Wind- und Solarbranche

Fachkräfte werden in der Wind- und Solarbranche händeringend gesucht. Die Branche muss sich inzwischen neue Maßnahmen einfallen lassen, um den Bedarf zu decken. Eine Studie zeigt, welche Profile besonders gefragt sind.

91 Prozent mehr Stellenanzeigen: Fachkräfte für Energiewende gesucht


Dachdecker und Techniker für die Montage von Solaranlagen, Spezialisten für die Planung von Windparks: Der Bedarf an Fachkräften für den Ausbau der Solar- und Windenergie in Deutschland ist einer Studie zufolge rasant gestiegen. So nahm die Zahl der entsprechenden Online-Stellenanzeigen von 2019 bis 2022 um 91 Prozent zu, wie aus der am Mittwoch vorgelegten Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung hervorgeht.

Vor allem in der Solarbranche ist der Bedarf nach Arbeitskräften in die Höhe geschnellt. Laut der Analyse lag die Zahl der Online-Stellenangebote für Berufe in der Solarbranche im Jahr 2022 bei 52.000. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurden bereits 36.000 Stellenanzeigen für den Solarbereich geschaltet, was auf ein Rekordjahr hindeutet.

Auch die Zahl der Jobangebote in der Windenergiebranche ist gestiegen – allerdings deutlich weniger dynamisch und auf niedrigerem Niveau. 2022 wurden knapp 15.000 Stellenanzeigen für entsprechende Berufe registriert. 2019 waren es knapp 14.000.

Händeringend gesucht: Dachdecker und Techniker

Den Unterschied zwischen Solar- und Windenergiebranche führen die Experten auf die Zahl der Anlagen zurück. Derzeit gibt es laut IW mehr als drei Millionen Photovoltaikanlagen und 30.000 Windkraftanlagen an Land und auf See. Allerdings seien Planung und Bau von Windrädern komplexer.

Analog zur Ausbaugeschwindigkeit und Bedeutung der Windkraft in den Regionen sind die meisten Stellenausschreibungen pro Beschäftigten in Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Schleswig-Holstein zu finden. Bei den Solarunternehmen konzentriert sich die Nachfrage auf den Süden und Osten. Im Jahr 2022 gab es die meisten Stellenangebote pro Beschäftigten in Sachsen, Brandenburg, Berlin und Bayern.

Besonders gefragt sind Sanitär-, Heizungs- und Klimatechniker sowie Bauelektriker. Immer häufiger werden auch Dachdecker für die Montage von Solaranlagen gesucht. Während in der Solarbranche eher Fachkräfte mit einer Berufsausbildung gesucht werden, suchen Unternehmen, die neben der Solarenergie auch Windenergie in ihrem Portfolio haben, verstärkt Spezialisten mit Hochschulstudium.

Dringender Qualifizierungsbedarf

„Wenn wir jetzt den Moment verpassen, konsequent auf Qualifizierung zu setzen, kann ein ungedeckter Fachkräftebedarf zum Bremsklotz für die Energiewende werden“, warnt Jana Fingerhut, Arbeitsmarkt-Expertin der Bertelsmann-Stiftung. Schon jetzt sei die Konkurrenz zu anderen Engpass-Berufen, etwa in Handwerk und Industrie, groß.

Zwar sei zu beobachten, dass eine Karriere im Bereich der Energiewende gerade für junge Menschen attraktiv sei, sagt die Politikwissenschaftlerin. Es brauche aber Anstrengungen, um weitere Potenziale zu heben, etwa durch Teilqualifizierungen von Ungelernten und Quereinsteigern. Exemplarisch und niedrigschwellig gelinge das etwa durch die Brancheninitiative „Ohne Hände keine Wende“, die sich bemüht, über Schulungsmodule Menschen für die Installation von Solaranlagen und Wärmepumpen auszubilden und zum Abschluss zu bringen.

Verbände halten Fachkräftebedarf für bewältigbar

Branchenvertreter hingegen geben sich gelassen und verweisen auf eigene Qualifizierungsanstrengungen und das Versprechen zukunftssicherer Arbeitsplätze. Noch könnten Wachstum und Fachkräftegewinnung Schritt halten, heißt es beim Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) – auch weil viele Betriebe aus dem klassischen Elektrohandwerk in die Solarbranche eingestiegen seien.

Allerdings: Manchmal dauere es bis zu einem halben Jahr, um Stellen zu besetzen – manchmal müssten Aufträge dann verschoben werden. Um die Zubauziele auch in Zukunft zu erreichen, brauche man weitere Arbeitskräfte aus dem In- und Ausland, erklärte BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten König. Für die Anwerbung aus Ländern außerhalb der EU sei es beispielsweise wichtig, Abschlüsse und Qualifikationen schneller anzuerkennen und die Ankömmlinge bei der Wohnungssuche zu unterstützen.

Der Wettbewerb um Fachkräfte sei hart, man sehe sich aber gut aufgestellt, heißt es auch beim Bundesverband WindEnergie. Die Zahl der Bewerber sei hoch. Die Besetzung von Stellen dauere etwa drei Monate. Zudem werde verstärkt auf Seiteneinsteiger gesetzt. Mit mehreren Brancheninitiativen arbeite man daran, die Beschäftigungspotenziale sichtbar zu machen.

„Das Thema Fachkräfte ist eine Herausforderung, aber auch durch die Bemühungen der Branche lösbar“, zeigt sich die Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energien, Simone Peter, überzeugt. Sie verweist vor allem darauf, dass durch den wieder an Fahrt gewinnenden Ausbau die Arbeitsplätze auch in den kommenden Jahren „zukunftssicher“ seien.

320°/dpa

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