Neues Forschungsprojekt

Organische Abfälle sind eine Ressource für die Energiegewinnung. Bislang werden sie jedoch nur im Umkreis größerer Städte zur Energieversorgung genutzt. Ein neues Forschungsprojekt untersucht nun die Nutzung für kleinere Städte und ländliche Regionen.

Organische Abfälle für kleinere Städte


Organische Abfälle sind eine Ressource für die Energiegewinnung, die im Zuge der Energiewende weiter an Bedeutung gewinnen können. Bisher werden sie jedoch nur im Umkreis größerer Städte zur Energieversorgung genutzt. Denn erst ab 200.000 Einwohnern entstehen pro Jahr so große Mengen organischer Abfälle, dass diese für die Energieerzeugung in Biogasanlagen wirtschaftlich genutzt werden können.

Ein neues bayerisches Forschungsprojekt mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie will nun ausloten, inwieweit organische Abfälle auch in kleineren Städten und ländlichen Regionen optimal verwertet werden können. Das Projekt trägt den Titel FOR10‘000 und wird vom Lehrstuhl für Bioprozesstechnik an der Universität Bayreuth unter der Leitung von Professor Ruth Freitag koordiniert und von der Bayerischen Forschungsstiftung für die nächsten zwei Jahre mit 600.000 Euro gefördert.

Fokus aus Substratvorbehandlung

Wie es seitens der Universität Bayreuth heißt, gehen die Projektpartner davon aus, dass das bei der Verarbeitung organischer Abfälle entstehende Biogas einen stofflichen Energieträger darstellt, dessen Potenziale noch längst nicht ausgeschöpft sind. So produziere beispielsweise ein in Bayreuth angesiedeltes Biomasseheizkraftwerk, das jährlich rund 4.000 Tonnen Biomasse verbraucht, täglich rund 2.600 Kubikmeter Biogas; hiermit könnten mehr als 18.000 Kilowattstunden Strom erzeugt werden. In solchen ‚klassischen‘ NaWaRo-Anlagen wird das Biogas allerdings aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais oder Zuckerrüben gewonnen.

„Die gegenwärtige energiepolitische Entwicklung läuft darauf hinaus, dass man solche landwirtschaftlichen Produkte – die ja auch Nahrungsmittel sind – mit Recht nicht länger im bisherigen Umfang für die Energieerzeugung einsetzen will“, meint Professor Freitag. „Bio-Abfälle sind ein viel interessanterer Rohstoff, zumal die Frage der Entsorgung für zahlreiche Kommunen immer drängender wird.“

Die Zusammensetzung organischer Abfälle ist allerdings sehr vielfältig und schwankt mit den Jahreszeiten erheblich. Ein wichtiger Aspekt von FOR10‘000 ist daher die sogenannte Substratvorbehandlung. Hierbei geht es um die Entwicklung von Technologien, mit denen verschiedene Arten von Biomüll so zusammengeführt und aufbereitet werden, dass sie in ein und derselben Biogasanlage weiterverarbeitet werden können. Der in Biotonnen gesammelte organische Müll aus Privathaushalten und landwirtschaftliche Abfälle wie beispielsweise Gülle sollen gleichermaßen verwertbar sein, heißt es seitens der Universität. Damit werde der Betrieb von Biogasanlagen erheblich flexibler, weil sie nicht länger von einem einzigen Substrat abhängig sind.

Veredelung von Biogas

Ein weiterer Schwerpunkt des Projekts ist die Veredelung von Biogas zu Methan. Das aus organischen Abfällen erzeugte Biogas setzt sich ungefähr jeweils zur Hälfte aus Methan und Kohlendioxid (CO2) zusammen. Für das Methan gibt es laut Universität vielfältige Verwendungsmöglichkeiten: So kann es in das Erdgasnetz eingespeist werden oder auch an Gas-Tankstellen weitergeleitet und hier beispielsweise für Fahrzeuge des öffentlichen Nahverkehrs genutzt werden. Zudem lasse sich das Methan in mobilen Gasflaschen speichern und je nach Bedarf einsetzen.

Durch eine katalytische Reaktion könnten zudem CO2 und Wasserstoff zu Methan und Wasser umgewandelt werden. So könne der Methangehalt des Biogases auf mehr als 90 Prozent gesteigert werden, das auf diese Weise die Qualität von Erdgas gewinnt.

Wie die Universität weiter erläutert, eröffne sich damit auch eine Chance für die optimale Nutzung von Solar- und Windkraftanlagen. Hier wird zu Spitzenzeiten oftmals Strom produziert, der von den Stromkunden nicht unmittelbar abgerufen wird und die Stromnetze überlastet. Diese überschüssige Energie könne zur Elektrolyse von Wasser genutzt werden: So entstehe genau der Wasserstoff, der für die Biogas-Veredlung benötigt wird.

Rückgewinnung von Wertstoffen

Darüber hinaus wollen die Wissenschaftler auch die in organischen Abfällen enthaltenen Wertstoffe wie etwa Phosphat, Stickstoff, Mineralien oder organische Fasern nutzen. Diese Stoffe sollen der Landwirtschaft wieder zur Verfügung gestellt werden können. Dafür sollen, dem aktuellen Stand der Technik entsprechend, möglichst kostengünstige Verfahren der Rückgewinnung etabliert werden.

Die Projektverantwortlichen betonen, dass es letztlich darum geht, leistungsstarke kleine und mittlere Biogas-Anlagen in kommunale Gesamtsysteme der Energieversorgung und Abfallverwertung zu integrieren. FOR10‘000 verstehe sich daher nicht nur als wissenschaftliches Vorhaben, sondern wolle überdies einen Weg zu innovativen öffentlichen Dienstleistungen bahnen, die konkret zur Energiewende beitragen.

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