Stromerzeugung

Neue Gaskraftwerke zur Stromerzeugung sollen helfen, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Die Pläne des Wirtschaftsministeriums dazu sind in der Koalition umstritten. Die Energiewirtschaft wartet auf eine Entscheidung.

Bundesregierung ringt um Strategie für Bau neuer Gaskraftwerke


Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat auf dem «Handelsblatt»-Energiegipfel in Berlin die Notwendigkeit einer Strategie für den Bau neuer Gaskraftwerke in Deutschland betont. Er hoffe, dass es nun schnell zu einer Entscheidung komme, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag.

Nach einem Bericht des Nachrichtenportals «Pioneer» sollten sich am Dienstagabend Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Habeck und Finanzminister Christian Lindner (FDP) treffen, um über die Kraftwerksstrategie der Bundesregierung zu beraten.

Die Energiebranche wartet seit längerem auf eine Strategie zum Bau neuer, wasserstofffähiger Gaskraftwerke bis 2030. Sie sollen in „Dunkelflauten“ – wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint – als „Backup“ einspringen, um die Stromnachfrage zu decken.
Energieunternehmen scheuen aber bisher Investitionen, weil sich die neuen Kraftwerke nicht rechnen.

Grafik: picture alliance/dpa-Infografik

Habeck hat sich bereits für eine staatliche Förderung in Milliardenhöhe ausgesprochen. Möglich ist demnach ein Anreizsystem, mit dem honoriert wird, dass Betreiber Kraftwerkskapazitäten vorhalten.

Habeck sagte zu der Strategie, man sei in der Bundesregierung eigentlich schon „sehr weit“ gewesen – doch dann kam das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Regierung musste daraufhin Milliardenlöcher im Haushalt stopfen. Habeck machte deutlich, dass der Staat die Unternehmen sowohl bei den Investitions- als auch bei den Betriebskosten unterstützen könne, damit die Gaskraftwerke eine bestimmte Anzahl von Stunden im Jahr laufen.

Der FDP-Energiepolitiker Kruse sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Habecks bisherige Kraftwerksstrategie hat den Praxischeck nicht überlebt, sie ist von der EU-Kommission einkassiert worden.“ Eine gute Strategie setze auf marktwirtschaftliche Konzepte und gehe in Richtung Kapazitätsmarkt. Bei einem Kapazitätsmarkt könnten Anbieter honoriert werden, die Kraftwerkskapazitäten vorhalten.

„Es muss sich was tun“

Habeck und die EU-Kommission hatten sich im vergangenen Oktober auf „Leitplanken“ für die staatliche Förderung neuer Gaskraftwerke geeinigt. Die EU muss dies beihilferechtlich genehmigen. Damit könnten zum Beispiel Einschränkungen in den Betriebszeiten verbunden sein.

Der Chef des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz, Stefan Kapferer, sagte beim Energiegipfel: „Es muss sich was tun.“ Wenn der Kohleausstieg vorgezogen werden solle, seien Entscheidungen nötig. Vor allem in Süddeutschland würden neue Gaskraftwerke gebraucht.

Der Chef des Energiekonzerns Eon, Leonhard Birnbaum, sagte am Dienstagabend: „Uns fehlt zwei Jahre nach Antritt der Ampel nach wie vor ein Energie-Masterplan, der unsere Industrienation energiewirtschaftlich ins Jahr 2030 führen soll.“ Die Ampel-Koalition beschäftige sich stattdessen mit Nebenkriegsschauplätzen wie dem Verbot von Gaskesseln und der Definition von grünem Wasserstoff.

Birnbaum verwies unter anderem auf ein Kapazitätsproblem beim Strom. „Nach dem Ausstieg aus der Kernenergie gibt es bislang keine Antwort darauf, wo das Backup herkommen soll und wie Kapazitäten in den Markt gebracht werden sollen.“ Die Antwort auf das Kapazitätsproblem und den Klimawandel könne nicht ernsthaft lauten, dass die Bundesrepublik wieder voll auf Kohle setze.

Die Ampel-Koalition hatte sich darauf verständigt, den Kohleausstieg „idealerweise“ auf 2030 vorzuziehen, um den Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid zu vermeiden. Bislang ist ein um acht Jahre vorgezogener Ausstieg aber nur im Rheinischen Revier beschlossen. In den ostdeutschen Revieren ist er umstritten.

Neue Gaskraftwerke könnten vor allem Kohlekraftwerke ersetzen. Sie sollen zunächst mit Erdgas und später zunehmend mit klimafreundlichem Wasserstoff betrieben werden.

320°/dpa

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