Pilotprojekt in Frankfurt

Frankfurt ist ein bundesweiter Schwerpunkt für große Rechenzentren. Die dabei anfallende Abwärme ist groß. So groß, dass damit Wohnviertel beheizt werden können.

Heizen mit Abwärme aus dem Rechenzentrum


Frankfurt ist ein bundesweiter Schwerpunkt für große Rechenzentren. Unternehmen wie Google und Amazon mieten dort Platz an. Insgesamt zählt Frankfurt mehr als 60 unternehmensunabhängige Rechenzentren von mehr als 30 Betreibern, weitere sind in Planung oder werden derzeit gebaut. Auch einer der weltweit größten Internetknoten mit dem Namen DE-CIX hat in der Stadt sein Zuhause. Während der Corona-Pandemie haben Home-Schooling und Online-Konferenzen die Digitalisierung nochmals befeuert – am DE-CIX erreichte der Datenverkehr zuletzt Rekordwerte.

All das führt dazu, dass die Rechenzentren noch mehr Strom benötigen als bislang schon. Auch die Abwärme, die dabei verursacht wird, nimmt weiter zu. In einem Pilotvorhaben sollen mit dieser warmen Luft, die bislang ungenutzt in die Umwelt gelangt, nun 1.300 Wohnungen in einem Neubaugebiet beheizt werden. Die Kooperation zwischen dem Rechenzentrumsbetreiber Telehouse Deutschland, dem Energieversorger Mainova und dem Projektentwickler Instone Real Estate wurde am Donnerstag vorgestellt.

„Die geplanten rund 1.300 Neubauwohnungen sowie Gewerbeeinheiten am südwestlichen Rand des Frankfurter Gallusviertels mit einem Jahresbedarf von 4.000 Megawattstunden (MWh) werden künftig zu mindestens 60 Prozent aus der Abwärme des benachbarten Rechenzentrums versorgt“, erklärte Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann. Bis zu 40 Prozent werden durch die umweltschonende Fernwärme aus den Heizkraftwerken von Mainova ergänzt. Der Beginn der Wärmelieferung ist ab Anfang 2023 vorgesehen.

Cluster für Rechenzentren geplant

Wie Feldmann sagte, sei das Vorhaben in der Größenordnung bundesweit einmalig. Es zeige, was künftig im Sinne des Klimaschutzes möglich sein könne. Eine ähnliche Kooperation gibt es bisher im Bankenviertel, im Hochhaus Eurotheum, in dem die Abwärme eines Rechenzentrums für warmes Wasser und warme Heizkörper sorgt. Mainova kündigte an, in den kommenden Jahren andere Rechenzentren an das Fernwärmenetz anzuschließen.

Um die Entwicklung künftig besser zu steuern, arbeitet die Stadt an einem Konzept, das nach der Sommerpause vorliegen soll, wie der Sprecher des Planungsdezernats, Mark Gellert, sagte. Die Rechenzentren sollen sich demnach in Clustern ansiedeln. Die Stadt will zudem erreichen, dass die Betreiber mehr in die Höhe als in die Breite bauen, um den Flächenverbrauch zu vermindern, und verlangt ansprechende Fassaden anstelle unansehnlicher Hochsicherheitsanlagen. Nicht zuletzt fordert die Stadt Energie-Effizienz und Abwärmenutzung – ein Thema, das die Branche auch von sich aus nach vorne treibe, sagte Gellert.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat errechnet, dass die Rechenzentren in Frankfurt den Stromverbrauch der Region derzeit verdoppeln. Sie müssten so energieeffizient wie möglich betrieben werden, fordert der Verband in einem Positionspapier. Bestehende Anlagen müssten auf den aktuell bestmöglichen Stand nachgerüstet und alle Anlagen nur mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden. Die Abwärme müsse breit genutzt werden – nicht nur in Pilotvorhaben. Derzeit entstehe Abwärme in der Größenordnung des Heizwärmebedarfs aller Wohngebäude in Frankfurt und der Nachbarstadt Offenbach, heißt es in dem Papier.

320°/dpa/sr

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