelange Erfahrung in der Trocknung und der Handhabung von kommunalem Klärschlamm, erklärt das Fraunhofer-Institut. Außerdem seien die Mengen und die geforderte Qualität ganzjährig verfügbar. Hinzu kommt die geografische Lage in der Oberpfalz, die dem Grundgedanken des Projekts entspricht, die Einsatzstoffe dort zu verwerten, wo sie anfallen.

„Unser Leitgedanke ist die dezentrale Raffinerie. Das heißt, wir setzen im Vergleich zur petrochemischen Industrie auf vergleichsweise kleine Anlagen, die den Kraftstoff dort erzeugen, wo die Abfallbiomasse entsteht“, sagt Professor Andreas Hornung, Leiter des Fraunhofer Instituts Sulzbach-Rosenberg. „Dadurch entstehen einerseits weniger Transporte, und gleichzeitig schaffen wir neue Möglichkeiten für die lokale Wertschöpfung, zum Beispiel in den Kommunen oder der Landwirtschaft.“

„Bereit für die Anwendung im Markt“

Das von Hornung gemeinsam mit Fraunhofer und der Fraunhofer Ausgründung „Susteen“ entwickelte TCR-Verfahren (Thermo-Catalytic-Reforming) kann neben Klärschlamm eine breite Basis an Biomassen und Reststoffen verwerten. Als Beispiele verweist das Fraunhofer-Institut auf Holzreste, Gärreste aus Biogasanlagen, Abfälle aus der Getränke- und Papierproduktion oder kommunale Bioabfallfraktionen.

„Die Anlage im TO-SYN-FUEL Projekt stellt einen vorläufigen Höhepunkt meiner Forschung im Bereich der thermochemischen Konversion von Biomassen und Kunstoffen dar“, so Hornung. „Die eingesetzte Technologie ist nun technisch ausgereift und bereit für die Anwendung im Markt.“

Neben einem hochwertigen Öl als Zwischenprodukt für die Kraftstofferzeugung entstehen beim TCR-Verfahren Produktgas und Bio-Kohle. Diese Bestandteile könnten für die Energieerzeugung oder als Bodenverbesserer eingesetzt werden, erklärt Hornung. Durch den hohen Wasserstoffanteil des Produktgases sei es zudem erstmals wirtschaftlich möglich, eine Vor-Ort-Hydrierung der Öle durchzuführen und normgerechte Kraftstoffe lokal zu erzeugen.

Die Inbetriebnahme der Demonstrationsanlage ist für das Jahr 2020 vorgesehen. Für das EU-Projekt stehen bis 2020 insgesamt 12 Millionen Euro an Fördermitteln der EU zur Verfügung.

 

© 320° | 12.11.2018

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