Altfahrzeugrecycling

Die Zahl der Elektronikkomponenten in Automobilen wird immer größer. Ihre Rückgewinnung könnte für Demontagebetriebe ein lohnendes Geschäft sein. Doch die meisten Betriebe sind darauf nicht eingestellt.

Edelmetalle im Altauto


In Deutschland gibt es rund 1.200 Demontagebetriebe, in denen jedes Jahr etwa 700.000 Fahrzeuge verwertet werden. Die Recycling- und Verwertungsziele, die die EU-Altfahrzeugrichtlinie vorschreibt, werden damit längst übertroffen: So wurden in Deutschland im Jahr 2012 rund 99 Prozent des Altfahrzeuggewichts verwertet, davon 88 Prozent stofflich.

Das sind zwar gute Werte, aber dennoch gibt es Verbesserungsbedarf. Insbesondere im Bereich der Elektronikkomponenten. Denn immer mehr Autos werden mit Assistenzsystemen wie Einparkhilfen, Abstandsradar oder Kameras mit Verkehrserkennungszeichen ausgestattet. Doch bei der Altautoverwertung würden die Geräte derzeit nicht separiert und landeten meist in der Shredderleichtfraktion, berichtete Regina Kohlmeyer vom Umweltbundesamt am vergangenen Dienstag bei der Berliner Recycling- und Rohstoffkonferenz. In vielen der Komponenten seine wertvolle Edel- und Sondermetalle verbaut. Eine Verbesserung der Rückgewinnung würde sich somit auch wirtschaftlich lohnen.

Die sechs Bauteile im Golf 7 mit günstigstem Verhältnis Materialwert zu DemontagekostenLaut Kohlmeyer erhalten die neueren Fahrzeuge 20 bis 30 Kilogramm Kupfer sowie mehrere Gramm Platin oder Palladium im Katalysator. Hinzu kommen etwa 3 Gramm Silber und 0,3 Gramm Gold sowie 2 bis 20 Gramm Neodym. Zur Veranschaulichung verglich die Umweltexpertin zwei Modelltypen des VW Golf miteinander: Der Golf aus den Baujahren 1974 bis 1983 hatte nur ein einziges Steuergerät. Ein aktuelles Modell hingegen enthält 60 elektronische Bauteile mit insgesamt 2,4 Kilogramm edelmetallhaltigen Leiterplatten. Damit gleicht der Metallgehalt der Fahrzeuge der Größenordnung von Elektrogeräten.

90 Prozent des Golds und Neodym in der Shredderleichtfraktion

Wie Kottmeyer weiter ausführte, sind die Demontage- und Shredderbetriebe technisch kaum bis gar nicht auf die Rückgewinnung der Edel- und Sondermetalle ausgerichtet. So wurden bei einer Untersuchung über 90 Prozent des Golds und Neodym eines Altfahrzeugs in der Shredderleichtfraktion gefunden. Es ist zwar möglich, über Postshreddertechniken Edelstahl, Aluminium und Kupfer zu separieren, die fein verteilten Edel- und Sondermetalle werden aber auch hier kaum aussortiert.

Um die Ausbeute der wertvollen Materialien zu verbessern, hat das Umweltbundesamt deshalb die Firmen Callparts Recycling und Elektronik-Produkt Recycling (Elpro) beauftragt, Separationsverfahren zu erproben und auf ihre Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Laut Kottmeyer wurden dabei mehrere jüngere Altfahrzeuge ausgewählt, um möglichst genaue Aussagen über die Autos der Zukunft treffen zu können. Die manuelle Separation – bei Bedarf wurde auch zerstört – sollte dabei möglichst schnell durchgeführt werden. Plastische Verbindungen wurden von einem KfZ-Mechaniker aufgebrochen, Stecker, Leitungen oder Kabelbinder durchgeschnitten.

Dabei wurden 30 Zielkomponenten wie Heizlüfter, Anlasser, Wischermotor oder Blinker separiert. Bei der Zeitmessung kam heraus, dass der Mechaniker insgesamt mehr Aufwand betreiben muss, um an die Komponenten heranzukommen, als für die tatsächliche Separation nötig ist. So brauchte der Mechaniker bei einem Geländewagen der Oberklasse 4 Minuten, um die störenden Teile zu entfernen, während das anschließende Separieren des Heizungsgebläses nur 0,35 Minuten in Anspruch nahm.

Für Neodym gibt es noch keinen Markt

Um die Wirtschaftlichkeit der Abtrennung und Verwertung der Komponenten genau zu berechnen, wurden die Demontagekosten mit den Erlösen der Teile gegengerechnet. Bei den Demontagekosten wurde von Werkstattkosten von 35 Euro pro Stunde und Logistikkosten von 30 Euro pro Tonne ausgegangen, bei den Preisen für die Komponenten haben sich die Projektteilnehmer an den Erlösen für Elektroaltgeräte orientiert.

Im Ergebnis lohnt sich bei rund einem Drittel der entfernten Komponenten die Separation und Verwertung auch wirtschaftlich. Darunter fallen der Inverter, die Start-Stopp-Komponente, die Motorsteuerung, die Getriebesteuerung, das Infotainment und die Lambdasonde. Wenn die Entfernung der Störteile nicht mitgerechnet wird, ist die Demontage auch für den Anlasser, die Lichtmaschine, die Scheibenwischermotoren und das Heizungsgebläse wirtschaftlich.

Solange aber für die Neodymfraktion aufgrund von fehlenden Recyclingmöglichkeiten noch keine Erlöse erzielt werden kann, lohnt sich die Aufbereitung der neodymhaltigen Komponenten noch nicht. Im Gegenzug lassen sich aber für mehrere Lichtmaschinen wegen des hohen Kupferanteils 3 bis 4 Euro pro Stück erzielen. Meist liegen die Erlöse der Komponenten bei 1 bis 2 Euro. Von daher kommt es also vor allem auf eines an: die Teile möglichst schnell zu separieren.

© 320°/ek | 19.03.2015

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